Kapitel 68

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Er hatte die Musik so laut, dass er das Klingeln erst nicht richtig gehört hatte und für die Hintergrundmelodie des aktuellen Songs hielt.

Erst, als der langgezogene Pfeifton partout nicht aufhören wollte, eilte er schnurstracks zur Tür.

"Yun, was tust du hier?", stellte er überrascht fest, als die junge Frau vor ihm stand. "Ist was passiert?"

Vor zwei Stunden hatte er sie wie versprochen am Revier abgesetzt.

Dieser Sejin erwartete sie bereits am Haupteingang, weshalb sie wohl so aufgeregt war und fluchtartig den Wagen verlassen hatte.

Jin hoffte, sie würde nicht allzu viel Ärger bekommen.

War sie deswegen jetzt hier? Weil es doch aufgeflogen war, dass sie Namjoon und ihn verbotenerweise in die Wohnung dieses Hoseok gelassen hatte?

"Allerdings.", Yuns Blick verdunkelte sich, als sie unvermittelt zur Seite griff und eine andere ihm wohl bekannte Person in die Wohnung schob.

"Namjoon.", schnappte Jin erschrocken nach Luft.

Der Ermittler sah furchtbar aus.

Vollkommen durchnässt, das Hemd halb zerissen und schmutzig.

Auf seiner Stirn, unterhalb des rechten Haaransatzes war ein blutender Kratzer zu erkennen.

"Du blutest.", stellte der Reporter entsetzt fest, strich mit dem Daumen über die Wunde.

Namjoon drehte den Kopf weg.

Yun dagegen schnaubte wütend: "Das ist gar nichts. Du solltest mal den anderen sehen."

"Den anderen?", Jin blickte die Polizistin fragend an, als sie ihr Mobiltelefon hervorzog und laut vorlas: "Gebrochene Nase, zwei ausgeschlagene Zähne und eine schwere Rippenprellung."

Sie drehte das Handy zu Jin, der fassungslos auf den Bildschirm starrte.

"Das ist Eric.", stammelte er. "Du hast Eric zusammengeschlagen?"

Immer wieder blickte er zwischen dem stummen Ermittler und dem Foto hin und her. Auf dem war gut zu erkennen, wie lädiert der Sänger eigentlich war.

Das Gesicht beinahe auf die doppelte Größe angeschwollen, mit mehreren tiefen Schnitten und aufgeplatzten Stellen.

"Klärt das unter euch. Ich hab ihn nur hergebracht.", meinte Yun schulterzuckend. Sie war bereits wieder im Begriff zu gehen, als sie noch einmal den Kopf zur Tür reinsteckte. "Übrigens eine echt schicke Wohnung."

Schließlich war sie doch verschwunden und Jin schloss die Wohnungstür leise.

Sekundenlang stand er einfach nur dort, die Klinke in der Hand. Ehe er sich zögerlich zu Namjoon umdrehte.

"Bist du von allen guten Geistern verlassen?", sprach er erst leise, wurde jedoch mit jedem Wort lauter. "Wieso verprügelst du Eric?"

Der Ermittler wich ihm aus, drehte sich weg, doch Jin griff automatisch nach dessen Arm.

"Rede mit mir!", herrschte er ihn an.

"Er hat versucht, dich zu vergewaltigen. Soll ich das einfach so stehen lassen?", kam es ebenso laut zurück.

"Nein, aber...", Jin suchte nach Argumenten, doch nichts fiel ihm ein. "Du bist Polizist."

Namjoon verzog die Lippen zu einem Grinsen, das allerdings mehr einer Grimasse ähnelte: "Aktuell nicht."

"Wenn du sowas tust, wirst du es auch nicht mehr.", schnaubte Jin fassunsglos. War ihm nicht klar, wie dumm seine Aktion war?

"Also schaue ich beim nächsten Mal einfach zu, wenn du in Gefahr bist?", fragte Namjoon provokant, winkte dann jedoch ab. "Ich gehe duschen."

Artifice //Namjin//Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt