Alte neue Wunden

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Nachdem es allmählich dämmerte machten wir uns auf den Rückweg, da allerdings Rose langsam müde wurde, nahm Patrick sie an sich und begab sich zur Wohnung mit Bono, während ich mit dem Auto zum einkaufen fuhr. Viel hatte sich nicht verändert und deutlich machten sich meine Erinnerung an die Zeit hier bemerkbar. Ganz besonders unser Abend, als wir gemeinsam kochten... ich wollte Patrick eine Freude machen, und als ich sah, das es das es das Fischgeschäft noch gab, wusste ich genau, was ich holen wollte.
Als ich zurück kam, traute ich meinen Augen kaum. Patrick hatte einige Kerzen aufgestellt und den kleinen Kamin im Wohnzimmer angemacht. Alles wirkte total einladen und gemütlich. Sofort eilte mir Patrick entgegen nahm mir die Einkäufe ab, und erkläre, das Rose ihre Milch getrunken hatte, dabei eingeschlafen sei und er sie nach oben ins Bett gebracht hatte. Nachdem ich kurz nach ihr gesehen hatte, begab ich mich in die offene Küche, um uns das Abendessen zu machen, während Patrick, mit Bono im Schlepptau den Wagen auslud und unsere Koffer ins Dachgeschoss brachte. Viel hatte sich nicht verändert. Etwas Moderner, aber der weiße Landhausstil war geblieben. Das Bett hingegen war noch das selbe alte weiße Himmelbett... woran soviele innige und intime Momente fur mich dran hingen und sich wie unsichtbar ein Lächeln auf meine Lippen schlich. Erinnerungen an unsere erste gemeinsame Nacht, an Patrick, der noch so schüchtern, so zurückhaltend und unerfahren war, aber genauso wie es damals war, es sich wunderschön und richtig angefühlt hatte. Nun, neunzehn Jahre später, wieder gemeinsam an dem Ort zu sein, der uns zusammenführte, aber auch trennte... es war merkwürdig. Einerseits fühlte sich alles so vertraut an, so bekannt, so wie zu Hause... allerdings mit einem kleinen faden Beigeschmack, den ich verursacht hatte... immer noch war Angst mein ständiger Begleiter, wie damals, aber ich versuchte so gut es ging, mir das nicht anmerken zu lassen und mit mir selbst auszumachen. Vielleicht hatte Patrick recht, das die Zeit uns hier gut tun würde, Gespräche Angst vertreiben und Erklärungen geben würden. Ich musste lernen, alles auf mich zukommen zu lassen und nicht alles so durchzutakten, wie ich es normalerweise gewohnt war und es auch tat.
„Was geht in deinem Kopf wieder vor sich?", fragte Patrick leise, legte die Arme um mich während ich aus dem großen Fenster aufs Meer sah. Kurz seufzte ich auf. „Erinnerungen..." „Lass uns neue Erinnerungen schaffen...schöne Erinnerungen...", dabei verfestigte er seine Umarmung und gab mir einen Kuss auf den Kopf. „Es sind doch größtenteils schöne... daran liegt es nicht... aber komm, das Essen ist fertig... oder musst du noch was tun?" „No... car is empty... genauso wie mein Bauch? Was hast du uns denn gezaubert? Riechen tuts' fantastisch!" „Setz dich und lass dich überraschen... machst du uns den Wein auf?"
Patrick staunte nicht schlecht, als ich ihm das Essen hinstellte. „You made our first dinner? That's special... how..?" Mich berührte es, das es Patrick sofort erkannte und sich freute. „Ich bin am Fischladen vorbei und musste sofort daran denken... ich dachte du freust dich..." „Und wie... und es schmeckt genauso toll wie damals... danke..."

„Ich danke dir... für diesen Urlaub, die Idee hierher zu fahren, auch wenn es Wunden aufreißt... das du es uns hier so gemütlich gemacht hast... mit den Kerzen und so..." sagte ich, als Patrick und ich nach dem Essen und Abwasch uns auf die Wohnlandschaft kuschelten. „Romantisch... oder zu kitschig?" „Nein, genau richtig..." „Lilly... wie geht es dir?" „Gut, warum fragst du?" „Du sagtest alte Wunden..." „Ja... es belastet mich, das ich dir damals so weh getan habe... es tat mir ja genau so weh... und... naja was dann alles passierte bei dir... die Auswirkungen... deine Familie... die muss doch sonst was denken..." „Ok... ich verstehe... das Thema mit meiner Familie... dann lass das jetzt besprechen und für alle Male aus der Welt schaffen.." Patrick setzte sich etwas auf, das wir uns ansehen konnten und reichte uns die Weingläser. „So... how shall I start? Tricia und Jimmy haben das mit uns damals schon geahnt, als sie mich hier besucht haben... also das da mehr zwischen uns ist... und meiner Familie hab ich damals, als du gegangen bist und ich dann die Klinik verlassen habe, das ich mich verliebt habe... einseitig halt... nur Tricia wusste von uns, was genau zwischen uns passiert ist... auch das ich mit dir mein erstes Mal erlebt habe... aber das habe ich ihr erst viel später anvertraut... nach der Klosterzeit... kurz nachdem ich mit Mark zusammen gekommen bin. Jimmy... er hat mich damals verstanden... wollte dich auch aufsuchen um Kontakt herzustellen... damit wir uns aussprechen... das wollte und konnte ich nicht... es tat einfach zu weh... niemand hat je was böses gesagt, jedenfalls weiß ich nichts davon... Als ich mich dann nach all den Jahren meiner Schwester anvertraut habe, nachdem sie mich auch mit Mark mehr oder weniger bei einem Kuss erwischt hat, hab ich endlich ihr alles erzählt... wirklich alles... von dir, von uns... wie es dazu kam, das ich mich hingezogen zu Männern fühlte und natürlich auch von Mark... sie war zunächst zwar sichtlich überrascht, aber war fur mich immer da... hat Mark akzeptiert, von Anfang an... und ja... sie weiß von dir... das ich dich wieder getroffen habe... an dem Tag der Beerdigung... ich hab sie sofort angerufen... Lilly, als ich dich dort sah... ich war so durcheinander, dazu zerriss es mir das Herz dich so gebrochen am Grab stehen zu sehen und nicht helfen zu können, und als du mich dann nicht erkannt hast... Patricia sagte damals sofort, das ich zu dir gehen sollte, mich zu erkennen geben sollte... aber ich konnte nicht... meine Gefühle... alles was ich tief in mir drin eingeschlossen hatte, verdrängt hatte waren plötzlich wieder da... dazu Mark, die vielen Streitigkeiten... ich wollte dein Herz wieder für mich gewinnen... bat Parricia um Hilfe... natürlich fand sie es nicht ok, das ich Mark hinterging, sagte aber selbst, das man nichts gegen Gefühle tun kann... und als du in Berlin dann zu mir ins Hotel bist... ich hab sie morgens sofort angerufen, ihr davon erzählt... sie freut sich..." Lächelnd, aber mit glasigen Augen sah Patrick mich an. Ich hatte bewusst keine Zwischenfragen gestellt und wollte ihn reden lassen, mir alles anhören, ihn nicht unterbrechen. „Sie mag Mark sehr, weißt du... sie war so sauer auf mich, das ich zweigleisig fuhr, nicht wegen dir, sondern weil ich Mark fremdging... und als ich ihr von der Nacht in Hamburg erzählte... da hat sie gesagt, das es mir recht geschehen wäre, da ich euch beide so verletzt habe...und sie sich nicht wundern würde, wenn ich euch beide verliere, Nunja und um so erstaunter war sie dann, als ich ihr gesagt habe, das wir wieder zusammen gefunden haben... Sie hat uns nächste Woche eingeladen... ich wollte dich damit überraschen... sie will dich unbedingt richtig kennenlernen, auch Rose... die Frau die mein Herz gestohlen hat..."

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