Ich war zurück daheim, hatte mir einen Kaffee gekocht und stand wie heut morgen am Ende des Gartens und beobachtete gedankenverloren die Wellen...
Das Gespräch mit Shiabon war gut gelaufen. Sie wollte mir ab kommender Woche zeigen, wie ich einfache Sträuße Band, Blumenarrangements zusammenstellte und mir die einzelnen Pflanzen erklären, damit ich für den Worsed case definitiv ein alternatives Standbein hatte. Ich war nie jemand gewesen, der schnell auf gab... oder die Flinte ins Korn schmiss. Das hatte ich ein einziges Mal getan und dies bereute ich bis heute, was ich gekonnt die letzten Jahre unterdrückt und verdrängt hatte und schon wieder schwelgte ich in den Erinnerungen, die so langsam zu verblassen schienen, mir langsam unwirklich vor kamen...„Wo kommst du denn auf einmal her?", fragte ich immer noch erschrocken und er lies sich neben mir im Sand nieder. „Naja, ich war bereits vor dir hier...", grinste er und schaute wieder aufs Meer. Er wirkte nicht mehr so angespannt wie die Tage zuvor, minimale Lachfalten zierten seine Augen, die mir vorher noch nicht aufgefallen waren. Alles in Allem war er gelöster, als ob ein Knoten geplatzt war. „Dir gehts besser...", stellte ich fest und er lächelte mich an. „Kann schon sein..." „Das ist schön..." Irgendwie wirkte das Ganze wie ein aufgesetzter Smalltalk, ein gezwungenes Gespräch, auf das man keine Lust hatte, aber dem war nicht so. „Weißt du Lilly, ich hab hier endlich das Gefühl, das ich ich sein kann... mich nicht verstellen oder irgendeine Show spielen muss... funktioniere nicht, kann hier in Ruhe überall hingehen, ohne Einschränkung, wie du..." „Kannst du das denn sonst nicht?!"
Merkwürdig und prüfend sah er mich an, er wirkte dabei sehr skeptisch, aber sich verunsichert, und schön nachzudenken. „Du weißt wirklich nicht, wer ich bin..." „Doch, für mich bist du Patrick, mein derzeitiger WG Mitbewohner, der auch zu alt ist, um direkt in der Klinik zu wohnen und freiwillig hier ist...", sagte ich sanft. „Naja... fast..., also ganz freiwillig... nicht so wirklich... ich hatte keine andere Wahl.... es war irgendwie alles zu viel..." „Patrick? Magst du mir erzählen, warum du hier bist?" „Es ist... it's not easy to explain, you know... ich kann halt nicht überall hin, wie andere...." Es war das erste mal, das er ins Englische wechselte. Natürlich war mir vorher aufgefallen, das er mit Akzent sprach und nicht ursprünglich aus Deutschland kam. „Wie darf ich das verstehen?" „Well... kann ich dir das irgendwann vielleicht erzählen?!" „Natürlich... tut mir leid, wollte nicht so neugierig sein, nur..." „Ist schon gut... also grundsätzlich bin ich hier, weil ich eine Autoimunkrankheit habe... nichts bedrohliches, aber ich muss halt lernen, damit umzugehen, was sich nicht immer als sehr einfach gestaltet, gerade wenn wir auf.... egal, unter anderem hab ich ein Problem mit verschiedenen Nahrungsmitteln. Milcheiweis, Gluten, ich vertrag das nicht und... naja wie du gestern festgestellt hast, ist gerade nicht viel an mir dran... ich muss Tabletten nehmen, da mein Körper das Essen nicht zersetzen kann... also wenn ich die Tabletten nicht nehme, würde ich am gedeckten Tisch verhungern... da mein Körper keine Vitamine, keine Nährstoffe, also nix aufnimmt. Dazu der Stress, den ich permanent ausgesetzt bin als... naja ist nicht immer einfach. Meine Family... sie hat mich mehr oder weniger gezwungen eine Auszeit zu nehmen. Im Winter stehen viele Termine an, da werde ich gebraucht, muss fit sein.. und mein Bruder meinte, mit so nem Hungerhaken wie mir, könnten sie nichts anfangen...", lachte er heiser, dennoch merkte man ihm an, das er anscheinend an dieser Aussage ganz schön dran zu knabbern hatte. Hatte er deshalb vielleicht gestern so abgeblockt, obwohl sein Körper ja auf den Kuss genauso reagiert hatte wie ich?! Und es erklärte seine Reaktion, als ich vorschlug gemeinsam zu essen.., Pizza... Gluten... genauso im asiatischen Essen. Kein Wunder, das er beim Salat blieb. Ich kannte die Problematik... meine Cousine hatte von Kindheitstagen an ähnliche Probleme mit Nahrungsmitteln, und hatte im Laufe der Jahre ihre Ernährung umgestellt, was gar nicht so schwierig war, wie man dachte... und da kam ich auf eine Idee. „Du sage mal... hast du heute noch was vor? Also Therapien sind ja heute nicht, aber vielleicht..." „Ich hab Zeit, warum? „Was hältst du davon, wenn wir nachher gemeinsam kochen... wir könnten zusammen einkaufen gehen... vielleicht das kochen, was du essen kannst und gern ist..." „Klingt gut, bis auf den Part gemeinsam..." Irritiert starrte ich ihn an und augenblicklich fing er an loszulachen. „Lilly, relax! Normally Mai... also ich kann nicht kochen... meine Schwester kocht für uns... also das mit gemeinsam könnte ganz schön in die Hose gehen!", grinste er weiter. „Haha, da will ich dir ne Freude machen und du!", konterte ich gespielt ernst, und schubste ihn ein Stück zur Seite, das er eigentlich umfallen sollte, nur hielt er mich fest, und prompt landete ich über ihn. Wie gestern verhakten sich unsere Blicke. Wenn er mich so ansah, war ich sie paralysiert, nicht mehr im Stande einen klaren Gedanken zu fassen... einzig und allein den Wunsch zu pflegen ihm Nahe zu sein und... ganz zaghaft spürte ich seine Lippen an meinen, sein warmer angenehmer Atem strich wie eine leichte Sommerbrise über sie hin weg und brachte mich angenehm zu erschaudern. Sein Atem ging merklich schwerer, er zögerte... Vorsichtig schloss ich die letzte Lücke zwischen uns, wo maximal ein Blatt Papier noch zwischen gepasst hätte und küsste ihn sanft. Zärtlich erwiderte er den Kuss, und diesmal war er es, der in den Kuss hinein seufzte, seine Arme um mich legte und mich näher an sich heranzog.„Hallo, ist jemand zu Hause?", wurde ich aus meinem Tagtraum gerissen. „Ja, im Garten, Moment, das Tor ist offen!", rief ich, ging Richtung Tor und schon schoss etwas schwarzes an mir vorbei, durch den Garten, runter zum Strand und erneut die Person: „Bono, nein, bleib hier!", und unsere Blicke trafen sich.
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Kenmare... wo sich Zukunft mit Vergangenheit verbindet
FanfictionLilian ist Single, glücklicher Single und arbeitet in einer renommierten Spedition als Human Ressource Managerin. Ab und an verirrt sich mal ein Mann in ihr Leben, aber seit 18 Jahren hat sie nie wieder jemanden so nah an sich rangelassen wie ihn...