Zeiten ändern sich?

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~Vanessa~

Schwer atmend bewältigte ich die kurze Treppe zum Backstage Bereich. Sushi lief hinter mir und gab mir einen liebevollen Klaps auf den Hintern, was ich mit einem Grinsen über die Schulter kommentierte. Pascal war mit Kevin bereits in der Dusche verschwunden, wo keiner von uns jetzt freiwillig hinwollte. Verständlich.
„Haben sich die beiden Turteltauben wieder in die Dusche verzogen?“, fragte Oliver sarkastisch.
„Natürlich. Was denkst du denn?“, kicherte Flake.
„Dass sie nicht warten können bis wir wieder im Hotel sind!“, stöhnte Jappo genervt, „ich muss Pissen!“
„Tja, dein Pech“, setzte sich Daniel auf das Sofa in der Hand eine Flasche Bier, „Du wusstest es schon vorher, dass die Beiden diesen Raum für eine Weile blockieren.“
Ich hatte es mir auf den Schoß meines Freundes bequem gemacht. „Spätestens bis sie wieder auf der Bühne stehen müssen“, grinste Richard über beide Ohren.
David stand mit Christoph etwas abseits, wo sie sich liebevolle Blicke zuwarfen und sich angeregt unterhielten.
Läuft dort was?
Ich spürte wie mich zwei grüne Augen förmlich durchlöcherten, mich keinen Augenblick aus den Augen ließen.
Lässig stand Till an der Wand auf der anderen Seite in seinem schweren Kostüm.
„Leute ab mit euch auf die Bühne“, scheuchte Markus die Jungs in Richtung der Bühne, wo die Fans schon sehnsüchtig warteten.
Gebannt schaute ich vom Bühnenrand die Show an, umschlungen von meinem Freund, der sanfte Küsse auf meinen Nacken verteilte.
„Was hälst du von einem Nachtflug?“, raunte er in mein Ohr, was mir eine Gänsehaut bescherte.
„Klingt gut“, grinste ich und er vereinigte liebevoll unsere Lippen miteinander.
In der Gruppe stand die rothaarige Journalistin Ember, die uns argwöhnisch beobachtete.
Sie want schnell den Blick ab, als sie bemerkte, dass ich sie beobachtete. Ihre Wangen schimmerten im Bühnenlicht leicht rot.
Bildete ich es mir nur ein oder hatte sie ein Auge auf meinen Freund geworfen?
„Na, was treibt ihr denn so?“, wuschelte Jappo mir durch das Haar. „Die Show ansehen“, blickte ich zu ihm hinauf.
„Sie ist jeden Abend auf ein Neues faszinierend und lustig“, lachte mein Freund hinter mir.
„Wie lustig?“, legte der Tätowierte den Kopf schief.
„Na, ja in Gelsenkirchen hatte Paul angefangen einfach zu tanzen oder Flakes Keyboards waren mit Klebeband am Boden festgeklebt.“ Jappo schaute uns aus großen Augen an.
„Echt?“, meinte er erstaunt, „Ich glaube da habe ich etwas verpasst.“
„Ja, hast du“, kicherte ich, als ich mich an die festgelebten Keyboards erinnerte, die Flake einfach nicht losbekam.
Erst der mürrische Till konnte diese vom Boden lösen, was er mit einem bösen Blick kommentierte.
Wenn Blicke töten könnten, wären wir alle vermutlich bereits tot.
Auf der Setlist stand als nächstes Shadow Boxing.
Die Lichter gingen abrupt aus, sodass vollkommene Finsternis herrschte. Eine neugierige Anspannung machte sich im Publikum breit.
Die Drummer setzten zuerst ein begleitet mit riesigen Feuerbällen, die in den dunkeln Himmel stiegen. Verzehrte Gitarren- Rifs dröhnten aus den vielen Boxen und die vier Gitarristen wurden beleuchtet.
Kevin und Flake teilten sich ein Keyboard, was komische Ogrelgeräusche von sich gab.
Ich glaubte die Beiden wollten uns ärgern, denn ein amüsiertes grinsen umspielte ihre Lippen.
Vor lauter Lachen hatte ich meinen Einsatz fast verpasst.
Ein leichter Stups in meine Rippen erinnerte mich daran.
Ein lächelnder Till blickte liebevoll auf mich hinab.
In weiter Ferne hörte ich Sushi verächtlich schnauben.
Was war er eigentlich immer so eifersüchtig?
Mein Freund wich den Rest des Liedes nicht mehr von meiner Seite und verscheuchte Till, wenn er mir zu nahekam.
Geht´s noch?
Merkte er eigentlich wie sehr er es übertreibte?
Nach einer Stunde war das Konzert zuende und die Rammsteiner kamen verschwitzt von der Bühne.
Ich musste mit Till reden, doch dieser kam mir zuvor.
Behutsam zog er mich vor den Hintereingang, wo der Riese die Tür schloss.
Ein kühler Wind wehte durch die Luft.
„Lange halte ich dies nicht mehr durch“, knurrte er, „Kannst du ihn nicht mal an die Leine legen?“
Mit verschränkten Armen vor der Brust stand er beleidigt vor mir.
„Wie soll ich dies bitte schön anstellen?“, meinte ich ruhig, „Ich weiß doch selbst, dass er maßlos übertreibt.“
„Verstehen kann ich ihn ja“, entspannte sich der Riese, „Wärst du meine Freundin, würde ich auch so reagieren.“
Was sollte dies jetzt?
Versuchte er mit mir zu flirten?
Die Sache würde gewaltig nach hinten losgehen, weshalb ich darauf auch nicht antwortete.
„Tut mir leid. So war das nicht gemeint“, nuschelte er in seinen Bart, der nicht vorhanden war und steckte die Arme für eine Umarmung aus. Schmunzelnd begab ich mich in seine Arme.
Wie sanft er doch auch sein kann. „Du?“, ich hob den Kopf, um in seine Augen blicken zu können, „Ich kann heute Abend nicht.“
Seine Mundwinkel zuckten nach unten.
„Dann werde ich wohl alleine fliegen müssen“, drückte er mich noch einmal fest an seine Brust, „Wir sollten wieder rein gehen, zudem wird es langsam auch etwas kalt.“
„Wo warst du?“, empfing mich Sushi besorgt.
Verwirrt blinzelte ich ihn an und schaute dann nach hinten, wo ich eigentlich Till erwartete.
Doch der riesige Mann war verschwunden.
Hatte ich das alles nur geträumt?
„Ich war draußen“, antwortete ich leicht verwirrt.
„Was hast du denn draußen gemacht?“, schlang er einen Arm um meine Taille, „Es ist doch arschkalt.“
„Ich weiß es nicht.“

Zerbrochene Welt (Eskimo Callboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt