Verletzt

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Verletzt

Aber jetzt hatte ich erst einmal ein anderes, viel dringlicheres Problem, mich heil und ganz aus dem Schlamassel zu bekommen. Da nun die unmittelbare Gefahr gebannt war, fühlte ich leichten Schwindel, der mich plötzlich ergriff. Ich wankte leicht und stützte mich erschöpft mit einer Hand an der Wand ab. Aha, jetzt, da die erste Aufregung abflaute, spürte ich den pochenden Schmerz. Ich meine, es steckte ein Messer komplett in mir. Womit hatte ich das verdient? Hatte ich irgendwem was getan?

Ups, ja jetzt schon, aber darüber dachte ich jetzt nicht nach, ich wollte nach Hause und dies würde noch ein weiter Weg sein, erkannte ich, als meine Hände zu zittern begannen und ich bebend den angehaltenen Atem ausstieß. Reiß dich zusammen Hermione, du hast das hier nun nicht durchgestanden, um gerade jetzt zusammenzubrechen. Das konnte ich später immer noch, beruhigte ich mich relativ gefühllos. Dann rief ich noch meine Tasche zu mir und konzentrierte mich nur noch auf den Grimmauld Place. Heim, Sirius, Harry, Hilfe! Konzentration... und Sprung.

Ich stolperte ein paar Schritte unsicher vorwärts, griff blind tastend nach dem schlangenähnlichen Türklopfer des Blackhauses und atmete immer schwerer. Schweiß hatte sich auf meiner Oberlippe gebildet, durch all die Konzentration, die ich aufbrauchte nicht zusammenzubrechen. Ich konnte von Glück sprechen diesen Sprung geschafft zu haben, der mich direkt vor die Tür des Stadthauses gebracht hatte und nicht in eine Gasse, aber in der Not war mir dies egal, da ich einfach nur froh war, nicht in meine Einzelteile zersplintert zu sein. Ich spürte eine unglaubliche, bleierne Müdigkeit in den Knochen. Nicht jetzt Hermione, reiß dich zusammen. Gleich hast du es geschafft.

Mit unglaublicher Anstrengung hielt ich mich auf den wackeligen Beinen, dabei zitterte ich unkontrolliert. Ich blickte mal wieder auf den schmucklosen, schlichten, schwarzen Holzgriff, der aus meiner Seite herausragte. Es hatte etwas unglaublich Faszinierendes für mich, bei dem Anblick konnte ich mich fast verlieren.

Wow, dieses Gefühl den Fremdkörper sofort aus mir entfernen zu wollen war wirklich riesig. Ich musste wirklich jedes Fitzelchen Disziplin und Selbstkontrolle aufbieten, um nicht etwas sehr Unvernünftiges zu tun. Ich war, wie gesagt, direkt vor die Eingangstür appariert, denn ich hatte nicht die Kraft, um nicht den direkten Weg zu wählen und nun öffnete ich vorsichtig die Tür. Es war kurz nach 20 Uhr, fast halb neun, höchstwahrscheinlich waren alle in der Küche, gut, das war gut für mich, dachte ich erschöpft und blinzelte mit den müden Augen. In nicht einmal einer halben Stunde hatte sich mein Leben um 180 Grad gedreht. Tränen traten in meine Augen, dass ich vor der Entscheidung stehen würde, wirklich über Leben oder eben nicht Leben zu entscheiden, hatte ich nicht so erwartet bzw. nicht so bald, nicht so früh, nichts aber gar nichts würde mehr so sein wie früher!

Zitternd stieß ich den Atem aus und verbannte ein Schluchzen zurück in meine Kehle, wo sich ein dicker Kloß bildete und ich versucht war, einfach nur laut weinend um Hilfe zu schreien! Gut, im Krieg gab es Tote, das konnte man nicht vermeiden, aber wir hatten doch noch gar keinen wirklichen Krieg. Oh, die Realität konnte einem wirklich jede Illusion rauben, erkannte ich ernüchtert. Wo ich mich vorher immer als eine graue Erscheinung gesehen hatte, hatte ich jetzt die ersten schwarzen, rabenschwarzen Löcher in diesem Grau und wenn das hier mal fertig war, hatte ich nun Angst, dass vielleicht alles an mir schwarz sein könnte.

Das machte mir wirklich Angst, eine Heidenangst. Ich schniefte unterdrückt auf. Ich glaube, ich stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Die Erlebnisse und Erfahrungen der letzten Monate waren vielleicht doch ein bisschen viel für mich gewesen, denn das alles zu verkraften war nicht leicht! Ich hielt mich immer für so stark und allem gewachsen, aber augenblicklich fühlte mich nur leer, klein und schwach. Auf keinen Fall wollte ich, dass mich jemand so sah, denn ich musste schrecklich aussehen. Jetzt fiel mir wieder ein, dass es höchstwahrscheinlich keinen nicht mit Blut besudelten Flecken auf mir gab. Ich hob beide Hände und blickte sie an, aber das was ich sah war ernüchternd. Schmale schlanke Hände, Blut befleckte Hände.

When Hermione FightsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt