Kapitel 37

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"Wo warst du so lange? Der Chef ist auf 180.", Yun kam aufgeregt auf sie zugestürmt, die Hände in die Luft geworfen.

"Ich musste mich um Jin kümmern.", antwortete Namjoon vollkommen ausdruckslos. 

"Kümmern. Sicher.", man konnte den triefenden Sarkasmus aus Yuns Stimme hören.

So auch Namjoon, der aus seiner Lederjacke schlüpfte und diese seiner zweideutig grinsenden Assistentin in die Arme warf.

"Du hast selbst gesehen, wie es ihm ging. Jemand musste auf ihn aufpassen", zischte er ihr entgegen. Extra leise, wohl in der Hoffnung, Jin könne es nicht hören.

Falsch gedacht.

Der Reporter stand zwar etwas abseits und tat so, als würde er die neuesten Warnhinweise der örtlichen Polizeistation in einem Schaukasten studieren, aber seine Ohren waren gespitzt wie die eines Luchs.

Yun murrte unter dem Gewicht der schweren Jacke: "Zum Beispiel Ärzte im Krankenhaus? Der Sanitäter hat mit Sicherheit immer noch Angst, weil du ihn fast mit deiner Waffe bedroht hast."

Was bitte?

Jin versuchte einen unauffälligen Seitenblick zu Namjoon zu werfen.

Hatte er wirklich einen Arzt mit seiner Pistole, die er auch jetzt so wie immer in dem Pistolenholster um seine Schultern trug, bedroht? 

Nur, damit dieser Jin nicht mit ins Krankenhaus nahm?

War das überhaupt erlaubt?

"Reden wir nicht mehr darüber, in Ordnung? Ist er im Büro?", erkundigte sich Namjoon bei Yun, die erst stumm nickte und Jin dann ein strahlendes Grinsen schenkte.

"Wie geht es dir, Dornröschen?"

Jin lächelte: "Besser, danke. Wo geht er hin?"

"Joonie? Standpauke vom Boss abholen.", meinte sie so gleichgültig, als würden sie sich nur über das schlechte Wetter unterhalten.

"Standpauke? Aber?", verunsichert blickte Jin zu der mitlerweile verschlossenen Bürotür. 

Yun winkte ab: "Ach, keine Sorge. Er ist das schon gewohnt. Kaffee?"

Stirnrunzelnd blickte Jin auf die fröhlich hin und her tänzelnde junge Frau vor sich. Gelegentlich überforderten ihn diese schnellen Stimmungswechsel. 

Er versuchte ihr einigermaßen normal zu folgen, was gar nicht so einfach war, weil sie quasi in jedem Büro kurz abbog und gefühlt jeden einzelnen Mitarbeiter persönlich grüßte.

Eine gefühlte Ewigkeit später hatten sie unsagbare 10 Meter zurückgelegt und die Kaffeeküche war noch immer nicht in Sichtweite.

Dafür war der Gang hier prall gefüllt mit lauter mehr oder weniger bekannten Geischtern von der Feier der vergangenen Nacht. Alle noch immer gekleidet in ihre Partyoutfits.

"Sind das alles Zeugen?", erkundigte sich Jin neugierig.

Yun schaute ebenfalls in die Richtung der bunt glitzernden Masse von Menschen: "Ja, das waren vorhin noch viel mehr. Aber der Großteil ist zum Glück schon durch. Alle befragt, als du dich noch mit Joonie in den Laken gewälzt hast."

"Wir haben uns nicht...", begann Jin gerade, als ein ihm bekanntes Gesicht in seinem Blickfeld auftauchte. "Eric."

Der staunte nicht schlecht, wie sein Gesichtsausdruck verriet: "Wirst du auch befragt?"

"Ja, stimmt.", Yun hob nachdenklich den Zeigefinger zu ihrer Stupsnase. "Müssten wir dich nicht auch fragen, wo du in der besagten Nacht warst? Ich erinnere mich als letztes, dass du furchtbar böse geguckt hast, weil ich mit Joonie getanzt habe. Ungefähr so."

Artifice //Namjin//Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt