Zerissenheit

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Rose futterte sich durchs Frühstuck. Probierte alles, sogar die Krabben und quietschte fröhlich vor sich hin. Ich blieb bei meinem Kaffee und stocherte in meinem Müsli. „Lilly? Alles ok?" „Hm..." „But it doesn't look like... was ist los... bedruckt dich was? Hab ich...?" „Nein, du hast nichts getan... ist halt manchmal so... zu viele Gedanken... geht gleich wieder, aber ich hab davon ab auch keinen Hunger. Sei nicht böse! Das Frühstück... das ist echt toll wirklich... ich hab mich riesig gefreut... ich schmier mir ein Brötchen für unterwegs, ok?" „Hauptsache du isst was..." „Ich esse doch immer..." „Ja... wie ein Vögelchen... im Ernst... du wirst immer schmaler... ich mach mir nur Sorgen... bisschen mehr auf den Rippen würde dir nicht schaden... so wir früher... du bist dünner wie ich es war, und du weißt wie schlecht es mir ging..." „Gefalle ich dir nicht mehr?" „Hell no... das hab ich nicht gesagt. Gefallen... es geht doch nicht ums Äußere allein... du berührst mein Herz..." „Und du weichst mir aus... sei ehrlich..." „I am! Ich sag doch nur, das es nicht gesund ist... du immer dünner wirst... nichts mehr zum anfassen an dir dran..." „Also doch... zu wenig Busen also ja?" „Damn Lilly..." „Reicht... also hab ich recht...!" „Jesus!", Patrick raufte sich die Haare und ich kochte innerlich. „Lilly, ich will nicht mit dir streiten, erst recht nicht vor der kleinen Lady... können wir nicht vernünftig miteinander reden?" „Tun wir doch!", zischte ich und begann den Tisch abzuräumen. Plötzlich knallte die Wohnungstüre, Rose begann vor Schreck an zu weinen und Patrick war mit Bono verschwunden.
Nachdem ich Rose endlich beruhigen konnte und die letzten Sachen vom Frühstuck verräumt und weggespült hatte, zog ich uns beide an, packte die kleine Lady im Tragetuch auf meinen Rücken, um Richtung Strand zu laufen. Das Wetter war so schön und ich wollte der Kleinen jedenfalls ein Paar unbeschwerte Stunden an der Frischen Luft ermöglichen. Auch ich wollte die Zeit nutzen um wieder nachzudenken und versuchen Lösungen zu finden. Patrick hatte recht, ich hatte in den letzten Monaten einiges an Gewicht verloren und mir selbst gefiel es auch nicht. Meine Hosen und Röcke rutschten, mein Busen füllte meine BHs nicht mehr aus, und meine Knochen zeichneten sich deutlich unter meiner Haut ab. Es tat weh, das es Patrick aufgefallen war und anscheinend ihm auch nicht gefiel, aber was sollte ich tun? Die letzten zehn Monate waren für mich ein Auf und Ab meiner Gefühle gewesen. Das ewige Hin und Her mit Patrick, meinem Job, dem Laden, der Vorfall mit Mark, ein Kind plötzlich groß zu ziehen... das alles zerrte an mir, verbrauchte all meine Reserven und ich hatte keinerlei Möglichkeit mich zu regenerieren. Aber all die kostbare Kraft, der wenige Schlaf, die viele Arbeit... für Rose war es mir es wert. Die Kleine so unbeschwert im Sand spielen zu sehen, ihr freudiges Quietschen und lautes Lachen während sie die Welt entdeckte, alleine für sie musste ich mich zusammenreißen und kämpfen. Das war meine Aufgabe, und nichts anderes. Für sie musste ich stark seine und versuchen meine inneren Dämonen zu bekämpfen oder einzusperren. Aber das klang viel einfacher wie es war und würde nicht mit einem Fingerschnipsen getan sein, das war mir mehr wie bewusst. Vor mir lag ein langer Weg. Ich musste endlich anfangen in meinem Leben aufzuräumen, Ordnung hinein zu Bringen und die Vergangenheit hinter mir zu lassen... aber wie...
„Hier bist du...", hörte ich plötzlich Patricks Stimme neben mir, die mich erschrocken zusammen fahren lies, er sich neben mich in den Sand setzte und Rose sofort freudig auf ihn zu krabbelte. „Ey du kleine Sandkrabbe... du machst mich ja ganz voll...", lächelte er Rose an, nachdem sie ihn voll mit Sand gemacht hatte, der sich an ihr überall befand und sie dann noch mit ihren Sandfinger in seinem Gesicht freudig rumpatschte. Ein Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen. Schnell war ihre Begeisterung Patrick dreckig zu machen verebbt und sie widmete sich wieder ihrem Spielzeug. „Lilly... we need to talk... über heut Vormittag... also erstmal... I am sorry... really... I... natürlich gefällst du mir... du bist sexy, hast Ausstrahlung und in meinen Augen bist du wunderschön, aber das liegt nicht nur an deinem Äußeren sondern an deiner Persönlichkeit, deinem Herzen, deiner Art wie du Dinge siehst... Ich mach mir einfach Sorgen um dich... du hast locker zwei Kleidergrößen weniger... sogar vielleicht vier zu früher... kannst du meine Sorge, das du eine Essstörung hast nicht verstehen? Gerade nach meiner Krankengeschichte?" „Patrick, ich habe keine Essstörung, und ja ich bin von Kleidergröße 42 auf 34 runter, zufrieden?! Aber das gefällt mir selber nicht, das kannst du mir glauben! Glaubst du nicht, das du vielleicht ein Stückweit damit zu tun hast, das mir das im wahrsten Sinne des Wortes auf den Magen geschlagen ist?! Dein Auftauchen nach Susans Beerdigung und dein nicht zu Erkennen geben, während in mir all die Erinnerungen an unsere Zeit wieder hochkamen, dann finden wir zueinander und ich erwische dich dabei, das du mit einem anderen Mann schläfst. Davon ab die ganzen anderen Probleme... die Trauer... alles hinter mir gelassen zu haben... Rose, die meine Leben auf den Kopf stellt, und in die Rolle einer Mutter zu schlüpfen was ich nie wollte... meinst du das war leicht?" „No, of course not...  and you know... ich kann es nicht rückgängig machen, das du Mark und mich beim Sex erwischt hast verdammt, aber du musst mir das mal langsam verzeihen, sonst funktioniert das nicht... ich hab dir auch verziehen, das du mich damals verlassen hast, mich verletzt hast... aber ich hab das hinter mir gelassen...ich hab dich gesehen und hab alles vergessen... all der Schmerz, die Trauer, die Abweisung, das war wie ausgelöscht. Anstatt dessen füllte sich mein Innerstes mit so viel Gefühlen... mit Liebe Lilly..." „Und welchen Preis musstest du dafür zahlen? Du wolltest dir das Leben nehmen, hast dich mit dem anderen Geschlecht vergnügt, dann ins Kloster..." „Den Preis hab ich gern dafür gezahlt, dich wieder in meinem Leben zu haben!"

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