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Oh mein Gott, dachte ich.., was hab ich da nur verzapft... wie konnte ich mich darauf nur einlassen... Scheiss Vodka... scheiss Patrick... scheiss Mark... ja, im Grunde war ich es auch selber Schuld... ich hätte Mark weder vor dem Pub küssen dürfen noch seinen Kuss erwidern sollen, was dann aber passierte... völlige Leere. Allerdings war ich komplett angezogen, bis auf meine Jacke und meine Sneaker... ich musste mit Mark sprechen, auch wenn das total peinlich war, sich an nichts erinnern zu können, aber das musste ich nicht mehr. Als ich mich aufrichtete entdeckte ich einen Brief.

Guten Morgen du Schnapsdrossel!

Vorweg: außer dem Kuss ist nichts passiert... ich denke du wirst vom Vodka nen dicken Schädel haben und eventuell nen Filmriss. Also entspann dich...
Der Kuss war schön, gar keine Frage... aber unabhängig davon, das ich kein Arsch bin, und solche Situationen ausnutze, es hat sich nicht richtig angefühlt... und du weißt ganz genau warum. Ich werde ihm nichts sagen! Versprochen... das Meer hütet Geheimnisse!
Bitte geh in dich und rede mit Paddy... er ist noch bis morgen Mittag da... du musst ihm nicht sofort verzeihen... aber reden ist ein Anfang...
Ich meld mich, wenn ich dann mal irgendwann in Berlin bin..,
Lieben Gruß

Das Försterchen

P.S. Jetzt grübel nicht, spring unter die Dusche und zieh dir was nettes an... und dann einmal zu deinem Lieblingsnachbarn... der hat wohl gestern auch noch gut ins Glas geschaut und braucht ne Kopfschmerztablette und dich als Krankenschwester um so mehr...!

Was viel mir ein Stein vom Herzen, das nicht mehr passiert war und Mark die Situation nicht ausgenutzt hatte. Ich war aber auch ein Depp... er hatte recht... Feuer bekämpfte man nicht mit Feuer und Ja, ich sollte mit Patrick sprechen, auch wenn innerlich sich alles dagegen sträubte. Immer noch war ich hin und hergerissen, wusste nicht so wirklich was ich tun sollte, als eine WhatsApp kam

Lilian... ich denke du bist immer noch daheim... los jetzt! Vergiss was ich geschrieben hab... in Jogginghose kannste auch... also... wenn ich in 2 h gelandet bin will ich positive Nachrichten!
Dein Försterchen

Bor Forster! Schwing deinen hintern ins Flugzeug! War schon duschen... ich lauf gleich rüber! Zuviel Restalkohol! Zufrieden? Aber in Joggingoutfit kannste Knicken...

😁👍🏻

Unsicher stand ich vor dem Kleiderschrank. Mark und seine Idee mit der Joggingbuchse konnte der sowas von vergessen. Natürlich hatte ich mir inzwischen abgewöhnt immer im Kleid und Highheels rumzulaufen, aber wie aus dem Bett gefallen, so wollte ich auch nicht bei Patrick auftauchen.
Letztlich entschied ich mich für eine schwarze Treggings, Ballerinas, Oversize Top und einen Blazer. Das war ich, so verstellte ich mich auch nicht. Schick und leger zugleich. Etwas Make-up um die Spuren der letzten Nacht zu verdecken und die Haare leicht gelockt offen. Wirklich zufrieden war nich dennoch nicht, zudem brummte der Schädel immer noch enorm trotz zwei Ibus... auch der Tomatensaft mit Tabasco schaffte bei mir keine Abhilfe..,egal... irgendwie musste ich ja mal das  Ganze in Angriff nehmen und die anderen würden nie aufhören zu nerven. Was sollte schon groß passieren..., mehr als sich streiten, ein paar böse Worte... es war ja kein Ringkampf.
Noch war das Wetter gut, als ich losging, aber kurz vor Patricks Haus fing es plötzlich aus Eimern an zu schütten und mal wieder Nass bis auf den Schlüppi erreichte ich Patricks Haus. Irgendwann würde ich wohl noch lernen, einen Schirm mit zu nehmen und mich auf das momentane Wetter nicht zu verlassen. Bevor mich also mein Mut Verlies war es mir nun egal, wie ich aussah und klingelte. Einmal... zweimal... ein drittes und letztes Mal. Bono bellte inzwischen schon wie verrückt. „Patrick?", rief ich. Er musste doch zu Hause sein... gerade weil sein Hund doch auch da war. Nach einigem Zögern ging ich durch das Gartentor rein, in der Hoffnung ihn im Garten anzutreffen, aber Fehlanzeige. Plötzlich schoss Bono um die Ecke und begrüsste mich stürmisch. „Na... wo ist denn dein Herrchen?", fragte ich den Vierbeiner, der sofort durch den Wintergarten wieder reinrannte und aufgeregt bellte. Ich folgte ins Haus. „Patrick? Ich bin's Lilly!", keine Reaktion. Intuitiv folgte ich Bono, der auf der Treppe nach oben immer noch aufgeregt bellte. „Ist ja gut mein Dicker, ich komm ja schon.... Patrick?", rief ich erneut und folgte weiter dem Hund ins Bad. Was ich dann sah, lies mein Blut gefrieren. Patrick lag in einer Blutlache auf dem Badezimmerboden vor der Wanne, dazu schien er sich übergeben zu haben, denn es roch stark nach Erbrochenem. Sofort eilte ich zu ihm hin und versuchte ihn anzusprechen. „Patrick... hey... aufwachen...", nur leider keine Reaktion. Umgehend angelte ich nach meinem Handy und rief den RTW. Während ich auf das Eintreffen wartete, versuchte ich Patrick immer wieder anzusprechen, weiterhin ohne Erfolg. Ich hatte Panik, durch und durch, war aber froh, jedenfalls einen Puls ertastet zu haben. Sanft strich ich über seinen Kopf. „Patrick, bitte wach auf... mach keinen Scheiss, hörst du... ich brauche dich doch..."
Wie mit den Herrn vom Notruf vereinbart hatte ich die Haustüre offen stehen gelassen und mich umgehend wieder zu Patrick begeben. Kurze Zeit später erreichte auch schon der RTW sowie der Notarzt Patricks Haus und kamen ins Bad. Was sie dort alles kontrollierten und abklärten bekam ich nur noch am Rande mit, denn ich stand unter Schock. Was war nur passiert, fragte ich mich immer wieder.
„Frau Weber?", sprach mich der Notarzt an. „Ja?" „Augenscheinlich hat Herr Kelly nur eine Platzwunde und daraus resultierend in Kombination mit recht viel Alkohol im Blut ist er ohnmächtig. Wir bringen ihn ins hiesige Krankenhaus um sicher zu gehen, das nicht noch mehr passiert ist und die Wunde zu nähen." „Kann ich mitkommen?" „Sie sind seine Frau oder mit ihm verwandt?" „Nein." „Dann tut es mir leid." „Bitte, er hat hier weder Familie noch großartig Freunde. Ich bin seine Freundin. Bitte...", flehte ich den Arzt an. „Gut, dann kommen Sie!"

Kenmare... wo sich Zukunft mit Vergangenheit verbindetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt