Jin war allmählich genervt, immerzu angerempelt zu werden oder irgendwelchen intensiv riechenden Getränken auszuweichen.
Warum war Namjoon bitte auf die Idee gekommen, sich unbedingt quer durch die tanzende Menge drängeln zu müssen? Wären sie an der Seite entlang gelaufen, hätte das wahrscheinlich gerade einmal fünf Minuten Unterschied gemacht.
Wenn überhaupt.
Bisher hatte Jin unzählige Gliedmaßen ins Gesicht bekommen und mindestens drei Hände auf seinem Hintern gespürt.
Wie schaffte Namjoon es bitte, sich so elegant und leicht an den Leuten vorbei zu schieben. Manche machten sogar direkt den Weg frei, als sie ihn bemerkten.
Und stellten sich dafür extra Jin in den Weg, der entschuldigend lächelnd versuchte, mit dem Ermittler Schritt zu halten.
Frustriert schnaufte der Reporter. Bemerkte, dass sie erst gut die Hälfte des Weges zurückgelegt hatten. Abgelenkt stieß er prompt gegen Namjoons Rücken, da dieser ohne Vorwarnung stehen blieb.
"Suchst du Nähe?", grinste der Ermittler, drehte sich nach hinten um.
Blinzelt hob Jin den Kopf.
"Ich hab in den letzten Minuten mehr als genug Nähe bekommen, danke.", antwortete er zynisch.
Namjoon wandt sich vollends zu ihm, zog den Reporter unvermittelt in eine Umarmung und flüsterte an dessen Ohr: "Vielleicht sollte ich mir das mit dem Markieren doch nochmal überlegen bei den vielen Flirtversuchen."
Mit angehaltenem Atem registrierte Jin die Lippen des Ermittlers an seinem Hals. Die Gänsehaut, die augenblicklich seinen Körper überzog suchte seinesgleichen.
Gerade, als er antworten wollte, entzog Namjoon sich ihm wieder.
"Später.", zwinkerte er dem völlig verdatterten Reporter zu, setzte seinen Weg durch die tanzende Menge fort.
Diesmal hielt er dabei jedoch Jins Hand. Vielleicht nicht nur, damit sie nicht getrennt werden konnten. Sondern auch als Erkennungszeichen. Dass sie zusammen gehörten.
Sicher einer der Gründe, warum Jins Herzschlag sich kontinuierlich beschleunigte.
Ein anderer Grund war die Tatsache, dass sie Rocky näher kamen, der in einer Ecke der Tanzfläche stand. Die Hände vor dem Schritt gefaltet hielt er bedrohlich dreinblickend Ausschau nach möglichem Störpotential in Form von Bedrunkenen oder Pöblern.
Jin schluckte den Kloß in seinem Hals hinunter.
Namjoon hingegen schien absolut keine Bedenken zu haben, sich vor den breiten Türsteher zu stellen.
Dieser hob automatisch die Mundwinkel, als er Jin erkannte. Sein Blick fiel auf die mit Namjoon verschlungene Hand.
"Ein Séparée ist noch frei.", quietschte er mit seiner hohen Stimme, deutete mit einer Geste hinter sich.
"Sehr nettes Angebot, ich denke später darüber nach.", meinte Namjoon. "Jetzt sind wir allerdings erst einmal beruflich hier.", er hielt dem Türsteher seinen Dienstausweis vor die Nase.
Rocky starrte ihn mit großen Augen an, blickte kurz hilfesuchend zu Jin, der ihn mit sanfter Stimme beruhigte: "Keine Sorge, er will dich nur etwas fragen."
"Das darf ich nicht.", schüttelte der Hüne vehement mit dem Kopf. "Ich darf nicht mit Fremden reden."
Namjoon runzelte verwirrt die Stirn: "Aber du kennst Jin."
Rocky nickte: "Aber dich nicht."
"Mein Name steht da.", der Ermittler tippte mit dem Zeigefinger auf seinen Dienstausweis.
