Als würde er ein seltenes exklusives Kunstwerk betrachten, nahm er jedes noch so kleine Detail auf.
Den leichten Glanz auf der Stirn, den sanften Schwung der Brauen. Die dünne Strähne, die sich ins Blickfeld geschlichen hatte und bei jedem Blinzeln hoch und runter wippte.
Die dunklen Wimpern am halb geschlossenen Lid, die einen Schatten auf die Wangenknochen warfen.
Ein leichter Bartschatten das kantige Kinn entlang.
Auch die Mimik studierte er genauestens. Jede noch so kleine Angewohnheit.
Ein Stirnrunzeln oder die sanfte Furche über der Nasenwurzel, wenn die Augenbrauen sich zusammenzogen.
Die Bewegung der Wangen, immer wenn auf die Innenseite gebissen wurde.
Lippen, die immer wieder durch die Zunge befeuchtet wurden und diesen so einen leichten Glanz verliehen.
"Was tust du?", fragte Namjoon stirnrunzelnd.
"Dich beobachten.", antwortete Jin wahrheitsgemäß.
Skeptisch hob der Ermittler eine Braue: "Gibt es dafür einen speziellen Grund?"
"Außer den, dass ich dich wirklich äusserst attraktiv finde?", fragte der Blonde grinsend und erhielt als Antwort von seinem Gegenüber nur ein ungläubiges Schnauben.
"Selbst wenn ich die Stirn runzel und mit den Augen rolle, weil diese Musikvideo teilweise wirklich unsagbar schlecht sind?", hakte er nach.
Jin nickte lächelnd: "Dann sogar am meisten."
"Du bist seltsam.", stellte Namjoon fest.
Schulterzuckend entgegnete der Reporter: "Und trotzdem hälst du es mit mir aus."
"Vielleicht bin ich ein guter Schauspieler."
"Bist du nicht.", schüttelte Jin lächelnd mit dem Kopf.
Der Dunkelhaarige senkte den Blick nach einem kurzen Stirnrunzeln wieder auf den Bildschirm vor sich.
"Warum nochmal schaue ich mir das an?", fragte er seufzend.
"Du wolltest meine Aufzeichnungen überprüfen.", erklärte Jin und erinnerte sich an das Wortgefecht, welches sie vor gut zwei Stunden geführt hatten. In dem Namjoon einfach nicht glauben wollte, dass die Recherche des Reporters detailliert genug war und entsprechende Beweise enthielt, um nicht nur dem aktuell leitenden Staatsanwalt vorgelegt werden zu können.
Sondern sogar einen Grund enthielt, dass dieser Yoongi doch noch einmal vorgeladen werden kann.
Laut Jins Nachforschung hatte tatsächlich jedes der Opfer mindestens einmal mit dem Produzenten zusammengearbeitet.
Inklusive einzelner Erwähnung in den Credits eines jeden dazu gedrehten Musikvideos.
"Schon gut, ich glaube dir ja.", entnervt klappte Namjoon den Laptop zu. "Noch länger ertrage ich dieses Gehopse und scheinheilige gestellte Grinsen nicht."
Jin musste wirklich mit sich kämpfen, sein Gegenüber nicht noch mit einem dummen Spruch zu provozieren. Wahrscheinlich war er eh gestraft genug damit, sich durch die Playlist der jeweiligen Opfer hören zu müssen.
"Kaum zu glauben, dass du sowas auch gemacht hast.", fügte der Ermittler kopfschüttelnd hinzu.
"Es gehört dazu.", gab Jin lächelnd zurück. "Und manchmal hat es auch wirklich Spaß gemacht."
Namjoon blickte nachdenklich zu ihm.
"Was passiert eigentlich, wenn ich deinen Namen in die Suchleiste eingebe?", sinnierte er, klappte den Laptop wieder auf.
Alarmiert zuckte Jin zusammen, sprang schnell vom Esstisch auf und konnte gerade noch rechtzeitig den Laptop erreichen, um ihn gesräuschvoll zuzuschalgen.
"Wenn du mich weiterhin ernst nehmen willst, lässt du das lieber.", erklärte der Reporter seinen Gefühlsausbruch.
Die Augen verengt verzog Namjoon die Lippen zu einem zynischen Lächeln: "Dir ist schon klar, dass mich so ein Kommentar nur noch neugieriger macht."
"Unterdrück deine Neugier.", forderte Jin.
"Ich könnte es heimlich anschauen."
"Dann trenne ich mich von dir.", kam die Worte so schnell über Jins Lippen, dass er schockiert den Atem anhielt.
"Wir sind zusammen?", fragte Namjoon überrascht.
Zum Atemstillstand kam nun auch noch ein Herzinfarkt. Zumindest fühlte es sich so an.
"Nicht?", fragte Jin stockend. Seine Stimme einem leisen Hauch gleich. Und eine winzige Spurz zu hoch.
Mit klopfendem Herzen beobachtete er den Ermittler, der eindeutig eine Spur zu lange darüber nachdachte.
"Wenn ich jetzt was falsches sage, wirfst du mich raus.", stellte er gedankenversunken fest. "Und es regnet."
"Und du trägst keine Hose.", fügte Jin hinzu.
Namjoon sah an sich herunter, als wäre ihm erst jetzt wieder eingefallen, dass er vorhin duschen war und lediglich Boxershorts trug.
"Stimmt. Echt verzwickt.", gab er zu.
Jin hingegen verschränkte die Arme, blickte skeptisch zu ihm herunter.
Er versuchte seine aktuelle Unsicherheit so zu überspielen. Vielleicht auch, weil er nicht wusste, ob dieses Geplänkel zwischen ihnen gerade wirklich nur Spaß war.
Erst als Namjoon sein Lachen nicht mehr zurückhalten konnte und Jin auf seinen Schoß zog, entspannte dieser sich allmählich wieder.
"Nun guck nicht so bedröppelt.", grinste der Dunkelhaarige, vergrub dabei sein Gesicht im Nacken des anderen. "Ich glaube, den Zenit als Affäre haben wir lange überschritten."
Jin spürte das warme Flattern in seinem Bauch. Nicht nur wegen der sanften Berührung. In erster Linie aufgund der Worte.
Endlich hatte er seine Antwort.
Die sich anders anfühlte, als erwartet. Besser. Schöner. Liebevoller.
"Heißt das, du...", Jin traute sich nicht, es auszusprechen. Aus Angst, die Worte, hätten sie erst einmal seine Lippen verlassen, könnten zerbrechen wie Glas.
Noch immer hielt Namjoon ihn auf seinem Schoß, umarmte ihn von hinten und strich zärtlich über den Bauch des Blonden.
Im Gegensatz zu dem Ermittler hatte Jin es zumindest noch geschafft, nach dem Duschen in eine Trainingshose zu schlüpfen. Sein Oberkörper war allerdings ebenfalls unbedeckt und die Berührungen dafür umso intensiver.
"Du weißt mehr über mich, als jeder andere.", sprach Namjoon leise, küsste dabei immer wieder Jins Schultern und Nacken. "Ich denke, das ist Antwort genug."
Selbst wenn nicht, hätte der Reporter dem eh nichts mehr entgegen zu setzen gehabt. Dazu war er nicht mehr in der Lage seit dem Moment, als Namjoons Hand langsam unter den Bund der Trainingshose gewandert war.
Mit geschlossenen Augen genoss Jin das erregende Spiel und vergaß darüber jede Frage, die gerade noch in seinem Kopf vorging.
DU LIEST GERADE
Artifice //Namjin//
FanfictionEr, der junge Journalist, der zum ersten Mal mit der grausamen und blutigen Realität konfrontiert wird, trifft auf den ernsten Ermittler, der eigentlich lieber alleine arbeitet. Werden sie ihre gegenseitige Abneigung und die Streitereien auf Eis leg...