Flucht

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„Wie bitte?", entgeistert sah ich ihn an. „Lilly... ja... heirate mich... mehr Sicherheit kann ich dir auf offiziellem Wege nicht geben..." „Patrick... ich... nein... man heiratet doch nicht aus Sicherheit. Ich heirate nicht aus Sicherheit...!", dabei betonte ich das Wort ‚ich' mehr als deutlich. „...man heiratet weil man sich aus tiefsten Herzen liebt und nicht... nein nicht weil man Angst hat, das es nicht funktioniert..." „Aber... ich liebe dich doch... und du liebst mich auch..." „Ja das tue ich... aber mir geht es darum unsere Beziehung zu festigen... das mein ich mit Sicherheit. Immer wieder passiert irgendwas, wenn wir uns gerade wieder annähern..." „Du willst mich nicht heiraten...", sagte er trocken. „Nein... nicht so... es wäre falsch und völlig überstürzt..." „Falsch also... obwohl man sich liebt...", murmelte er, stand auf und griff nach seiner Jacke. „Patrick... was soll das... wo willst du denn jetzt hin?" „Home..." „Nein!", ich sprang auf, versperrte ihm den Weg und stellte mich vor die Türe. „Wir reden jetzt! Und keiner von uns verschwindet!" „Reden... pffff... du hast doch schon alles gesagt! Ne eindeutigere Abfuhr kannst du mir nicht geben!" „Verdammt noch mal! Was verstehst du nicht?! Man heiratet doch nicht mal eben so weil man Lust und Laune hat..." „Stimmt! Wie du schon sagtest, weil man sich aus tiefsten Herzen liebt, und das tue ich... du anscheinend nicht!" „Spinnst du? Zweifelst du gerade echt an meinen Gefühlen zu dir?" „Bis vorhin hab ich es nicht getan, aber jetzt... wenn du dir noch nicht mal vorstellen kannst, meine Frau zu werden, geschweige das denn in Erwägung zu ziehen..." „Patrick...sich was vorstellen oder es aus dem Affekt heraus zu tun, sind zwei völlig unterschiedliche Tatsachen!" „Findest du, ja?!" „Ja!" „Gut! Dann lass mich jetzt bitte vorbei!" „Nein! Wir reden da jetzt sachlich drüber." „Discuss feelings objectively. that I don't laugh... are you so naive or are you just pretending?" „Was denkst du von mir?!" „Apparently not the right one!" „Bitte?!" „I thought, you would love me the same way I do..." „Das tue ich doch!" „Und warum heiratest du mich dann nicht einfach? Zumal die Adoption von Rose um ein Vielfaches einfacher wäre und schneller ginge!"
Wie aufs Stichwort, wurde Rose in diesem Augenblick wach, sodass ich keine andere Wahl hatte, als kurz nach oben zu gehen und sie zu holen. Als ich einige Augenblicke wieder runter kam, war Patrick mit Bono verschwunden und aus dem Ofen qualmte es verdächtig... die Pizza war verbrannt...

Patrick war bereits seit über einer Woche weg und hatte nach Toms Aussage fast fluchtartig Kenmare verlassen, nachdem er seinen Hund dort ohne ein weiteres Wort zu verlieren, vorbeibrachte. Auch auf meine Anrufe und WhatsApp reagierte er nicht. Wie konnte man nur so stur und engstirnig sein?! Gut, ich war auch oft festgefahren und konnte stur sein, allerdings konnte man trotzdem grundsätzlich mit mir darüber reden und sachlich diskutieren. Mit Patrick anscheinend nicht. Es war nie meine Absicht gewesen ihn zu verletzten oder vor den Kopf zu stoßen, aber sein spontaner Vorschlag zu heiraten, das hatte mich ziemlich überrumpelt. Früher, noch bevor ich Patrick kannte, da hatte ich immer davon mal geträumt ganz klassisch irgendwann eine Familie zu gründen... Heiraten, zwei Kinder und ein kleines Haus... nach der Klinik und der Trennung war dieser Traum zerplatzt und ich hegte auch keinerlei Gedanken mehr daran. Ich wollte mich weder fest binden, noch heiraten, geschweige denn Kinder und ein Haus haben... bis sich mein Schicksal änderte. Natürlich vermisste ich Susan sehr, jeden Tag, dennoch würde ich für nichts in der Welt mein Leben nun mehr ändern wollen. Ich liebte es hier in Kenmare, trotz der anfänglichen und teils noch vereinzelten Schwierigkeiten. Und ich liebte Rose und mit ihr in diesem Haus zu leben. Fest gebunden hatte ich mich ja auch irgendwie... Patrick... allein bei dem Gedanken an ihn, flogen die Schmetterlinge nur so in meinem Bauch umher und ließen mein Herz schneller schlagen und um ehrlich zu sein, ich konnte mir schon vorstellen, ihn irgendwann vielleicht mal zu heiraten, er war es damals schon gewesen, und da das Schicksal uns hier auch wieder zusammen geführt hatte... war das wohl ein Zeichen. Aber auch wenn ich nicht sonderlich romantisch war, so ein Antrag, zwischen Tür und Angel, unabhängig davon, das die Ausgangsposition, warum er mich gefragt hatte, eine völlig andere war, sollte schon etwas persönlicher sein und nicht nur so nebenbei erwähnt... es hatte halt einen Faden Beigeschmack...

Es war noch ne gute Woche bis Weihnachten. Mein letztes Meeting in Hamburg stand an, mit dabei Rosr, die tagsüber bei meinem Freund Ralf bleiben sollte. Da ich ihr die Anstrengung nicht zumuten wollte, innerhalb eines Tages zweimal zu Fliegen, wollte ich zunächst am folgenden Tag zurückfliegen, bis mir eine andere Idee kam, fur die ich mal wieder auf Hilfe anderer angewiesen war, um genauer zu sein, mal wieder auf seine Hilfe..

„Lilian... was hast du wieder verzapft?!", meldete sich Mark leicht amüsiert am anderen Ende der Leitung.
„Hast du mit Patrick gesprochen, oder wie kommst du darauf?!"
„Ich kann hellsehen, weißt du doch!", grinste er nun.
„Ist klar... na komm sag schon..."
„Danke mir und Lenchen geht's hervorragend! Was macht die kleine Rose? Wie geht's dir?"
„Mark! Lenk nicht ab! Bitte!"
„Erst wenn du mir sagst was passiert ist und was ich tun soll!"
„Patrick hat mich gefragt, ob ich ihn heirate!"
„Und du hast nein gesagt! Biste bekloppt! Der Kerl liebt dich seit 20 Jahren!"
„Ich hab unter der Voraussetzung nein gesagt! Mark, das war so zwischen Tür und Angel! Mitten in einem Gespräch über unsere Beziehung, das ich Angst habe, mir Sicherheit wünsche... da meinte er nur, heirate mich... mehr Sicherheit könnte er mir auf offiziellem Wege nicht geben."
„Autsch! Ok... gut, das war... sagen wir mal... die Variante Elefant im Porzelanladen... und dann?"
„Als ich ihm erklärt habe, das man wenn aus tiefster Liebe heiratet und nicht aus Sicherheit, hat er meine Gefühle angezweifelt und ist abgetauscht, ohne was zu sagen, als ich Rose aus dem Bett holte. Seitdem ist Funkstille..."
„Alter... ihr manövriert euch aber immer in irgendeine Scheisse hinein, wisst ihr das?! Und was soll ich jetzt tun?"
„Ich bin in Hamburg... mit Rose... hab mir einen Leihwagen erstmal jetzt genommen... weißt du wo er ist? Ich muss mit ihm reden... er muss verstehen, das es doch nicht an ihm liegt, sondern wie es dazu kam, verstehst du?"
„Ja, klar... ich tue das, aber die Diva versteht das wie immer falsch... ok... ich weiß tatsächlich nicht wo er gerade ist, aber das lässt sich ja ändern, ein Paar Telefonate... oder ich ruf Pino an..."
„Mark... ich will ihn überraschen, ihm zeigen, das es mir nicht egal ist... er soll keine Chance haben, wieder abzuhauen..."
„Lilian, das ist mir schon klar... weiß Pino mittlerweile von dir? Das würde die Sache vereinfachen..."
„Ich weiß es um ehrlich zu sein nicht... Kira weiß Bescheid... ich war bei ihr..."
„Und?"
„Naja... sie sind bei Paul an Angelos Geburtstag..., weil er sie auch zum Flughafen bringt und so..., wir sollen auch kommen... als Überraschung... nur da ich seit 2 Wochen nix von Patrick gehört habe, weiß ich auch gar nicht ob er überhaupt kommt..."
„Fährst du denn auch alleine?"
„Weiß nicht... was soll ich ohne ihn da?!"
„Stimmt auch wieder... ok, ich Versuch was raus zu finden und ruf dich an.., wo bist du denn dann? Willst zu Lenchen? Ihre Wohnung steht leer...."
„Danke, ich bin bei Ralf, in meiner Wohnung, passt..."
„Guddi... wir hören!"

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