"Das ist ein Scherz, oder?", Namjoon blieb abrupt stehen und musterte Jin mit erhobenen Augenbrauen.
Dieser blickte sein Gegenüber verwirrt an: "Ich kann dir nicht folgen. Ich hab doch gesagt, dass ich ein Auto habe."
"Das ist ein verfluchter Mercedes!", antwortete der Ermittler beinahe schon empört.
"Um genau zu sein ist es eine S-Klasse in der AMG Ausführung.", erklärte Jin schmunzelnd.
Noch immer starrte Namjoon ihn fassungslos an: "Sowas fahren Triadenbosse."
"Aber nicht in Perleffekt Weiß.", Jin stutzte. "Willst du mir unterstellen, ich gehöre zur Mafia?"
Jetzt war er selber empört. Man konnte ihm ja eine Menge vorwerfen, aber wie das Mitglied eines Kartells sah er nun wirklich nicht aus.
"Woher hast du dann das Geld für so ein Geschoss?", Namjoon fuhr sich fast schon verzweifelt durch die Haare.
Jin dagegen zuckte nur mit den Schultern: "Es war ein Geschenk zum Uni-Abschluss. Von meinen Eltern, nicht der Mafia. Du weißt schon, Gangnam und so."
Er schenkte seinem Gegenüber ein süffisantes Grinsen und hielt dem Ermittler schließlich den Schlüssel entgegen.
"Und wenn ich damit anecke?", Namjoons Blick wanderte zwischen dem Wagen und dem dazugehörigen Schlüssel immer wieder hin und her, als könne er seine Fahrkünste selbst nicht einschätzen.
Eine Weile ging das so, bis Jin schließlich genervt aufseufzte.
"Dann fahr eben doch ich.", und stieg in den Wagen.
Er wartete, bis sein Beifahrer sich korrekt angeschnallt hatte und startete den Motor, der dunkel aufheulte und danach mit dumpfem Klang vor sich hin blubberte.
Jins Mundwinkel verzogen sich automatisch zu einem Grinsen. Er liebte dieses Auto.
"In Ordnung. Halt dich fest.", warnte er und drückte das Gaspedal nach unten.
"Warum sollte ich..", Namjoon konnte seine Frage nicht beenden.
Der Mercedes schoss augenblicklich los und die Insassen wurden in die Sitze gepresst.
Im Augenwinkel konnte Jin erkennen, dass Namjoon sich agriff festklammerte und mit weit aufgerissenen Augen nach vorn auf die Straße starrte.
"Willst du mich umbringen?", keuchte er laut auf.
Jin musste lachen: "Hast du etwa Angst? Ausgerechnet du?"
Ihr Weg führte sie weiter in die Stadtmitte, während Jin den Sportwagen mit Leichtigkeit durch fließenden Verkehr steuerte.
"Du begehst gerade ein gutes Dutzend Verkehrsdelikte, das ist dir hoffentlich klar.", schnappte Namjoon nach Luft, schien sich allerdings langsam an den rasanten Fahrstil gewöhnt zu haben und hatte nun zumindest so viel Vertrauen in Jins Fähigkeiten, dass er nicht mehr das teure Alcantara-Leder der Beifahrertür zerdrückte.
"Manchmal muss man eben die Regeln brechen, um ein wenig Spaß zu haben.", meinte Jin grinsend und bremste das Fahrzeug sanft ab.
Namjoon schloss kurz die Augen, wie um sich beim lieben Gott zu bedanken, dass er diese Fahrt unbeschadet überlebt hat.
"Ich kann mir weitaus angenehmere Beschäftigungen vorstellen, um Spaß zu haben.", meinte er schließlich.
Jin grinste noch breiter: "Achso?"
Allerdings blitzte sofort wieder die Erinnerung an heute morgen auf, als er sich Namjoon in einer ganz anderen Situation vorgestellt hatte.
Schnell räusperte er sich und öffnete die Fahrertür, um möglichen weiteren Fragen oder gar Anspielungen aus dem Weg zu gehen.
"So, da wären wir.", er zeigte auf ein riesiges Backsteingebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite. "Nicht ganz so schick wie bei GS, aber lass dich vom ersten Eindruck nicht täuschen."
"Alpha Entertainment.",
las Namjoon laut vor."Aktuell etwa gleichauf, was den Erfolg betrifft. Ich kann dir auf Anhieb mindestens vier derzeitige Solokünstler nenn, die hier unter Vertrag sind.", erklärte Jin weiter.
"Die ich eh nicht kenne, weil ich keine Musik höre.", der Ermittler setzte sich in Bewegung und lief auf die große Eingangstür zu.
Jin musste sich anstrengen, mit ihm Schritt zu halten.
"Vielleicht solltest du lieber mich reden lassen.", flüsterte er leise, als sie die riesig wirkende Einganshalle betraten.
"Tu dir keinen Zwang an.", entgegenete Namjoon ausdruckslos, steckte beide Hände in die Hosentaschen und besah sich gespielt interessiert die riesige Wand mit hunderten Monitoren zu seiner Rechten.
Jin blickte ihm kurz stirnrunzelnd hinterher.
Es bereitete ihm durchaus Sorgen, dass der Ermittler diesmal so folgsam war. Eigentlich hätte er eine Grundsatzdiskussion über Polizeiarbeit und im Besonderen die Zeugenbefragung erwartet.
Den Gedanken beiseite schiebend schlenderte er zu dem verspiegelten Tresen, an dem eine Dame mittleren Alters saß, die ihre verlorene Jugend scheinbar mithilfe von dutzenden Schönheitsoperationen zurückholen wollte.
"Hallo, ich würde gerne wissen, ob es noch möglich ist, sich für dieses Casting anzumelden.", Jin setzte sein charmantestes Lächeln auf.
"Das ist nur für geladene Teilnehmer.", meinte die Angestellte und hatte wirklich Probleme, ihre dick aufgespritzten Lippen auseinander zu bekommen.
"Oh, okay. Mir hat ein Freund seine Einladung überlassen und...", versuchte Jin es erneut, wurde jedoch direkt wieder abgeschmettert mit den Worten: "Das ist verboten."
Erst jetzt blickte die Frau zum ersten mal auf und es schien, als würde sie ihr Gegenüber in völlig neuem Licht betrachten.
Jin wich automatisch einen Schritt zurück, weil ihm der plötliche übertriebene Augenaufschlag der Schlauchbootlippe so gar nicht gefiel.
"Ich weiß, aber...", begann er entschuldigend, versuchte erneut, ein Lächeln aufzusetzen.
Die Frau nahm ihm mit einem wissenden Blick die Einladung aus der Hand.
"Du bist süß.", gab sie offen zu, leckte sich dabei über die voluminöse Unterlippe. "Geh ins Purple Heart und lass dir vom Besitzer eine Empfehlung ausstellen."
"Von Taehyung?", Jin stutzte.
"Du kennst ihn? Sehr gut, das macht es einfacher.", die Frau zwinkerte ihm zu. "Wenn du diesen Körper noch einigermaßen im richtigen Takt bewegen kannst, sollte es kein Problem sein, dich schnell zu vermitteln."
Jin nickte wissend: "Das dachte ich mir."
Hatte er bis jetzt angenommen, dass es in diesem Mordfall nur um eine Angelegenheit innerhalb einer Agentur ging, wurde er nun scheinbar eines Besseren belehrt.
Hier ging es um weitaus mehr als nur tanzen und singen. Und diese Richtung gefiel ihm überhaupt nicht.
"Und? Was erreicht?, fragte Namjoon nach, als Jin wieder an ihn herangetreten war.
"Wie man es nimmt. Ich schätze, wir werden heute Abend ausgehen."
Namjoon hob die Augenbraue: "Du weißt schon, dass wir hier in einer Mordserie ermitteln?"
Jin nickte, sah stirnrunzelnd zu ihm auf.
"Ich glaube, ich muss dir ein bisschen was erzählen."
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Artifice //Namjin//
FanfictionEr, der junge Journalist, der zum ersten Mal mit der grausamen und blutigen Realität konfrontiert wird, trifft auf den ernsten Ermittler, der eigentlich lieber alleine arbeitet. Werden sie ihre gegenseitige Abneigung und die Streitereien auf Eis leg...