Kapitel 80

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Mit zusammengekniffenen Augen versuchte Jin einigermaßen etwas zu erkennen.

Die Scheibenwischer arbeiteten bereits auf der höchsten Stufe, aber der strömende Regen war einfach zu stark und jedes Mal, wenn die Scheibe gerade frei war, landete ein neuer Schwall Wasser von der Gegenfahrbahn darauf, weil irgendein Auto durch eine Pfütze fuhr.

Obwohl man es wohl kaum noch als Pfütze bezeichnen konnte.

Nach wochenlangen Regenschauern hatten sich die Straßen mitlerweile in Kanäle verwandelt.

Die Abflüsse der Kanalisation waren längst an ihre Grenzen gestoßen.

Mögliche Schlaglöcher oder gar Hindernisse wurden durch das stehende Wasser zu gefährlichen Unfallschwerpunkten, was die tägliche Rush Hour mit zusätzlichen Staus nur noch verlängerte.

Man musste nicht erwähnen, dass somit alle Verkehrsteilnehmer unnötig gestresst waren und sich das in einer agressiven Fahrweise und wildem Hupen äusserte.

"Verrätst du mir eigentlich auch, wo genau wir hinfahren?", fragte Jin allmählich genervt. Bereits zum dritten Mal hatte sich ein anderes Fahrzeug vor ihn gedrängt.

"Zu einem Kurier-Unternehmen.", erklärte Namjoon ruhig. Kein Wunder, er musste ja auch nicht fahren. "Ich hab Yun ein paar Nachforschungen zu diesen Lilien anstellen lassen."

Jin horchte auf: "Was hat sie herausfinden können?", wütend hupte er, als der vor ihm fahrende ohne Vorwarnung bremste.

"Es ist wohl eine ziemlich seltene Sorte, die extra aus Japan eingeflogen wird und nur von zwei Gärtnereien in Korea verkauft.", stirnrunzelnd versuchte Namjoon das absichtliche Aufheulen des Motors zu ignorieren.

"Und was hat ein Kurier damit zu tun?", hakte Jin nach.

Der Ermittler hielt sich zwischenzeitlich sogar am Türgriff fest: "dadurch, dass diese Blumen so teuer sind, werden sie ausschließlich von einem Unternehmen exklusiv verliefert. Und innerhalb dieses Unternehmens von lediglich zwei Mitarbeitern."

Jin nickte.

Das war gar kein schlechter Ansatz.

Wenn diese Blume tatsächlich so selten war, sollte man doch irgendwie an die Leute rankommen, welche entweder selbige besaßen oder zumindest in direkten Kontakt mit ihnen kamen.

"Der eine Kurier ist wohl seit über einem Monat krank.", erklärte Namjoon weiter. "Aber der andere hat nachweislich innerhalb der letzten Wochen etwa ein Dutzend dieser Lieferungen abgearbeitet."

"In Ordnung.", erneut nickte der Reporter. "Wie heißt unser Verdächtiger?"

Weil Namjoon erst nicht antwortete, drehte Jin den Kopf kurz in seine Richtung, blickte ihn fragend an.

"Du versprichst, dich nicht aufzuregen?", sicherte der Ermittler sich vorher ab und fügte erst nach dem bestätigten Nicken hinzu: "Park Jimin."

"Sehr witzig.", lachte der Blonde. "Okay, wer ist es wirklich?"

Auch diesmal blieb der Ermittler ruhig.

"Das ist ein Scherz, nicht wahr? Wie kommst du ausgerechnet auf Jimin?", fragte Jin fassungslos und war froh über die rote Ampel vor sich. Immerhin hatte er nun Gelegenheit seinen Beifahrer genauer unter die Lupe zu nehmen.

Artifice //Namjin//Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt