Kapitel 50

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Das war eindeutig nicht seine Welt.

Hatte er sich bereits im Auto unwohl gefühlt, so verstärkte sich sein Fluchtinstinkt nun um das Hundertfache.

Ihm war ja klar, dass es hier drinnen sicherlich offener zugehen würde, als er es normalerweise gewohnt war. Und eigentlich bewegte er sich in Kreisen, die in erster Linie mit Freude und sehr kurzen Röcken zu tun hatten.

Hier handelte es sich immerhin um eine Tanzbar, die mit hübschen Hostessen warb.

Was ihn allerdings erwartete, war fernab seiner Vorstellungskraft.

Die angepriesenen Hostessen entpuppten sich schlichtweg als Stripperinnen, welche ihre halbnackten Körper an Poledance-Stangen rekelten.

Nicht nur, dass er noch nie zuvor so viele Frauen in wirklich knapper Unterwäsche gesehen hatte.

Ebenso viele, vorwiegend ältere Herrschaften mit halb geöffneten Hemden oder Anzughosen begafften selbige Frauen schmalos.

Fanden im Purple Heart oder ähnlichen Clubs irgendwelche Annäherungen in abgedunkelten Ecken oder gar dem Hinterhof statt, schienen hier dagegen keinerlei Hemmungen zu bestehen.

Jin dürfte gezwungenermaßen den unterschiedlichsten Praktiken beiwohnen und wünschte sich mit jeder Sekunde länger in diesem Laden nichts mehr, als sich einfach nur angewidert die Augen zu verdecken und ganz schnell den Rückweg anzutreten.

"Du drückst mir gleich die Blutzufuhr zu meinem Arm ab.", merkte Namjoon plötzlich leise an.

Jin sah zu ihm auf, bemerkte erst jetzt, dass er sich die ganze Zeit über an den Oberarm des Ermittlers geklammert hatte.

Schnell ließ er deshalb los, straffte seine Schultern und versuchte, so normal wie möglich zu wirken, während er Namjoon in kurzem Abstand folgte.

Wenn das überhaupt möglich war.

Dieser verzog dagegen praktisch keine Mine.

Er bewegte sich fast schon elegant und vollkommen sicher durch den Eingangsbereich mit einer kleinen Bar hin zu einem Labyrinth aus schummrig beleuchteten Gängen und vorbei an einzelnen Räumen, dessen Türen entweder weit offen standen und man bei einem Blick hinein meist ein riesiges Bett entdecken konnte. Oder irgendwecleh Gerätschaften, die Jin lieber nicht näher erklärt bekommen wollte.

Was hinter den verschlosenen Türen gerade stattfand, konnte man dank der zu vernehmenden Geräuschkulissse entsprechend erahnen.

Und sowas gefiel Namjoon? Ernsthaft?

Halbnackte Frauen, die mit eindeutigen Gesten auf sich aufmerksam machten oder direkt anpriesen, was sie für wieviel zu boten hatten?

Konnte er sich wirklich ernsthaft so in dem Ermittler getäuscht haben?

Aber warum hatte er sich dann überhaupt auf Jin eingelassen, wenn er doch hier theoretisch alles bekam, was er sich wünschte? Und wahrscheinlich noch viel mehr.

"Was überlegts du?", fragte Namjoon plötzlich, schürzte die Lippen.

Jin war froh darüber, dass die Grundfarbe der Umgebung bereits das klischeehafte Rot war und man somit nicht erkennen konnte, dass nun auch seine Wangen im selben Farbton glühten.

Umständlich räusperte er sich: "Du bist oft hier?", erkundigte er sich vorsichtig, beobachtete genau die Mimik seines Gegenübers.

"Wäre das so abwegig?", Namjoon ließ sich einfach nicht in die Karten schauen.

Was wirklich frustrierend war.

"Ermittler Kim."

Ein kleiner pummeliger glatzköpfiger Mann kam auf sie zugetrottet, einen gehetzetn Ausdruck in den winzigen Augen.

Artifice //Namjin//Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt