Der letzte Kampf

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~Vanessa/Till~

Mein Blick hatte ich stur geradeaus gerichtet, durfte mich nicht ablenken lassen. Alles was zählte, war den Leviathan zu töten und nichts anderes. Auch wenn wir beide sterben würden, es zählte nicht.
Der Tod war keine Ausrede um nicht in den Kampf zu ziehen.
Sterben würde man sowieso. Manche eben früher als andere.
War das Leben jemals schonmal gerecht?
Das Blut pulsierte wild in meinen Adern, jeder Muskel war zum Zerreißen angespannt.
Heute wird es Enden, egal wie. Knackend brachen die steinharten Schuppen unter den Krallen, die mit Leichtigkeit in das weiche Fleisch versanken.
Warmes dunkelrotes Blut floss in einem kleinen Rinnsal hinab und färbte das Meer rot.
Immer tiefer versank ich in dem Fleisch am Hinterkopf, die einzigste Schwachstelle.
Zertrennte Muskeln und Sehen, doch das Monster lebte weiter.
Magie brachte hier nichts, fügte dem Leviathan keinen Schaden zu. Leviathane waren älter als wir Drachen, sodass sie einen ausgeprägteren Geist hatten, den man nicht durchbrechen konnte ohne vorher drauf zu gehen.
Ruckartig riss ich meine Krallen aus dem Kopf mit der gesamten Haut. In meinen Ohren rauschte das Blut, der Kopf war wie in Watte gepackt, obwohl zwei Körper in einem steckten.
Wer hatte die Kontrolle? Oder kontrollierten wir alles gemeinsam? Zu einer Masse verschmolzen.
Es war mir egal. Die Hauptsache war, dass der Leviathan getötet wird.
Wer weiß was er sonst anstellen würde?
Eine massive Schädeldecke beschützte das weiche Gehirn.
Unser Objekt der Begierde.
Musste alles immer so schwer sein? Knurrend drehte sich der Kopf um, die schwarzen Pupillen schmale Schlitze.
Ich schluckte schwer.
Ein markerschütterndes Brüllen drang aus seiner Kehle was mich aus meiner Flugbahn schleuderte, anschließend ummantelte mich die Hitze des Feuers wie eine warme Decke.
Taumelnd fing ich mich wieder, kurz bevor ich in das Meer gestürzt wäre. Adrenalin gemischt mit Angst durchströmte meine Adern, während ich mich rasant schnell auf das Ungeheuer zu schnellte. Mein Blick nur auf diesen Kampf gerichtet. Diesen letzten Kampf.
Gefühle hatte ich in die hinterste Ecke meines Kopfes eingesperrt.
Alles was zählte war das Hier und Jetzt. Nicht was um mich herum passierte.
Nicht was meine Freunde taten. Wie ein Pfeil fiel ich im Sturzflug hinab auf die Schädeldecke um diese zu durchbrechen.
Ein leises Knacken durchfuhr meinen Körper, was was Gutes verhieß.
Doch meine Leune wurde bei dem Anblick von einem winzigen Haarnadelriss getrübt.
Genervt blickte ich auf die Stelle im Schädel.
Der Kampf würde länger dauern als erwartet.
In mir keimte die Angst es nicht zu schaffen.
Sondern auf voller Linie zu versagen.
Blickte ich den Tod bereits lächelnd ins Gesicht. Sollte so mein Leben enden?
War mein Schicksal so bestimmt gewesen?
Nein, so durfte und sollte es nicht enden, auch wenn ich kaum noch Hoffnung hatte.
Ich musste es für die Menschheit tun. Wenn ich sterbe und den Leviathan nicht erledige werden sie auch gnadenlos untergehen.
Brennende, blutige schmerzhafte Fleischwunden zierten meinen Körper, nachdem das Monster meinte es müsste mal mit Krallen nach mir schlagen.
Ich war sauer richtig sauer.
Brüllend schmiss ich mich auf die Schädeldecke und feuerte ununterbrochen Plasma darauf. Irgendwann würde sie schon zerbersten.
Unter einer schwarzen Rauchwolke und einem ohrenbetäubenden Krach zerbrach die massive Schädeldecke. Atemlos starrte ich auf das rosa Fleisch durchzogen mit feinen roten Blutgefäßen.
Hilflos versuchte der Leviathan mich von seiner Schwachstelle los zu bekommen, doch es gelang ihm nicht. Blutgefäße zerplatzten wie Seifenblasen unter meinen Krallen, während ich sie tief in das weiche Fleisch grub.
Ein erstickter, letzter Schrei drang aus seiner Kehle, bevor sein angespannter Körper erschlaffte und das Leben aus ihm wich.
In mir machte sich Erleichterung breit, wobei alles unsichtbaren Sorgen von mir abfielen.
Wir hatten es geschafft.
Doch eine Schwierigkeit stand noch bevor.
Wir mussten unsere Körper wieder von einander trennen.
Ich schloss die Augen und atmete tief durch.
Zitternd lösten sich die Geister voneinander und ich spürte wie mein Körper es auch tat, als würde irgendetwas fest an mir kleben und dies würde jetzt schmerzhaft von mir entfernt werden.
So fühlte es sich also an, wenn ein Teil von dir entfernt wurde. Verdammt schmerzhaft.
Schlimmer als wenn dein Feind seine Krallen erbarmungslos in dein Leib schlug.
Mir wurde vor Schmerzen schwindelig und ich drohte das Bewusstsein zu verlieren.
Sterne tanzten vor meinem inneren Auge und ich driftete in das Schwarze.
In das pure Nichts.         

Zerbrochene Welt (Eskimo Callboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt