Kapitel 34

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Montag halb sieben morgens, ich gehe heute arbeiten, ich freu mich das ich endlich wieder ein Alltag habe und ganz wichtig, ab heute kann ich anfangen meine Pläne zu starten. Natürlich würde ich lieber meiner Leidenschaft nachgehen und als Innenarchitektin arbeiten. Aber das bringt mich nicht weiter, ich muss Marc in die Firma schritt für schritt einschleusen. Das Wochenende habe ich mit Marc und Lina verbracht, Freitag war ich bei meinen Eltern essen, Tante Lisa war auch da, sie hat sich wirklich sehr gefreut mich zu sehen, ich mag meine Tante, mit Ihr habe ich mich immer gut verstanden. Wir haben uns nicht immer oft gesehen, sie arbeitet viel und hatte kaum Zeit, Tante Lisa hat keine eigenen Kinder, deswegen hat sie sich immer bei uns ausgetobt, sie hat uns verwöhnt und ich war schon als Kind oft mit ihr shoppen, manchmal durfte ich bei ihr übernachten, wir haben uns gegenseitig geschminkt und die Nägel gemacht, sie ist wie ein schriller Papagei! Ihre grellen und schrägen Klamotten liebte ich, als Teenager war es mir dann irgendwann zu peinlich. Als Leo verstarb musste sie sich irgendwie entscheiden, sich entweder um meine Mutter zu kümmern, die gerade ihr Sohn verloren hat oder sich um mich zu kümmern, beides ging nicht. Weil in den Augen meiner Mutter ich dran schuld war, Tante Lisa hat oft mit mir gesprochen und mir bestätig das ich nichts dafür kann, aber bei meiner Mutter konnte sie das nie zugeben. Als ich merkte das es schwierig für sie ist, habe ich mich von ihr zurück gezogen und wollte nichts mehr mit ihr machen. Sie hat nichts dagegen unternommen, also war es klar
das sie froh war das ich ihr die Entscheidung abgenommen habe. Böse konnte ich ihr nie sein, es ist halt ihre Schwester!  Am Freitag hat sie großes Interesse gezeigt, wie mein Leben in Thailand war, ich habe ihr von meiner Arbeit und der Gegend erzählt, von den Freunden die ich dort gefunden habe und ganz wichtig von Jeff. Als sie mir sagte „mach nicht den gleichen Fehler wie ich, halt an deiner Liebe fest" empfand ich wieder seit Jahren eine Art von tiefe Zuneigung ihr gegenüber. Meinem Vater hat es nicht gefallen, das würde bedeuten das ich nach New York ziehen müsste und das würde nicht in den Plan für mich, von meinem Vater passen. Meine Mutter hat an diesem Abend nicht viel dazu gesagt. Papa und Tante Lisa hatten dann eine nicht so freundliche Diskussion miteinander, als hätte ich kein Recht über meine Zukunft zu entscheiden, ich bin dann nicht mehr lange geblieben, ich wollte mir das nicht antun. Tante Lisa hatte mal einen Freund, er hat sie unendlich geliebt, er wollte sie heiraten und mit ihr eine Zukunft aufbauen, der hacken war nur, meine Großeltern mochten ihn nicht, also hat sie sich gegen ihr Freund entschieden, sie war damals ungefähr so alt wie ich.

Ich mach mich langsam fertig für die Arbeit, ich zieh mir eine Jeans an,  ein schwarzes dünneres Oberteil, schminke mich leicht, mach mir ein Zopf. Bevor ich los muss mach ich mir ein Kaffee, dabei checke ich meine Nachrichten. Roman hat mir geschrieben.

Guten Morgen Lou, ich werde dich bestimmt nicht mehr morgens beim Bäcker treffen, Madam muss ja wieder arbeiten. 😛 ich wünsche dir an deinem ersten Arbeitstag viel Spaß und lass dich nicht stressen. 😊 liebe Grüße Roman

Hallo Roman, naja wenn du mich mal einlädst kann ich es bestimmt einrichten 🙃 ich bin immer für Frühstück zu haben 😂 vielen Dank für deine Wünsche 😑 ich denke die anderen sollten aufpassen dass ich sie nicht stresse 😬 bis die Tage 🙋🏻‍♀️

Das ist wirklich sehr nett von ihm, ich bin irgendwie überrascht das er mir geschrieben hat. Jeff hat mir auch schon gestern geschrieben und mir Glück gewünscht. Ich trink mein Kaffee fertig mit einem letzten Blick in den Spiegel fahre ich auf die Arbeit.

In der Firma werde ich herzlich begrüßt, laufe Richtung Büro von meinem Vater, klopfe einmal weil ich ihn gerne einen guten Morgen wünschen möchte. Seine Sekretärin sieht mich und sagt „Herr Schneider ist noch nicht im Haus, er kommt später" was mich wirklich sehr verwundert, Papa ist immer einer der ersten morgens und in letzter Zeit kommt er des Öfteren später. Vielleicht hat er auch nur ein Termin beim Kunden. Ich nehme mir ein Kaffee von der Küche und gehe in mein Büro, was Papa extra für mich neu einrichten lassen hat. Auf meinem Tisch ist ein Laptop, frische Blumen und eine kleine Dose mit verschiedenen Gummibärchen, mein Papa kennt mich einfach zu gut. Kaum habe ich mich auf mein Stuhl gesetzt und mein Laptop angeschaltet, klingelt mein Handy.

Lou: hallo Papa

Papa: gefällt dir dein Büro?

Lou: es sieht gut aus! Wo bist du?

Papa: ich habe einige Termine die unbedingt erledigt werden müssen, hat nichts mit der Arbeit zutun, aber du als meine zweite Hand, kannst die arbeiten heute übernehmen.

Lou; ich habe doch noch überhaupt kein Überblick, wie soll ich da was übernehmen?

Papa: in meinem Büro sind vier Ordner, da sind die wichtigsten Informationen drin die du brauchst. Du kannst gerne reinschauen. Ich weiß nicht ob ich heute kommen kann. Genaueres bereden wir morgen.

Lou: in Ordnung, ich schau mal nach. Bis morgen dann

Papa: bis morgen mein Kind

Ich leg auf, eigentlich ist das unfair was er macht, er lässt mich direkt an meinem ersten Tag in Stich. Ich gehe in sein Büro um die Ordner zu holen, irgendwie muss ich ja ein Anfang finden, in seinem Büro stehen im Regal vier Ordner mit der Aufschrift
-Aufträge aktuell
- Bestellungen
- Finanzen
- sonstiges

Er hatte immer schon Seine Ordner wo nur ein kurzer Überblick drin war, für den Inhalt der Ordner gibt es noch Unterordner. Ein Hauptordner für eine kurze Zusammenfassung. Ich muss zweimal laufen, weil diese Hauptordner ungewöhnlich dick und schwer sind. Ich nehme ein Ordner nach dem anderen, lese es mir durch und bin total sprachlos von Papas arbeiten der letzten Monate. Ich bin schockiert und gefrustet weil ich nicht verstehe was er da gemacht hat, seine Unterlagen sind durcheinander, müssen geordnet werden und seine Verträge sind so unglaublich verwirrend und schlecht verhandelt, das ich die Arbeit meines Vaters nicht Wiedererkenne. Was ist mit ihm los, was hat er vor? Warum hat er alles so vernachlässigt, ich sitze Stunden vor diesen Ordnern, trinke ein Kaffee nach dem anderen, telefoniere mit Marc, weil ich überfordert bin, schicke ihm Bilder von Unterlagen. Er ist auch total schockiert und kann es nicht verstehen. Was ist hier die letzten Monate passiert? Die Sekretärin meines Vater kommt zu mir weil sie Feierabend machen möchte, es ist wirklich schon so spät, ich habe überhaupt nicht gemerkt wie die Zeit vergangen ist, gegessen habe ich zwischendurch nur ein Joghurt.

Lou: Frau Müller, was war die letzten Monate hier los? Haben sie nichts gemerkt?

Frau Müller: ich weiß was sie meinen, nur ihr Vater wollte keine Hilfe, ich verstehe ihn auch nicht mehr, wir hatten auch einige Auseinandersetzung miteinander. Ich bin wirklich froh das sie jetzt hier sind.

Lou: es ist mir Zuviel, hier stimmt überhaupt nichts. Ich brauche sehr lange bis es geordnet ist.

Frau Müller: sie sollten nachhause, sie brauchen eine Pause und müssen was essen.

Lou: ich bleib noch etwas, Ihnen einen schönen Feierabend bis morgen.

Frau Müller lächelt mich erleichtert an, ich bitte mein Bruder mir zu helfen, heute hat er leider keine Zeit mehr, aber morgen würde er zu mir nachhause kommen und sich alles anschauen. Ich hol mir eine frische Tasse Kaffee, nun bin ich ganz alleine in dem Riesen Gebäude, alle sind weg und ich habe Ruhe. Ich beschließe noch eine Stunde zu bleiben und dann auch zu fahren. Wieder vergesse ich die Zeit, als ich  ein leichten Hunger verspüre, schaue ich auf die Uhr und erschrecke mich, wir haben schon halb zehn. Es wird Zeit zu gehen, ich nehme meine Tasche mach alle Lichter aus und schließ die Türen ab. Unterwegs hol ich mir eine Kleinigkeit zu Essen, zum kochen habe ich keine Lust mehr. Zuhause schmeiß ich mich auf meine Couch, die neue Couch wird morgen ausgeliefert, um acht Uhr morgens soll sie kommen, ich esse eine Kleinigkeit, mein Hunger vergeht mir
wenn ich nachdenke was ich eigentlich noch für Arbeit vor mir habe, mein Nacken schmerzt, mein Rücken ist total verspannt. Wäre mein Jeff jetzt hier, würde er mir mein Oberteil ausziehen und mich massieren, seine Hände bewirkten wahre Wunder wenn er mich massiert hat, er wusste genau wo er druck ausüben musste
damit die Verspannung weg geht. Ich entschließe mich zu baden, nach so einem langen Tag tut mir das bestimmt gut, ich lasse Wasser in die Wanne laufen und hol mir ein Glas Wein und leg mich in die heisse Wanne, schließe meine Augen und möchte nur an ihn denken, an mein Jeff...

The art of eye contactWo Geschichten leben. Entdecke jetzt