Zweisam einsam

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Patrick und Mark waren so in ihr Gespräch vertieft, über irgendwas mit ‚weisste noch...da und da...', das die beiden gar nicht mitbekamen, wie ich mir die Jacke vom Stuhl nahm, mein Handy in Seelenruhe noch in meiner Tasche verstaute und ging. Einerseits freute es mich zu sehen, das die beiden wieder halbwegs normal miteinander umgehen konnten und Mark lächelte immer wieder glücklich Lena an, aber den ganzen Abend hatte ich mich so fehl am Platze gefühlt. Es ging mir gar nicht darum, das es mein Geburtstag war, ich stand eh nicht gern im
Mittelpunkt, aber etwas mehr Aufmerksamkeit, oder das mich einer mal mit einbezogen hätte in die Unterhaltung , das hätte ich mir schon gewünscht.
Nun stand ich vor dem Restaurant und überlegte was ich tun sollte. Zu Mark war keine Option, und da viel mir ein, das Patrick mir seine Schlüsselkarte vorhin am Hotel gegeben hatte. Zwar waren meine Sachen noch in seinem Wagen, aber zwingend brauchte ich die jetzt nicht, Hauptsache ich hatte einen Ort, wo ich hin konnte. In meiner Tasche kramte ich kurz noch nach einem Zettel, um Patrick eine Nachricht an seinem Auto zu hinterlassen, denn sein Handy hatte er im Hotel liegen lassen. Er musste zumindest wissen, wo ich war... Nachdem ich den Zettel unter den Scheibenwischern seines Autos befestigt hatte, wank ich mir ein Taxi ran, um ins Hotel zu fahren. Als ich dann gerade dabei war einzusteigen, hielt mich plötzlich jemand an der Schulter zurück und erschrocken zuckte ich zusammen. Völlig außer Atem stand Patrick vor mir, entschuldigte sich beim Taxifahrer, schloss die Türe und zog mich auf den Bürgersteig zurück.
„Fuck Lilly! What the hell are you doin'? Leaving? Einfach abhauen? Was soll das denn? Es ist dein Geburtstag! Kannst du denn noch nicht mal Bescheid geben? Weißt du was für Sorgen ich mir gemacht hab?", mit weit aufgerissen Augen sah er mich an. „Sorgen also..." „Ja natürlich, was denkst du denn?" „Ach, ihr habt schon wahr genommen, das ich auch mit am Tisch saß?!" „Lilly, was ist denn los?" „Was los ist? Ihr habt mich den ganzen Abend ausgegrenzt, mich in kein Gespräch mit einbezogen, und als Getränke bestellt wurden, mich vergessen... ich bin mir total überflüssig und fehl am Platz vorgekommen..." „Lilly... das..das... I am so sorry, I didn't mention..." „Genau, du hast auch nicht mitbekommen, das ich irgendwann angefangen habe, Emails meiner Firma abzuarbeiten, so gut wie nichts gegessen habe, weil mir der Appetit vergangen ist und dann zur Toilette bin, bevor ich meine Sachen nahm und gegangen bin..." „But... warum hast du denn nichts gesagt?" „Was sollte ich denn sagen? Sollte ich vor euren Nasen winken und sagen ‚Hallo? Ich bin auch noch da?!' „Lena meinte nur eben, du warst so merkwürdig... und dann waren deine Sachen weg..." „Wow... da muss dir jemand anderes mitteilen, das deine Begleitung nicht mehr da ist... Respekt Patrick..." „Damn Lilly, ja... es tut mir leid, wirklich... du hast recht, das war nicht in Ordnung... aber einfach zu verschwinden, ohne was zu sagen? Das ist auch nicht in Ordnung!" „Ich hab dir ne Nachricht zumindest an deinem Auto hinterlassen... und zudem wollte ich nur in dein Hotelzimmer!" „Du wärst gar nicht so heim?" „Nein Patrick... ich wollte nur von hier weg... nicht von dir, auch wenn ich enttäuscht bin..." „Kommst du denn jetzt bitte wieder mit rein... und mit uns gemeinsam zu Ende essen? Und danach... das entscheidest du... wenn du nicht in den Pub willst... wir können auch was anderes machen... auch nur wir beide..." „Weißt du... verbring du ruhig den Abend mit den beiden... ich hab wirklich keinen Hunger mehr... außerdem... wie sieht das bitte aus, wenn ich jetzt wieder mit zurück gehe... das ich um Aufmerksamkeit bettle? Nein..." „Wer sagt das denn? Das ist doch lächerlich, und das weißt du auch." „Patrick, sei du doch auch mal ehrlich... ich pass doch gar nicht dazu... drei Musiker, die miteinander befreundet sind, sprechen permanent über Business Stuff, gemeinsame Erinnerungen, zukünftige Jobs... was soll ich da beisteuern? Wie mein letztes Jahr war? Von Rose, die sich mal wieder bis in den Nacken vollgekackt hat? Das ihr Möhrenbrei nicht mehr aus meiner Lieblingsbluse rausgeht, und das sie am liebsten zum einschlafen deinen Song hört? Das ist lächerlich..." „Verkauf dich doch nicht unter wert... du bist eine wundervolle Frau, die trotz aller Umstande sich alles alleine aufgebaut hat! Du arbeitest in der Chefetage, dazu nebenbei noch Selbstständig... und du kümmerst dich wunderbar um Rose... überleg doch mal bitte... du hast hier in Deutschland alles aufgegeben um das Kind deiner verstorbenen Freundin aufzuziehen und ihren Laden weiter zu führen... wenn das nicht grandios ist und Respekt verdient, dann weiß ich auch nicht! Und nun komm endlich her..." Patrick, der die ganze Zeit über meine Hände gehalten hatten, zog mich nun in seine Arme. „Please... stay with us... I promise, I won't ignore you the hole night..." Anstatt eine Antwort abzuwarten nahm er nun mein Gesicht in seine Hände, sah mich begierig an und küsste mich im nächsten Augenblick so sanft und so zärtlich, das meine Enttäuschung nach und nach verschwand.
„Ach... haste unsere Flüchtige doch noch erwischt? Können wir jetzt endlich in den Pub? Ich brauch was richtiges zu Trinken!" Mark stand plötzlich mit Lena neben uns. „Wo kommt ihr denn jetzt her?", fragte Patrick nach. „Na... du kamst ja nun auch nicht wieder, gingst nicht ans Handy... da hab ich bezahlt... und nun wollten Lenchen und ich in den Pub... also kommt ihr nun?" Fragend sah Patrick mich an und ich nickte nur kurz zu. Wohl war mir nicht dabei und Lena... die konnte ich nicht wirklich einschätzen. Irgendetwas hatte Sie an sich, was mir nicht zusagte, mir ein Unwohlsein bescherte. Und ich sollte mit meinem Gefühl recht behalten... aber erst viel später.
Letztlich gingen wir zwar noch gemeinsam in den Pub... da aber Mark und Lena sich mehr zurückzogen und mehr Augen für einander hatten, verabschiedeten wir uns relativ schnell und liefen Richtung Auto. Patrick hatte gerade mal zwei Bier getrunken und wollte somit auch sein Auto nicht stehen lassen.
„Weißt du was, wir fahren jetzt ins Hotel, und dann können wir ja noch was an der Bar trinken oder wir nehmen uns was mit aufs Zimmet, was meinst du?"

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