Er hatte mich aufgegeben

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~Vanessa~
Tiefe Dunkelheit umhüllte meinen Körper, dazu herrschte eine unerträgliche Stille.
Wo war ich hier eigentlich?
Was war passiert?
Da war dieser Kampf auf dem Meer gegen ein Leviathan.
Ich hatte mich mit Till verbunden, doch dann verschwanden die Erinnerungen.
Hatten wir gewonnen?
Wo war eigentlich der Rest von uns? In mir breitete sich Unruhe aus.
War ich tot?
Nein, dass durfte nicht sein.
Ich wollte meinen Freund nicht im Stich lassen, den verrückten Haufen, den ich meine Familie nannte.
Vor mit tauchte plötzlich ein schwacher Lichtschein auf.
Wo kam dieser denn jetzt auf einmal her?
Meine Beine rannten in Richtung des Lichts, doch auch die Dunkelheit zerrte an mir.
Die Dunkelheit.
Wenn ich dahin renne wäre alles vorbei, ich würde nie wieder zu meinen Freunden zurückkehren können.
Vor ein paar Jahren hätte ich dies nicht gewollt.
Jetzt wollte ich nur noch zu meinem Freund.
Ich rannte immer und immer schneller in Richtung Licht und ließ die Dunkelheit weit hinter mir.
Die unerträgliche Stille verschwand, stattdessen hörte man jetzt ein gleichmäßiges Piepen.
Ich musste mich in einem Krankenhaus befinden, dämmerte es mir.
Also war ich noch am Leben.
Lebte Till auch noch?
Das Piepen wurde als lauter und beinah unerträglich, während das Licht als Heller wurde.
Mein Mund fühlte sich wahnsinnig trocken an, genauso wie der rest. Total ausgetrocknet.
„Machen Sie sich nicht allzu viele Hoffnungen, dass sie wach wird“, hörte ich eine weibliche Stimme, „Sie liegt schon seit 3 Monaten im Koma und gibt keine Zeichen von sich, dass sie aufwachen wird.“
„Sie wird aufwachen!“, meinte eine männliche Stimme fest, doch zweifelnd. Sushi.
„Sie wird aufwachen“, meinte er mehr zu sich selbst, „Ich kann sie nicht aufgeben! Till hat es doch auch geschafft.“
„Er hat ja auch wesentlich mehr Masse“, nuschelte die Krankenschwester.
Ich verkniff mir ein Lachen, während Sushi nur genervt brummte.
„Sie lieben sie“, meinte sie, „Habe ich recht?“
„Mehr als alles andere auf der dieser Welt“, er schluckte schwer, „Wenn ich könnte würde ich mit ihr tauschen.“ Er schluckte nochmal.
Scheinbar kämpfte er gerade mit den Tränen
„Sie sollten anfangen loszulassen“, meinte sie eingeschüchtert.
„NEIN!“, fauchte er.
„Was ist mit ihren Augen?“, meinte sie erschrocken.
„Was soll damit sein?“, blaffte Sushi, „Noch nie einen Drachen gesehen?“ Es herrschte kurz Stille.
„Meine Freundin hat die verdammte Welt gerettet und dies schon zum zweiten Mal“, er war in Rache, verdammt wütend, „Und das ist der Dank dafür. Ihr lasst sie sterben?“ Vorsichtig öffnete ich die Augen, um sie gleich wieder zu schließen.
Noch ein Versuch, nur dieses Mal langsamer.
Mit der Zeit hatten sich meine Augen an das helle Licht gewöhnt.
„D…d…das wusste ich nicht“, nuschelte die Krankenschwester, die sich ängstlich an die Wand gepresst hatte.
„Das weiß auch keiner“, zischte mein Freund, dessen Augen rot glühten.
An seinem Arm schlängelten sich bereits Schuppen entlang.
Für sie war es jetzt besser den Mund zu halten, was sie auch tat.
„Jedes Mal riskieren wir unser Leben“, fauchte er, „Und der Dank dafür ist das wir verhöhnt werden.“ Am Ende wurde er leiser und brach in Tränen aus.
Vorsichtig legte die Schwester eine Hand auf seine Schulter.
„Tut mit leid wegen dem Wutausbruch“, nuschelte er.
„Ist schon in Ordnung“, winkte sie ab, „Ich kann sie verstehen.“
Die Krankenschwester im weißen Kittel überlegte scheinbar was sie als Nächstes sagen sollte.
„Es ist schwer jemanden zu verlieren den man liebt“, fing sie an, „Ich habe vor zwei Jahren meinen Verlobten bei einem Verkehrsunfall verloren. Ich verstehe wie sie sich fühlen.“
Sushi blickte sie wehleidig an mit rot geschwollenen Augen.
Hallo?
Ich war noch nicht tot.
Ich lebe.
Wieso wollte kein verdammtes Wort übermeine Lippen kommen?
Ich war bloß nur ein stiller >
Zuschauer, wie bei einem Theaterstück, nur dass es hier um mich ging.
„Ich lasse sie jetzt alleine“, meinte sie ruhig, „Nehmen sie sich soviel Zeit wie sie wollen.“
Sushi nickte kaum merklich.
Leise fiel die Tür in das Schloss, woraufhin mein Freund wieder in Tränen ausbrach.
„Ich will dich nicht verlieren“, schlurzte er, „Ich brauche dich doch so sehr. Ich liebe dich doch.“
Konnte er nicht mal zu mir blicken? Dann hätte er bemerkt, dass ich wach war.
„Es tut mir so leid“, nuschelte er, „Es tut mir leid, dass ich dir nicht helfen konnte“, er want sich zum Gehen. „Sushi“, kam es krächzend aus meiner Kehle.
Doch er hörte es nicht mehr.
Tränen verließen meine Augen, nachdem die Tür in das Schloss fiel.

Zerbrochene Welt (Eskimo Callboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt