"Willst du dir das wirklich antun?", Namjoon blickte ihn ernst an.
Jin nickte nur, wich ihm aus.
Er wusste selbst, wie beschissen er aussah. Hatte sich vorhin in der Herrentoilette des Reviers höchstpersönlich davon überzeugen dürfen.
Geschwollene rote Augen, ein aufgedunsenes Gesicht, die Haare in alle möglichen Richtungen abstehend.
Nichts war mehr übrig von dem immerzu von allen bewunderten hübschen Antlitz. Jetzt sah er so aus, wie er sich fühlte.
"Ich kann die Befragung auch alleine übernehmen.", bot der Ermittler an, in seiner Stimme klang ehrliche Sorge mit. "Du kannst auch nach Hause und dich..."
"Nein.", unterbrach er ihn harsch. "Wenn ich jetzt heim fahre, drehe ich nur durch und mache mir noch mehr Vorwürfe."
Außerdem erinnerte ihn alles in seiner Wohnung an Jimin.
Die Fotos an den Wänden, die Cds, die er ihm immerzu auslieh und nie zurücknahm. Selbst die bloße Einrichtung. Jedes Möbelstück brachte er mit ihm in Verbindung.
"In Ordnung. Aber gib mir ein Zeichen, wenn es zuviel wird.", Namjoon seufzte resigniert, ehe er seinen Weg zu einem der Befragungsräume fortsetzte. "Sie haben ihn vor etwa einer Stunde aus dem Gebäude von Alpha Entertainment geholt. Es war relativ schwierig, ihn zu finden. Eine direkte Meldeadresse besitzt er nicht."
"Geheimnisvoll wie eh und je.", schnaubte Jin abfällig.
Noch einmal atmete er tief durch, bevor er sich schließlich dazu durchrang, die Klinke herunterzudrücken.
Taemin blickte auf. Mit dieser üblichen Mischung aus Dominanz, Überheblichkeit und diesem Funken Trauer, der immer mitschwang und sich intensivierte, je länger man den jungen Mann betrachtete. Irgendwann wandelte sich die Bewunderung für das atemberaubend ebenmäßige und fehlerfreie Gesicht unweigerlich in Mitleid.
Jin kannte das schon. Erging es ihm doch anfangs immer genauso.
Doch nach all der Zeit, nach all den Begegnungen und besonders den geführten Gesprächen hatte sich das gewandelt.
Mitlerweile wusste er, wie berechnend Taemin sein konnte. Unabhängig von seinem eigentlich armseligen Leben.
"Du siehst echt scheiße aus.", begrüßte ihn der Sänger.
Müde lächelnd setzte Jin sich ihm gegenüber, überging die üblichen Floskeln und begann direkt: "Wo warst du gestern Nacht?"
"Was?", Taemin riss die Augen auf. "Darum bin ich hier? Damit du mich das fragen kannst?"
"Beantworte es einfach.", zuckte der Reporter mit den Schultern. Mit aller Kraft, die er noch aufbringen konnte, versuchte er, dem Blick seines Gegenübers standzuhalten.
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Artifice //Namjin//
FanfictionEr, der junge Journalist, der zum ersten Mal mit der grausamen und blutigen Realität konfrontiert wird, trifft auf den ernsten Ermittler, der eigentlich lieber alleine arbeitet. Werden sie ihre gegenseitige Abneigung und die Streitereien auf Eis leg...