Kapitel 43

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Gähnende Leere erwartete sie beim Betreten des Cafés.

Normalerweise müsste es um diese Uhrzeit gut besucht sein und voller Angestellter, die sich entweder gerade eine Pause gönnten oder Schülern, die einen kurzen Zwischenstopp einlegten, um sich vor der ersten Stunde noch mit dem nötigen Koffein zu versorgen.

Stattdessen waren Jin und Namjoon aktuell die einzigen Gäste.

Kein Wunder, wo sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine schwammige ineinander verlaufende Menschenmasse gegen die Absperrungen drückte.

Jin schaute aus dem großen Schaufenster.

Eigentlich hatte man von hier eine perfekte Aussicht und konnte fast den gesamten Straßenzug überblicken.

Hier eine Kamera wäre ein richtiger Glücksgriff gewesen und hätte den Fall in Rekordzeit gelöst.

Hatte denn wirklich niemand etwas gesehen?

In einer so belebten Straße mit fast durchgängig geöffneten Geschäften?

Ein Blick auf die ausgehängten Öffnungszeiten des Cafés bestätigte ihm, dass dieses Mitternacht schloss und erst wieder Punkt sieben die Türen öffnete.

Genug Zeit also, um eine Leiche unbemerkt von unerwünschten Blicken abzulegen, fernab aller Kameraobjektive.

Jin überlegte, wie lange es dauern würde, bis er alle Kameras genau ausgekundschaftet hatte. Bei vielen der ansässigen Unternehmen wusste er gar nicht, dass eine Videoüberwachung bestand.

"Willst du deinen Kaffee im Stehen trinken?", fragte Namjoon plötzlich.

Er hatte es sich bereits an einem Tisch in der hintersten Ecke bequem gemacht und sah erwartungsvoll in seine Richtung.

Kopfschüttelnd kam Jin auf ihn zu, setzte sich auf den Stuhl ihm gegenüber.

Neugierig steckte er die Nase in den Becher, welchen Namjoon ihm in seine Richtung geschoben hatte.

"Das ist ein Mokka.", stellte er verblüfft fest.

Namjoon zuckte mit den Schultern: "Mit Sojamilch und extra Sahne."

Jins Augen weiteten sich: "Du hast es dir gemerkt."

"Hoffentlich merkst du dir auch, dass du so ein Gebräu alleine trinken kannst.", erwähnte der Ermittler mürrisch, blätterte dabei durch seinen Notizblock ohne aufzusehen.

Obwohl er sich sicherlich die größte Mühe gab, keine Miene zu verziehen, konnte Jin doch ein leichtes Grinsen ausmachen.

Unwillkürlich verstärkte sich das warme Gefühl in seiner Brust. Und somit automatisch auch das Fragezeichen in seinem Kopf, wie genau er das deuten sollte.

Könnte es wirklich sein, dass Jin entgegen all seiner Planung langsam aber sicher doch Gefühle für Namjoon empfand?

Oder lag es nur an den Dingen, die zwischen ihnen passiert waren?

Vielleicht war es ein Fehler, es zugelassen zu haben. Immerhin wusste er selbst nicht, was genau der Ermittler empfand. Ob er überhaupt etwas empfand oder das Ganz nur als Spaß ansah.

Vielleicht wäre er nicht anders als die vorherigen Männer in Jins Leben, die ihm erst Interesse vorgaukelten und plötzlich verschwunden waren, wenn sie bekommen hatten, was sie wollten.

Allerdings hatte Namjoon bisher keine Andeutung in eine deartige Richtung gemacht.

Im Gegenteil.

Jin hatte eher das Gefühl, das Thema sollte totgeschwiegen werden.

War es ihm gar peinlich?

Ein leises Vibrieren schreckte den Reporter aus seinen Gedanken auf.

Artifice //Namjin//Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt