Fehler kann man nicht rückgängig machen

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~Till~

Ich hatte mich nicht mehr unter Kontrolle.
Dieses Mädchen raubte mir den Verstand, konnte nicht mehr klar denken.
Sehnsüchtig hatte ich meine Lippen auf ihre weichen gelegt.
Sie erwiderte ihn nicht.
Was hatte ich auch anderes erwartet? Das sie ihn erwidert?
Sofort löste sich die Kleine von mir und zog schmerzvoll ihre Hand über meine Wange.
Das hatte ich wohl verdient.
Ihre Augen blitzten in einem gefährlichen grün/gelb im schwachen Mondlicht, ihre Pupillen schmale Schlitze, die mich bedrohlich anschauten.
Wortlos entfernte sie sich einige Schritte von mir, wo sie den schwarzen schuppigen Körper annahm.
Ohne zurück zu blicken breitete sie ihre mächtigen Schwingen aus und flog davon. Sie wurde eins mit der Nacht.
Frustriert raufte ich mir die Haare. Scheiße!
Was hatte mich dazu geritten sie zu küssen?
Ängstlich blickte ich in den Sternenhimmel.
Hoffentlich ist sie morgen früh wieder da.
Doch was ist, wenn nicht?
Leise schlich ich in mein Zimmer.
Im Flur herrschte eine toten Stille, die meine Schritte unerträglich laut erschienen ließen.
Mein Herz schlug wild gegen meinen bebenden Brustkorb, während ich leise die Zimmertür hinter mich schloss.
Wie sollte ich dies jemals wieder gut machen?
Kraftlos setzte ich mich auf das weiche Bett und vergrub mein Gesicht in den Händen.
Salzige Tränen stielten sich aus den Augen.
Wie sollte ich ihr je wieder in die Augen schauen können?
Ratlos starte ich an die dunkle Zimmerdecke. An Schlaf konnte ich nicht denken, dafür war mein Gemüt viel zu aufgewühlt.
Der nächste Morgen graute mir.
Mit eingezogenem Kopf betrat ich den Frühstücksraum.
Verunsichert ließ ich den Blick durch den Raum wandern.
Sushi war noch nicht da. Vielleicht war Vanessa wiedergekommen.
Am Buffet lud ich mir den Teller ordentlich voll.
„Ick weeß et doch nich“, rieb sich Paul den Kopf schmerzverzehrt.
Die Eskimos saßen putzmunter am Tisch, wobei die Rammsteiner fast von den Stühlen fielen. „Da hat wohl jemand einen Filmriss“, trällerte Simon fröhlich.
Poldernt flog die prächtige Flügeltür auf, die zum Frühstücksraum führte. In ihr stand ein wütender, aufgelöster Sushi, den man am besten jetzt nicht auf die Palme bringen sollte.
Ich schluckte schwer.
Wusste ich doch wieso der Sänger so reagierte.
Sie war also nicht wiedergekommen. Wo steckte sie bloß?
Mein Arsch lief wortwörtlich auf Grundeis und mein Herz rutschte tief in die Hose.
Der Kleine stapfte bedrohlich zu unserem Tisch.
„Was ist denn dir über die Leber gelaufen?“, fragte Pascal vorsichtig nach.
„Ja, ja“, fauchte er, „Wisst ihr Wo Vanessa steckt? Sie war heute Morgen nicht im Zimmer!“
Ratlos und schockiert blickten wir uns alle an.
Auf einmal waren die Rammsteiner hellwach.
„Wie sie ist nicht da?“, wiederholte Christoph überflüssig.
Ich verkroch mich langsam tief in mir.
Wenn es einen Ort auf der Welt gab wo ich nicht sein wollte, war es dieser hier.
Sushi stützte sich mit den Händen auf dem Tisch ab und funkelte mich wütend an.
„Du warst der Letzte, der sie gesehen hatte!“, er hatte definitiv kein gutes Wort mehr für mich übrig.
Erstaunt richteten sich alle Augen auf mich.
Wo war das Loch im Boden?
Ich versuchte so zu tun als ob ich nichts wusste.
„Weißt du von etwas, wovon wir nichts wissen?“, hob Christoph prüfend die Augenbraue.
Meine Maske fing langsam an zu bröckeln.
Ich war daran schuld, dass sie jetzt verschwunden war.
Ich alleine.
Wie sollte ich es ihnen schonend beibringen?
„Till“, erhob Oliver seine Stimme, „Was hast du angestellt?“
Ertappt starrte ich ihn an.
Ein wissendes Seufzen machte die Runde. Sushis Mine verfinsterte sich augenblicklich.
„Du hast sie doch nicht etwas?“, er sprach den Satz nicht zuende.
Meine Haltung verriet ihm das Wort. „Wie konntest du?“, versuchte sich der Sänger in Zaum zu halten, „Was hast du dir dabei gedacht?“
„Ich weiß es nicht“, flüsterte ich.
Noch nie hatte mich ein Mann so eingeschüchtert, doch dieser Sänger hatte es geschafft.
Besorgt holte er sein Handy heraus und tippte wild darauf herum. „Mail-Box“, brummte er.
„Wenn sie nicht gefunden werden will, wird dies auch keiner“, meinte David.
„Das ist alles deine Schuld!“, spie er mir entgegen, seine Augen glänzten feucht, „Hätte ich gewusst, dass du dich in meine Freundin verliebst, hätte ich diesem ganzen nie zugestimmt!“
Mit diesen Worten verließ er den Raum, genauso wie die restlich Eskimos.
Die Worte trafen mich eiskalt ins Gesicht.
Doch sie waren verdient.
Wieso musste ich auch immer alles falsch machen?
Kann nicht einmal alles klappen? Frustriert vergrub ich mein Gesicht in den Händen.
Eine Hand legte sich warm auf meinen Rücken.
Tröstend.
„Was hast du dir dabei bloß gedacht?“, hörte ich Flake beruhigende Stimme.
Sollte ich es ihm sagen?
Sollte ich ihnen sagen, dass Eskimo Callboy aus Drachen bestand?
„Es gibt Dinge, die sollten vorerst geheim bleiben“, ich stand endschlossen auf, „Irgendwann werdet ihr es schon verstehen.“ Irritiert ließ ich sie zurück im Frühstücksraum.
Ich wollte sie suchen.
Die Wogen glätten, wenn es noch zu retten war.
Ich wollte sie nicht einfach so aus meinem Leben streichen.
Ich konnte und wollte es nicht. Zielstrebig verließ ich das Hotel.
Doch es plagten mich jetzt bereits Zweifel.
Wo konnte sie stecken?
Was ist, wenn ich sie finde?
Wollte sie mich überhaupt sehen? Wie geht, dass zwischen uns weiter?

Zerbrochene Welt (Eskimo Callboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt