Jin wurde durch das durchgängige Rauschen wach.
Es regnete.
Schon wieder.
Die grauen Wolken verdunkelten den Himmel, so dass es nicht zu deuten war, welche Tageszeit herrschte.
Schmunzelnd dachte Jin an die vergangene Nacht. Ließ die Ereignisse noch einmal Revue passieren.
Sie waren tatsächlich kaum zum Schlafen gekommen. Wie vorraus gesagt.
Aber das machte Jin nichts. Er war glücklich wie noch nie zuvor in seinem Leben.
Vorsichtig drehte er sich zu dem schlafenden Mann neben sich um, darauf bedacht, ihn nicht zu wecken.
Je länger er ihn betrachtete, jedes Detail seines Anblicks aufsaugte und tief in sich verankerte, umso glücklicher wurde er. Jin liebte ihn. Dessen war er sich so sicher.
Nicht, weil Namjoon ihm unglaubliche Höhepunkte bescherte. Das war nur ein angenehmer Nebeneffekt.
Wohl eher lag es an der Art, wie er mit ihm umging. Wie er sich ihm gegenüber verhielt und, auch wenn er es nicht zugeben wollte, beschützte.
Jin streckte vorsichtig die Hand aus. Seine Fingerspitzen berührten Namjoons volle Lippen, strichen über die Nase bis hinauf zur Stirn.
Als er den roten Kratzer berührte, öffnete Namjoon ein Auge.
"Autsch?", sagte er plötzlich und Jin zuckte erschrocken zurück.
"Hab ich dir weh getan?", erkundigte er sich besorgt. "Entschuldige."
Der Ermittler verzog den Mund zu einem Grinsen, zog Jin wieder zu sich und bettete dessen Kopf auf seiner Brust.
"Keine Sorge, ich bin hart im Nehmen. Ist nicht das erste Mal.", lachte er leise auf.
Jin genoss das sanfte Vibrieren an seinem Ohr.
"Du verprügelst regelmäßig Idols?", fragte er zynisch.
"Nur wenn sie es verdient haben.", zärtlich fuhr er durch die Haare des Blonden. "Manchmal muss man leider diesen Weg wählen."
"Lernt man das auf der Polizeischule?", flüsterte Jin, kuschelte sich näher an Namjoon, der einen Moment den Atem anhielt, ehe er dann doch antwortete: "Das lernt man auf den Straßen von Sangdo-Dong."
"Bist du da aufgewachsen? Wie ist es da?", fragte der Reporter vorsichtig.
Es war selten, dass Namjoon etwas über sich preis gab und er wollte ihn mit zu vielen Fragen nicht sofort überrumpeln. Stattdessen wartete er geduldig ab, fuhr mit dem Zeigefinger unbestimmte Muster auf dem durchtrainierten Bauch des Ermittlers."Weitaus weniger hübsch als in Gangnam.", lachte dieser trocken auf. "Dort bekommt man keine teuren Sportwagen von den Eltern geschenkt."
Jin überhörte die Anspielung, meinte stattdessen: "Dafür haben dir deine Eltern sicherlich andere Werte vermittelt."
"Ich habe keine Eltern mehr.", antwortete Namjoon knapp.
Erschrocken fuhr Jin auf, blickte sein Gegenüber fassungslos an.
"Was? Das tut mir...", wollte er sein Bedauern über diese Tatsache zum Ausdruck bringen. Jedoch starrte Namjoon noch immer geradeaus zur Decke und hob nur den Arm, um Jins Kopf erneut nach unten zu drücken.
Diesmal schmiegte der Blonde sein Gesicht in die Halsbeuge des Ermittlers.
"Muss es nicht. Meinen Vater habe ich nie kennengelernt und meine Mutter hat sich nach der Sache mit meiner Schwester solche Vorwürfe gemacht, dass sie krank wurde.", erklärte Namjoon mit ruhiger Stimme.
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Artifice //Namjin//
FanfictionEr, der junge Journalist, der zum ersten Mal mit der grausamen und blutigen Realität konfrontiert wird, trifft auf den ernsten Ermittler, der eigentlich lieber alleine arbeitet. Werden sie ihre gegenseitige Abneigung und die Streitereien auf Eis leg...