Artifice //Namjin//

Kapitel 47

Langsam schlürfte Jin den Hausflur entlang. Er konnte kaum noch die Augen offen halten.

Dennoch war er so glücklich, dass er einfach nicht aufhören konnte, zu grinsen.

Noch mehr als eine Stunde hatte er mit Namjoon auf dem Dach des Polizeireviers verbracht und einfach nur seine Nähe genossen.

Und seine Hände, die sich ausgiebig revanchiert hatten. Aber das war eher nebensächlich.

Etwas war zwischen ihnen passiert.

Als ob dieses unsichtbare Band, dass sie beide miteinander verschmolzen hatte, noch ein wenig reißfester geworden war.

Weil sie nun etwas besaßen, an dem kein anderer teilhaben konnte.

Jin war endlich bei seiner Wohnungstür angekommen und lehnte die Stirn gegen das kühle Kunststoff. Er wollte duschen und dann nur noch ins Bett.

Keine Ahnung, wie Namjoon diesen ständigen Schlafmangel aushielt. Und dabei trotzdem noch so verdammt gut aussah.

Schon wieder musste Jin grinsen, als ihm automatisch die Bilder der letzten Stunden ins Gedächtnis schossen.

War es verwerflich, dass er gerade so sorglos war? Weil er sich so gut fühlte, wie lange nicht mehr?

Scheinbar schon. Denn das Universum verpasste ihm einen so gewaltigen Dämpfer, dass er direkt einen Schritt zurücksprang, als die Tür der Nachbarwohnung sich öffnete und er einen altbekannten blauen Haarschopf entdeckte.

"Taehyung?", keuchte Jin erschrocken auf. Und fügte nicht weniger schockiert hinzu: "Und Jungkook?"

"Jin.", begrüßte der Nachbarsjunge ihn lächelnd. "Bist du hingefallen?"

Der Reporter folgte mit den Augen Jungkooks Fingerzeig und blickte auf die fleckigen nassen Knie seiner hellen Jeans.

Taehyung verzog die Lippen zu einem wissenden Grinsen, als Jin nur nickte und somit versuchte, das Thema zu wechseln.

"Was macht ihr hier? Um diese Uhrzeit?", fragte er daher stattdessen.

"Tae ist mich besuchen gekommen und wir haben Playstation gespielt. Ich hab erst jetzt gemerkt, dass es so spät geworden ist.", antwortete Jungkook entschuldigend. "Meine Eltern sind eh auf Geschäftsreise. Eigentlich könnte er auch hier schlafen."

Jin und Taehyung riefen beide gleichzeitig wie aus der Pistole geschossen: "Nein!"

Was der Nachbarsjunge mit einem verwirrten Blick registrierte.

"Du hast morgen Schule.", beruhigte Taehyung sich direkt wieder.

"Es sind Ferien."

"Trotzdem.", wehrte der Blauhaarige ab. "Ich muss...", er suchte krampfhaft nach Worten.

Jungkook schaute ihn fragend an.

"Ich muss noch ganz dringend was mit Jin klären.", Taehyung ergriff den Oberarm des Reporters, der ihn verwirrt anschaute.

Er wurde das untrügliche Gefühl nicht los, dass der Barbesitzer in der Nähe von Jungkook seine sonst makellose und oftmals viel zu übertriebene Maskerade nicht aufrecht halten konnte.

"Los, lass uns zu dir gehen.", drängelte Taehyung, versuchte krampfhaft dem skeptischen Blick des Nachbarjungens auszuweichen.

Jin seufzte, tippte aber den Türcode ein, dass ein Summen ertönte und schließlich das Schloss entriegelte.

Kaum war das geschehen, wurde er auch schon unsanft in seine eigene Wohnung geschoben.

Was sollte eigentlich die Hektik?