Die Augen zu Schlitzen verengt versuchte der Türsteher die Schriftzeichen in der dunklen Beleuchtung zu entziffern, wirkte dabei so unbeholfen wie ein Kind.
"Du heißt auch Kim.", stellte er lachend fest. "So wie du. Das ist witzig.", er zeigte auf Jin, stach ihm dabei so hart gegen die Brust, dass dem Reporter kurz die Luft wegblieb.
Erneut zweifelte er daran, dass Rocky tatsächlich als Verdächtiger in Frage kam. So unbeholfen, wie er sich anderen gegenüber verhielt und nicht einmal selbst seine Kraft einschätzen konnte.
Augenscheinlich dachte Namjoon dasselbe, warf er Jin doch einen vielsagenden Blick zu.
Sofort widmete er sich jedoch wieder dem Türsteher.
"Okay, jetzt kennst du meinen Namen. Darf ich dir nun also ein paar Fragen stellen?", hakte er nach.
"Das ist der Moment, in welchem ich mich in diesen Dialog einreihen muss."
Jin und Namjoon drehten sich gleichzeitig zu der Stimme um.
Wenig überraschend stand Taehyung vor ihnen. Wie immer gehüllt in einen seiner obligatorischen Morgenmäntel.
Diesmal aus glänzend schwarzem Samt, welcher mit hunderten dunkelroter Rosen bestickt war.
Jin konnte nicht ausmachen, ob diese künstlich oder tatsächlich echt waren.
Da der Clubbesitzer allerdings einen intensiven süßen Geruch verströmte, war letzteres durchaus wahrscheinlich. Und würde auch zu ihm passen.
"Rocky ist nicht nur mein geschätzter Mitarbeiter, sondern gehört ebenso zu dem ausgesuchten Kollektiv, welches mir besonders nahe steht.", erklärte Taehyung, hob unterstreichend die Brauen, leckte sich zusätzlich über die Unterlippe.
"Das heißt?", fragte Namjoon nach. Ihm war anzusehen, wie wenig er von der künstlichen Attitüde seines Gegenübers hielt.
Der Blauhaarige verzog die dunkel geschminkten Lippen zu einem süffisanten Lächeln: "Wie jeder meiner Untergebenen bat ich auch Rocky, eine Erklärung zur Verschwiegenheit zu unterzeichnen. Jegliche Fragen dürfen demnach nur mit meiner ausdrücklichen Erlaubnis und selbstverständlich explizit nur in meiner Anwesenheit gestellt werden."
Mit den Augen rollend seufzte Namjoon frustriert auf.
"Von mir aus. Gehen wir nach da hinten, wo es ruhiger ist.", schlug er vor.
Taehyung lachte künstlich auf, verdeckte den Mund mit dem Handrücken.
"Nun, wenn du mit ruhig das erregte Stöhnen der Gäste meinst, die sich auf dieser exquisiten Feier gefunden haben und nun ihre verschwitzten Körper..."
"Schon gut, ich hab verstanden.", unterbrach Namjoon die ausschweifende Beschreibung. "Gibt es hier irgendwo einen Raum, wo keiner vögelt?"
Der Clubbesitzer schien tief getroffen von der doch recht direkten Ausdrucksweise.
Schnell besann er sich jedoch zu antworten: "Meine private Lounge steht für derartige Gespräche zur Verfügung."
Er zeigte den Umstehenden ihm zu folgen.
Jin verlor jegliche Gesichtsfarbe, als er feststellen musste, dass Taehyung sie erneut mitten durch die Tanzfläche bugiserte.
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Artifice //Namjin//
FanfictionEr, der junge Journalist, der zum ersten Mal mit der grausamen und blutigen Realität konfrontiert wird, trifft auf den ernsten Ermittler, der eigentlich lieber alleine arbeitet. Werden sie ihre gegenseitige Abneigung und die Streitereien auf Eis leg...