Kapitel 102

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Jin stellte den Motor ab, nachdem er endlich einen Stellplatz für seinen Wagen gefunden hatte.

Der Parkplatz des Krankenhauses war komplett überfüllt. Zum größten Teil mit Übertragungswagen der örtlichen Sendeanstalten.

Und Fans, die vor dem Gebäude im Regen ausharrten.

Es hatte sich relativ schnell verbreitet, wo der schwer verletzte Taeyong untergebracht war, was besonders die Presse anlockte.

Wann hatten sie immerhin schon mal die Möglichkeit, eines der Opfer des noch immer als Rookie-Ripper bezeichneten Mörders vor die Linse zu bekommen?

Langsam, aber sicher bereute Jin es, dass ihm dieser selten dämliche Name eingefallen ist. Je länger er sich mit der Mordserie und besonders mit den einzelnen Opfern beschäftigt hatte, umso trauriger stimmten ihn die ganzen Umstände, mit denen seine teilweise unglaublich skrupellosen Reporterkollegen versuchten, irgendwie Profit aus den Toten zu schlagen.

Da wurden nicht nur vollkommen absurde Artikel verfasst, die sich mit dem beruflichen Werdegang der Rookies beschäftigten.

Bedauerlicherweise war es auch vorgekommen, dass den Familien der Opfer aufgelauert wurde, um möglichst dramatische Fotos weinender Eltern drucken zu können.

Oder eben doch noch das letzte Geheimnis aus Nachbarn und angeblichen Freunden heraus zu bekommen.

Von solchen Aktionen hielt Jin rein gar nichts. Wenigstens dieses letzte bisschen Anstand wollte er sich noch behalten. Und er war verdammt froh, dass bisher zum Glück noch niemand so tief im sprichwörtlichen Dreck gewühlt hatte, um das Doppelleben einiger der Opfer zu offenbaren.

Würde herauskommen, dass mindestens zwei Drittel der getöteten Rookies nebenbei ihre Körper verkauft haben, würde nicht nur ein Aufschrei durch die Gesellschaft gehen.

Sondern jede einzelne Künstleragentur genauestens unter die Lupe genommen werden.

Was zumindest bei Alpha wohl die Schließung zur Folge hätte. Und das Rollen vieler Köpfe in hohen Positionen.

Jin wischte den Gedanken beiseite.

Er war nicht hier, um sich mit der sensationsgeilen Pressearbeit zu beschäftigen. In erster Linie war er hergekommen, um sich bei Namjoon zu erkundigen, ob dieser irgendwas von dem schwer verletzten letzten Opfer in Erfahrung gebracht hatte.

Auch wenn diesem Taeyong die Möglichkeit zu sprechen und zu sehen genommen wurde, blieb noch ein kleiner Hoffnungsschimmer, dass er zumindest eine Regung zeigen konnte, wenn der richtige Name fallen würde.

Den Kragen hochgezogen beschleunigte Jin seine Schritte, als er dem Krankenhausgebäude immer näher kam.

Yun erwartete ihn bereits am Haupteingang, um sie beide an der Meute aus Reportern und Schaulustigen vorbei zu bugsieren.

"Die Security des Krankenhauses wirft schon den ganzen Tag immer wieder irgendwelche Leute raus, die sich in die abgesperrte Etage schleichen wollen.", erklärte sie mit äusserst genervtem Unterton.

"Wie geht es dem Opfer?", erkundigte Jin sich, als sie sich endlich in den Fahrstuhl retten konnten.

Die junge Polizistin zuckte mit den Schultern: "Wie würde es dir gehen, wenn dir das Gesicht vom Knochen abgepellt wird?"

Artifice //Namjin//Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt