Kapitel 106

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„Die nächsten Tage sind sehr wichtig um genaueres zu dem Zustand ihres Mannes zu sagen" meine Mutter steht vor dem Arzt, der eigentlich nur mir ihr spricht. Ich stehe hinter ihr, mich irgendwie versteckend, eigentlich möchte ich nicht hören was der Arzt zusagen hat. Ich habe schon ein beklemmendes Gefühl beim Anblick seines weißen Kittels. Während er genauer erzählt was passiert ist und das mein Vater noch sehr viel Glück hatte, weil meine Mutter sehr schnell gehandelt hat, höre ich seine Worte sehr dumpf mit vielen Hintergeräuschen, ein Rauschen ist in meinem Ohr und dann ein langes piepen. Meine Blicke wahren wohl sehr starr und abwesend, das der Arzt es gemerkt haben muss.

Arzt: Frau Schneider, alles okay?

Mama: Louisa?

Lou: was, wie bitte?

Arzt: geht's Ihnen gut, sie wirken sehr blass

Lou: alles gut, ich bin nur etwas müde.

Mama: Herr Schmidt hat gefragt ob wir kurz zu Papa möchten

Arzt: zwei Minuten, nicht länger.

Lou: ja ich möchte gerne rein.

Wir drei bekommen Kittel und ein mundschutz. Damit wir keine Viren übertragen können. Langsam öffnet Marc die Tür und mit Herzrasen gehen wir rein. Da liegt mein Vater umringt von vielen Geräten die piepsen und seine Werte überprüfen. In seinem Mund und Nase befinden sich Schläuche, er ist beängstigend blass und Pfahl im Gesicht. Sein Anblick macht mir Angst und meine Hoffnung das alles wieder gut wird verschwindet! Wir treten an sein Bett, ich nehme seine Hand wo sich die Infusionnadel befindet, er ist Eisekalt, ich streichel ihn und versuche mich zu beruhigen. Meine Mama steht vor ihm, total schockiert von seinem Anblick und weint. Ich weiß nicht wer mir mehr leid tut, mein Vater der gerade angebunden und frisch operiert hier liegt und wir nicht wissen ob er es schafft, meine Mutter die am Boden zerstört ist und Angst hat alleine zubleiben oder Marc der tapfer sein möchte für uns, aber bis jetzt nicht viel von seinem Vater hatte, der gerne ihn bei seiner Hochzeit dabei haben möchte und der unbedingt sein Enkelkind sehen sollte. Natürlich darf man sowas nicht denken, eigentlich die Hoffnung nie aufgeben, aber bei diesem Anblick kann man nicht anders als negativ zu denken und keine Hoffnung mehr für sein überleben haben.

Dir zwei Minuten gehen schnell vorbei, eine Krankenschwester kommt und bittet uns raus und ich muss gestehen, dass ich froh bin aus diesem Zimmer gehen zu müssen. Aus diesem kalten Zimmer mit dem kalten Anblick!

Die nächsten Tage bin ich eigentlich nur im Krankenhaus, morgens so früh wie möglich hinfahren und abends so lange ich darf dort bleiben. Es reicht mir schon einfach in seiner Nähe zu sein, das ich da bin wenn der Arzt kommt und sagt „er ist über den Berg" oder „wir holen ihn aus dem künstlichen Komma zurück". Er wurde schlafen gelegt, damit sein Körper sich ausruhen kann. Aber diese Nachricht konnten sie uns noch nicht mitteilen, er muss noch schlafen!

An sein Anblick habe ich mich langsam gewöhnt, wodran man sich halt gewöhnen kann, er ist nicht mehr so blass, das schlimmste für mich ist sein kalter Körper, er fühlt sich nicht lebendig an. Wir dürfen jetzt öfter abwechselnd in sein Zimmer und an seinem Bett sitzen. Meistens ist meine Mutter bei ihm, Marc schick ich öfter nach Hause, er hat noch eine schwangere Freundin die ihn braucht. Marc und Mama unterhalten sich viel, eigentlich nichts relevantes oder privates, über alles möglich, aber dadurch lernen sie sich kennen. Meine Katze sehe ich kaum noch, sie bekommt ihr Futter morgens und Abends, den restlichen Tag ist sie alleine, dafür darf sie Nachts bei mir schlafen. Schlafen ist es eigentlich nicht was ich Nachts mache, ich komme nicht zur Ruhe, ich sehe sobald ich meine Augen schließe, mein Vater in diesem Zimmer, ich höre diese Geräusche von den Geräten und habe diesen speziellen Desinfektionsmittel Geruch in der Nase. Ich habe Angst ihn zu verlieren, ich habe Angst an seinem Grab stehen zu müssen und meine Mutter wieder zu verlieren. Meine Mama wurde wieder langsam sie selber, sie hat sich die letzten Wochen verändert und diese Veränderungen darf sie nicht verlieren.

The art of eye contactWo Geschichten leben. Entdecke jetzt