Emotionen

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Plötzlich stand ich genau gegenüber der Bühne... eher gesagt genau gegenüber von Patrick, der anscheinend doch schon da war, mir aber gerade den Rücken zu wandte und mit Matthias irgendwas zu besprechen schien. Da mich aber seine Bandkollegen bemerkt hatten, und auch freundlich ihre Hand hoben um mich zu grüßen, drehte sich Patrick kurz um. Frech und dermaßen glücklich ihn zu sehen grinste ich ihn an, als er sich sofort zurück drehte, irgendwas sagte und wieder in meiner Richtung schnellte. Aha, dachte ich... hatte der alte Mann wohl nicht sofort begriffen, wer da stand. Unsicher blickte er zwischen seinen Kollegen und mir hin und her und war sichtlich überfordert. Langsam ging ich die Stufen runter, um zur Bühne zu gelangen, als es plötzlich rumste, schepperte, fluchte und augenblicklich sich zwei Hände auf meine Wangen legten und ich mit einem sehr tiefen, langen und innigen Kuss begrüßt wurde. Zuvor hatte er das halbe Schlafzeug noch mitgenommen. „Lilly...", wisperte er an meine Lippen und küsste mich schon wieder erneut. „Pause!", hörte ich nun Pino's Stimme leicht gereizt, aber selbst das störte Patrick keinstenfalls, diesen Kuss auch nur für eine Sekunde unterbrechen zu wollen, bis er gänzlich neben uns stand und sich räusperte.
„Lilian... hab ich was verpasst, oder warum bist du hier und lenkst Paddy vom Soundcheck ab?" „Hier lenkt niemand irgendwen ab... ob nun jetzt Pause oder später... Pino entspann dich! Heute haben wir alle Zeit der Welt!", sagte Patrick ruhig und lächelte, während er fest seinen Arm um meine Hüfte legte. „Du hast noch Interviews!" „I know... in two hours! Soundcheck done! See you later! Achja und Pino? Keine Sorge, heute werde ich auch mal pünktlich sein... Lilly ist hier... dann bin ich sogar fünf Minuten eher da, ne?!" Pino rollte nur mit den Augen, begrüßte mich dann aber doch noch vernünftig. „Sorry Lilian... aber die letzten zwei Wochen mit ihm konntest du vergessen... wenn du es schaffst, das er endlich bessere Laune hat und mal nur ansatzweise pünktlich... dann vergiss bitte, was ich eben gesagt hab, ja?! Aber er macht mich wahnsinnig!" „Schon gut... ich schau was ich tun kann!", war alles was ich antworten konnte, denn schon zog mich Patrick hinter sich her, bis wir irgendwo hinter der Bühne zwischen irgendwelchen Containern landeten und augenscheinlich allein waren. Sofort drückte mich Patrick an die Wand, küsste mich so fordernd, als ob es kein Morgen geben würde und machte auch keine Anstalten, das was er tat, in naher Zukunft beenden zu wollen, bis ich es irgendwann tat. „Gosh Lilly...", seufzte er auf und drückte mich erneut an die Wand. „Patrick... wir haben alle Zeit der Welt. Ich bleib ein paar Tage... fahr, wenn das ok ist und du das möchtest auch mit nach Berlin... und flieg dann von dort aus zurück...." „Really? Und Rose?" „Ist gut bei Emily und Tom versorgt... sie sind jetzt auf dem Weg nach Cork zu Emilys Schwester und kommen erst Montag Abend zurück..." „Das klingt zu schön um wahr zu sein...", Und küsste mich nun sanft und zärtlich. „Ich hab dich so vermisst... und Rose natürlich auch... Pino haut mir einen Termin nach dem anderen rein..." „Ich hab's gesehen... ich versuche nachher nochmal mit ihm zu reden... das das so kein Dauerzustand ist, ok? Aber dann zeig ihm heute auch, das du „da" bist, sei pünktlich nachher und liefere ne geile Show ab!" „Promise... hab ja jetzt meine persönliche Sekretärin dabei... da kann ja nichts schief gehen...", und schon wieder fanden sich unsere Lippen, bis wir erneut unterbrochen wurden. „Ich stör euch zwei Zuckerschnuten ja nur ungern... aber das Catering ist aufgebaut... essen fassen... los kommt jetzt!" , grinste Basti uns an und zog mich in eine Umarmung. „Schön das du das bist Lilian, und schön, das ihr beide das wohl klären konntet... Paddy... mach nicht nochmal so nen Mist!", raunte er ihm zu, klopfte ihm aber dennoch versöhnlich auf die Schukter und ging voraus. „Kommt ihr? Ihr kennt den Haufen, sonst gibt es gleich nichts mehr!" Wo Basti recht hatte, hatte er recht, also folgten wir ihm... Händchen haltend... zum ersten Mal und Patrick war es völlig gleich, was die anderen dachten, denn als ich ihm meine Hand anstandshalber entziehen wollte, zischte er nur. „No! Du bist meine Frau, und das kann auch jeder hier wissen!" Mir war das etwas unangenehm, denn einige beäugten mich kritisch, was Patrick aber in keiner Weise zu stören schien, denn offensichtlich zeigte er jedem der es wissen wollte oder auch nicht, das ich zu ihm gehörte.
Ebenso schaffte es Patrick mehr als pünktlich zum Interview Termin zu erscheinen und wirkte gut gelaunt und losgelöst, wie seit Wochen nicht mehr. „Respekt Lilian... eine Stunde hier und die Diva läuft zu Hochtouren auf..." „Pino können wir kurz reden?", dabei gab ich ihm zu verstehen, das wir uns etwas vom Geschehen entfernen sollten, um etwas freier Sprechen zu können.
„Lilian, was gibt es?" „Pino hör zu... wegen Patrick... und jetzt denk nicht, mir gehts hier nur um private Zeit..., aber das was du ihm aktuell zumutest und abverlangst ist echt zu viel... die letzten Wochen und Monate... unabhängig von dem Stress, den wir privat hatten... er ist durch..." „Sagt er das ja?" „Nein, das nicht... aber... du weißt woher wir uns kennen... was damals mit ihm passiert ist... ich seh da große Parallelen... ich mach mir Sorgen um ihn... er funktioniert nur noch... spielt, wenn der Spot angeht den Hampelmann und fällt danach wieder zusammen... und das sage ich dir nicht als seine Frau, sondern als deine Kollegin... leg ihn lieber die Termine enger zusammen, und lass ihm dafür zwischendurch mehr Luft zum Atmen. Glaub mir... du wirst sofort den Unterschied sehen..." „Ich seh den Unterschied ja jetzt schon... weil du da bist... er ist wie ausgewechselt... wo vorher Nacht war ist jetzt Tag... ich hab's glaub ich begriffen..." „Danke... wirklich... du hast ihn damals nicht erlebt... er war ein Schatten seiner selbst... und selbst nach der Klinik... auch wenn ich eine Mitschuld trage... nie mehr möchte ich ihn so sehen müssen... so gebrochen..." „Lilian... ich hab's kapiert... und damit du das auch glaubst... vertrete du mich bitte die nächsten Tage in Berlin... du bist doch glaub ich nicht nur für eine Nacht gekommen, oder?!" „Ne, ich flieg eigentlich erst Dienstag Vormittag zurück. „Na dann passt das ja... aber Business Kleidung hast du nicht mit, oder?! Nicht genug, aber ich wollt mir eh was holen, denn Ich hatte keine Möglichkeit so kurzfristig noch nen Koffer aufzugeben, um mehr mitzunehmen..." „Dann hier... die wollte ich Paddy für dich mitgeben. Du hast ein monatliches Frei-Kontingent von 1500€ auf die Kosten der Firma. Für Kleidung, außerordentliche Flüge oder andere Kosten!", dabei übergab er mir eine Kreditkarte. Fragend sah ich ihn an. „Das heißt, die Probezeit ist vorbei! Herzlich Willkommen im Team Lilian, jetzt auch ganz offiziell!" Total überfordert sah ich ihn an. Ich hatte ja mit allem gerechnet, mich sogar innerlich auf eine Eskalation eingestellt, und nun das?! Wie heut morgen gingen meine Emotionen mit mir durch und ich konnte nichts dagegen tun, aber die Tränen liefen nur so.

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