Jin blickte sich auf dem riesiegen unübersichtlichen Gelände um.
"Es ist gruselig hier.", stellte er fest, schloss automatisch näher zu Namjoon auf.
Fast wäre er über ein aus dem Boden heraus stehendes Metallteil gestolpert. Auch keine schöne Art zu sterben.
Obwohl solche Gedankengänge wohl etwas fehl am Platz waren, wenn man doch bedachte, was sie hergeführt hatte.
Namjoon blieb abrupt stehen, was dazu führte, dass Jin gegen ihn stolperte.
"Soll ich dich in den Arm nehmen oder meinst du, du kannst deine Angst überwinden?", stichelte der Ermittler.
Jin erwiderte nichts darauf, schenkte ihm nur einen verärgerten Blick.
Außerdem war er jetzt gerade eh nicht in der Lage, einen passenden Spruch zu liefern.
Die Nähe zu Namjoon ließ seinen Körper verrückt spielen. Dabei hatte er sich doch vorgenommen, vollkommen normal mit ihm umzugehen. Sie waren beide erwachsen, das sollte ja wohl funktionieren.
Und warum konnte Jin dann nicht aufhören, auf Namjoons Lippen zu starren?
Und sich vorzustellen, wie diese über seinen Körper glitten, während er immer wieder seinen Namen flüsterte.
Jin. Jin. Jin.
"Hey, Jin!"
Der Reporter schreckte zusammen.
Und blickte genau in Namjoons dunkle Augen, die ihn durchdringend musterten.
"Woran hast du gedacht?", hakte er nach.
"Nichts!", wiegelte Jin schnell ab, trat einen Schritt zurück, um mehr Abstand zwischen ihnen aufzubauen. "Was wolltest du denn?"
Der Ermittler blickte ihn noch einen kurzen Moment nachdenklich an, ehe er seinem Gegenüber eine kleine Digitalkamera in die Hand drückte.
Wahrscheinlich, weil Jin ihn fragend ansah, fühlte er sich genötigt, hinzuzufügen: "Ich habe festgestellt, dass die Spurensicherung kein wirkliches Auge für Details hat."
"Und du glaubst, ich hab das?", fragte Jin ungläubig.
Namjoon zuckte mit den Schultern: "Im Gegensatz zu ihnen ist dir die Lilie am letzten Tatort aufgefallen."
Der Reporter starrte ihn mit offenem Mund an.
Nicht nur, dass diese sogenannte Spurensicherung wohl nur halbe Arbeit leistete, wie man aus dem Kommentar raushören konnte.
Hatte er wirklich gerade einen Job von ihm bekommen? Hieß das, er müsste jetzt nicht mehr einfach nur wie fehl am Platz neben ihm stehen?
Automatisch musste Jin lächeln.
"Nun heb nicht gleich ab. Es sollen keine Meisterwerke werden.", meinte Namjoon mürrisch und machte auf dem Absatz kehrt, um den winkenden Polizisten zum aktuellen Tatort zu folgen.
Dennoch war Jin glücklich. Irgendwie.
Sollte er sich doch minimale Hoffnungen machen können? Fühlte er sich doch in Namjoons Nähe wohl wie lange nicht mehr bei einem Mann.
Selbst Jimin meinte, dass ihm die Veränderung aufgefallen war. Dass Jin innere Ruhe ausstrahlte, immer dann, wenn er neben dem Ermittler stand.
"Das Opfer liegt auf dem Karussell. Laut Gerichtsmedizin ist der Tod wohl gegen 20 Uhr gestern Abend eingetreten.", widerholte Namjoon die Worte des eben wegfahrenden Arztes.
"Wer hat ihn gefunden?", erkundigte Jin sich, hielt nebenher Ausschau nach nützlichen Motiven zum Fotografieren.
Namjoon deutete auf eine Frau mittleren Alters, die auf einer Liege neben dem Krankenwagen kauerte und herzzereissend weinte. Ihr ganzer Körper schüttelte sich unter tiefen Schluchzern. Das Gesicht war schon ganz schwarz vom Make Up.
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Artifice //Namjin//
FanfictionEr, der junge Journalist, der zum ersten Mal mit der grausamen und blutigen Realität konfrontiert wird, trifft auf den ernsten Ermittler, der eigentlich lieber alleine arbeitet. Werden sie ihre gegenseitige Abneigung und die Streitereien auf Eis leg...