Kapitel 30

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Namjoon pinnte eine Porträtaufnahme an die Große Pinnwand in seinem Büro.

"Mark Yi-en Tuan, amerikanischer Staatsbürger.", äußerte er nachdenklich. "Bisher das älteste und bekannteste Opfer."

Yun schaute ihm neugierig über die Schulter: "Ich mochte seine Musik."

"Kanntest du ihn?", erkundigte sich der Ermittler.

"Seine Gruppe hat letzten Monat einen Song rausgebracht, der im Radio hoch und runter gespielt wurde."

Namjoon schaute nur stumm zu ihr herunter.

Yun seufzte: "Ich vergesse immer, dass du ja überhaupt keine Ahnung hast, was aktuell angesagt ist. Wie so ein alter Großvater.", stichelte sie grinsend.

"Weil ich mich nicht für hopsende Schönlinge interessiere?", erwiderte Namjoon zynisch, widmete sich wieder dem Übertrag seiner Notizen auf die Pinnwand.

"Du bist ganz schön voreingenommen.", meinte Yun schmollend, verschränkte die Arme. "Wieviele Idols hast du denn bisher kennengelernt?"

Der Ermittler wirkte, als ob er kurz überlegen müsste, ehe er schließlich antwortete: "Jin."

Dieser hörte zwar seinen Namen, blickte allerdings nicht auf, da er gerade dabei war, an seinem Laptop online nach weiteren Informationen zu suchen.

"Ich bin kein Idol.", meinte er knapp.

"Du wärst es fast geworden.", widersprach Namjoon.

Nun war Jin doch gezwungen aufzusehen, überlegte jedoch etwas und ließ seinen Blick über die langsam immer voller werdende Pinnwand streifen.

"Ja. Dann würde wohl mein Bild jetzt da hängen.", bemerkte er, zuckte dann jedoch mit den Schultern und widmete sich erneut seiner Recherche.

"Was ist los mit ihm?", hörte er Yun flüstern.

"Verdrängung.", antwortete Namjoon, gab sich nicht mal die Mühe, seine Stimme zu dämpfen, was ihm einen genervten Blick von Jin einhandelte.

Konnte er bitte allmählich mal damit aufhören?

Ja, es stimmte, dass er vorhin ein klein wenig panisch geworden war. Aber war das nicht verständlich? Immerhin kannte er Mark.

Sie hatten einen wichtigen Abschnitt seines Lebens miteinander verbracht. Zwar war der Kontakt in den letzten Jahren ein wenig eingeschlafen, was allerdings nachvollziehbar war.

Marks Gruppe war nach monatelangem harten Training endlich dort, wo sie immer hin wollten.

Und nun war er tot.

Jin schluckte den Kloß in seinem Hals hinunter, fokussierte sich wieder auf das eigentliche Ziel. Den Mörder zu finden.

"Ich habe mich mal etwas schlau gemacht.", begann Jin daher, öffnete das Textdokument mit den zusammengestellten Notizen. "Mark und seine Gruppe wurden das letzte Mal auf der Privatparty eines Industriellen gesehen. Sie sind dort für ihn aufgetreten. Das war vor vier Tagen."

Yun beugte sich über seine Schulter, um einen Blick auf den Bildschirm zu werfen: "Reich müsste man sein. Dann kann man sich mal eben eine Popgruppe buchen.", suefzte sie theatralisch.

"Wer ist dieser Industrielle?", hakte Namjoon interessiert nach.

Jin scrollte durch die einzelnen Fotos der Nachrichtenseite: "Das wird nicht erwähnt. Aber ein paar der Leute auf den Bildern kenne ich."

"Ernsthaft?", quietschte Yun ihm so laut ins Ohr, dass der Reporter mit schmerzerfülltem Gesicht zurückwich.

Warum war sie so überrascht? Hatte sie nicht diese alberne Akte über ihn erstellt?

Da war doch ersichtlich, in welchen Kreisen er sich bewegte. Bewegt hatte.

"Den kennst du auch?", sie tippte mit dem Zeigefinger auf die Aufnahme eines blauhaarigen jungen Mannes, welcher in eine Art rosa Morgenmantel mit abgesetztem weißem Spitzenbesatz gehüllt war.

"Sicher, das ist Taehyung Kim.", antwortete Jin wahrheitsgemäß.

Yuns Augen wurden größer: "Kannst du mich ihm vorstellen? Der ist mächtig heiß."

"Und stockschwul.", warf Namjoon plötzlich ein.

"Ernsthaft?", Yun hob die Augenbrauen und fügte resigniert hinzu, als auch Jin stumm nickte: "Toll, warum suche ich mir eigentlich immer die Typen aus, die auf Männer stehen? Muss wahrscheinlich am Nachnamen liegen."

Beinahe fiel Jin die Kinnlade runter. Hatte sie das gerade wirklich gesagt?

Er traute sich gar nicht, zu Namjoon zu sehen. Dem es wahrscheinlich ähnlich ging. Zumindest hoffte er das.

Dieses Mädchen war wahrlich eine weibliche Ausgabe seines Freundes Jimin. Insgeheim fragte er sich, was wohl passieren würde, wenn diese jemals aufeinander treffen sollten.

Wahrscheinlich würden sie wie kleine Schulmädchen zusammensitzen und die ganze Zeit kichernd über andere Leute herziehen, sich dumme Streiche ausdenken oder verrückte Selfies machen.

"Das heißt, wir müssen mal wieder in diesen merkwürdigen Club?", fragte Namjoon plötzlich in die Stille hinein.

Jin hob überrascht den Kopf.

"Wenn dieser Taehyung einer der Letzten war, der das Opfer noch lebend gesehen hat.", erklärte der Ermittler ruhig. "Und sicher kann der uns auch sagen, wer diese Privatparty veranstaltet hat."

Das machte Sinn.

Möglicherweise befand sich der Mörder ebenfalls auf der Party und hat dort Kontakte zu Mark geknüpft.

"Darf ich mit?", Yun blickte beide flehend an.

Wirklich eindeutig wie Jimin, stellte der Reporter fest.

"Ich denke nicht, dass du das sehen willst. Außerdem ist hier noch genug zu erledigen.", nahm Namjoon ihr direkt den Wind aus den Segeln, was ihm einen schmollenden Gesichtsausdruck der jungen Frau einbrachte.

Der Ermittler rollte genervt mit den Augen.

"Beim nächsten Mal.", knurrte er genervt, drehte sich dann schnell wieder um und fuhr mit dem Sortieren seiner Notizen auf der Pinnwand fort.

Jin kam nicht umhin, sich ein Lachen zu verkneifen.

Scheinbar erging es Namjoon bei Yun genauso wie ihm selbst immer mit Jimin.

Sie hatten eindeutig mehr gemeinsam, als er zugeben wollte.

Artifice //Namjin//Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt