Kapitel 117

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"Ich verstehe nicht, was er hier will.", murmelte Jin, als er den Motor ausschaltete. 

Sie waren vor der Yeongdong Brücke zum Stehen gekommen, die sich quer über den Han-River erstreckte und aktuell aufgrund von Modernisierungsarbeiten gesperrt war. Was noch weniger erklären konnte, warum Taemins Weg ihn ausgerechnet hierhin geführt hatte.

"Vielleicht will er springen. Die Brücke ist bekannt dafür.", mutmaßte Namjoon, als wäre es das normalste der Welt, mitten in der Nacht einen Ausflug zu machen, um seinem Leben mit einem Sprung in die eiskalten Fluten ein Ende zu setzen.

Alarmiert blickte Jin ihn daher an: "Nein, das darf er nicht!"

Ohne lange darüber nachzudenken, riss er die Wagentür auf. Es hatte wieder zu regnen begonnen und der Wind an einem quasi ungeschützten Ort in Flussnähe wie diesem verpasste ihm zur Begrüßung direkt eine klirrend kalte Dusche.

Die Zähne zusammenbeißend zog er die Schultern ein, drehte suchend den Kopf hin und her.

"Wir müssen ihn aufhalten.", forderte er Namjoon auf, welche nun ebenfalls ausgestiegen war. Auch er schien wenig begeistert über die aktuelle Wetterlage, klappte er doch direkt den Kragen seiner Lederjacke nach oben.

Nervös schaute Jin sich weiterhin um. Viele Möglichkeiten zum Verstecken gab es hier nicht.

Da auch nur eine Straße zu der abgesperrten Brücke führte, ließ das im Umkehrschluss lediglich ein Ergebnis zu: Taemin war auf die Brücke gelaufen.

Schmerzhaft zogen sich Jins Eingeweide bei dem Gedanken zusammen. 

Würde der Sänger wirklich so weit gehen und sich umbringen? Ja, er war geschockt gewesen über die nachricht von Jimins Tod. Und wenn es wirklich stimmte, dass er nur noch ihn gehabt hatte, war ein möglicher Selbstmord beinahe nachvollziehbar.

Aber warum hatte er sich dann nicht direkt mit dem Taxi an diesen Ort bringen lassen? Warum der Umweg über das Purple Heart?

Im Augenwinkel bemerkte Jin eine Bewegung. Beunruhigt sah er auf. Und entdeckte ihn.

"Taemin!", schrie er so laut, dass seine Kehle brannte. Zeitgleich rannte er los in dessen Richtung. 

Knapp vor der Mitte der Brücke hatte er ihn endlich eingeholt.

Schwer atmend kam er nur wenige Meter entfernt von ihm zum Stehen. Auch Namjoon war seinem Sprint gefolgt. Wenngleich dieser weitaus weniger außer Atem war. Natürlich.

"Ihr? Was wollt ihr hier?", spukte Taemin ihnen entgegen. Sein petrolfarbenes Haar war vollkommen durchnässt und klebte ihm in der Stirn. "Wie seid ihr überhaupt hier hergekommen?"

"Wir haben dich verfolgt.", entgegnete Jin kurzatmig. Er musste wirklich wieder mehr für seine Ausdauer tun.

Genervt stöhnte Taemin auf: "Könnt ihr nicht einmal eure Nase aus den Angelegenheiten anderer raushalten?"

"Leider nein.", war es nun Namjoon, der antwortete. "Ist ne Angewohnheit, die der Job so mitbringt."

"Du!", der Sänger brüllte ihn mit einem wütenden Funkeln in den Augen an. Das sonst so hübsche Gesicht zu einer hasserfüllten Fratze verzogen, die Jin dazu brachte, sicherheitshalber einen Schritt nach hinten zu gehen. 

Er musste zugeben, dass er Taemin nicht einschätzen konnte. Wusste nicht, zu was er fähig war.

"Immer wieder geht alles kaputt, wenn du dich einmischst! Wärst du nicht aufgetaucht, würde Jimin noch leben.", schrie der Sänger gegen den immer stärker werdenden Wind an.

Artifice //Namjin//Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt