Kapitel 5

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Seine Atmung war stoßweise, die Beine schienen wie eingefroren.

Er hätte nicht hier sein sollen. Das Universum strafte ihn für seine dumme Entscheidung.

Dass er sich gegen sein mögliches weit voraus geplantes Schicksal entschieden hatte und einen anderen, für ihn vollkommen abwegigen Pfad eingeschlagen hatte.

Und nun würde er die Quittung dafür erhalten.

Das metallische Kratzen wurde lauter und entlud sich in einem dröhnenden Knall.

Panisch presste Jin die Augen zusammen, wartete auf das erlösende Ende und hoffte, dass es nicht allzu schmerzhaft wurde.

"Was zur Hölle ist mit dieser Tür los?"

Überrascht hob Jin die Lider. Diese Stimme war ihm wohl vertraut. Diese jungenhaften, teilweise weiblich anmutenden Töne gehörten zu einer Person, die er bereits so lange kannte, dass man bereits von Familie sprechen konnte.

"Zum Glück bist du es nur.", stöhnte Jin erleichtert und fasste sich automatisch mit der Hand an die Brust auf der Höhe, wo er sein Herz vermutete.

"Was heißt hier nur?", kam es empört zurück. "Ich habe mich extra für dich durch die kalte regnerische Nacht gekämpft."

Jin schmunzelte: "Ist das nicht auch dein Job?"

Sein Blick ruhte auf seinem Gegenüber: einem jungen, fast noch knabenhaften Mann mit weichen Gesichtszügen, welche ihn gelegentlich fast mädchenhaft wirken ließen. Nur das freche Blitzen in seinen Augen und das wissende Grinsen ließen vermuten, dass vor ihm kein naiver Schuljunge stand.

"Mein Job ist es, ein weltbekannter Star zu werden. Mit einem eigenen Handabdruck auf der Star Avenue.", er streckte euphorisch einen Arm in die Höhe. "Das hier ist nur ein Zwischenstop auf dem Weg zum Erfolg. Und damit ich mir regelmäßig was zu essen kaufen kann."

Aus Jins Schmunzeln war mittlerweile ein breites Grinsen geworden, je länger er der Ansprache lauschte.

Sein bester Freund Jimin war wirklich eine Marke für sich.

"Du solltest trotzdem einen Helm tragen, sonst ist dein nächster Zwischenstop im Krankenhaus.", freundschaftlich raufte er dem Jüngeren durch die Haare, die schon wieder eine neue Farbe hatten. Diesmal ein helles Silber, welches beinahe weiß wirkte.

"Und meine Frisur zerstören?", Jimin drückte Jins Hand weg. "Weißt du, wie lange ich dafür unter der Trockenhaube saß?"

Er konnte es sich denken. Schließlich war es ihm damals auch nicht anders ergangen.

Damals. Es fühlte sich an, als wäre es bereits eine Ewigkeit her.

Als Jin den Traum, eines Tages Schauspieler zu werden, noch nicht begraben hatte.

Als er selbst Teil einer Gruppe von angehenden Idols war. Jungen Menschen, die sich nichts sehnlicher wünschten als ihr eigenes Konterfei auf Werbebannern oder im Fernsehen zu betrachten.

Jin selbst wurde bereits nach kurzer Zeit mit der schlichten Begründung, ihm fehle das erforderliche Talent, wieder vor die Tür gesetzt.

Jimin allerdings befand sich bis heute in der Schmiede für angehende Superstars.

Und er war verdammt gut.

So gut, dass ihn Jin bereits mehrfach durch seine mit der Zeit gesammelten Kontakte in der Welt der Schönen und Reichen als Backgroundtänzer oder Sänger einiger kleiner Produktionen vermitteln konnte.

Oder eben den Job als Fahrradkurier für eine mittelgroße Fotoagentur, die sich auf Paparazzi-Aufnahmen spezialisiert hatte.

"Hier sind deine super wichtigen Bildchen.", Jimin hielt ihm einen großen weißen Umschlag unter die Nase.

Artifice //Namjin//Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt