Die ganze Fahrt über starrte Patrick mich nur an, sagte aber kein einziges Wort. Auch wenn ich zum Fenster raus sah, merkte ich deutlich seinen bohrenden Blick auf mir. Um so erleichterter war ich, als das Taxi endlich in die Einfahrt meines Hauses einbog und stehen blieb, denn ich wollte einfach nur noch in mein Bett, den Kopf ausschalten und den Abend am liebsten aus meinem Gedächtnis streichen.
Ich zückte gerade mein Portemonnaie, als Patrick schon dem Fahrer einen zwanzig Euroschein in die Hand drückte, Ausstieg und sich meine Türe öffnete. Ich stieg aus und wie selbstverständlich zückte Patrick meinen Zweitschlüssel aus seiner Jackentasche, schloss meine Haustüre auf, warf seine Jacke über den Stuhl und setzte sich aufs Sofa.
„Was wird das jetzt?" „We Need to talk!" „Ja aber nicht mehr heute! Du hast es die ganze Zeit nicht für nötig gehalten, mit mir zu reden, da kommt es auf ein paar Tage mehr oder weniger auch nicht an!", stellte ich trocken fest und trank erstmal einen großen Schluck Wasser. Verdammt hatte ich einen Brand von dem ganzen Alkohol. „Ich brauchte Zeit zum Nachdenken!", erwiderte er kaum hörbar. „Schön, und ich will jetzt meinen kleinen Rausch ausschlafen, denn ich muss morgen fit sein! Du findest selber raus oder? Gute Nacht!", antwortete ich kühl und ging dabei schon ein Stück die Treppe rauf. „Lilly... wärst du mit diesem Typen mitgegangen? Also ich meine, wärst du mit ihm heut ins Bett gestiegen?" Erschrocken und schockiert zu gleich blieb ich stehen und drehte mich nochmal zu ihm. „Fragst du mich das jetzt allen Ernstes? Denkst du sowas wirklich von mir?" „No... also ich hoffe nicht..." „Darf ich dich dazu noch dran erinnern, das du dich verpisst hast! Das du nicht reden wolltest! Das du meine Gefühle angezweifelt hast, obwohl ich diejenige war, die um Sicherheit deinerseits bat! Ich hätte natürlich mir eine schöne Nacht machen können, Spaß haben können, natürlich! Aber wenn du mir genau zugehört hättest, dann wüsstest du, das ich sowas nie getan hätte, trotz aller Umstände, trotz der Enttäuschung! Und weißt du auch warum?" „Because of me?" „Ja genau! Wegen dir! Weil ich so bescheuert bin und dich verdammtes Arschloch seit 19 Jahren liebe und du das anscheinend immer noch bezweifelst!" Wütend drehte ich mich um, stapfte die Treppe rauf und ging ins Bad. Jetzt war ich nicht nur wütend, ich war stinkend sauer. Hatte er echt gedacht, das ich mit dem nächst Besten in die Kiste gesprungen wäre?! Ich hätte das besser mal tun sollen, aber nein, ich naives und dummes Huhn hatte ja so scheiss Gefühle für so einen duseligen Halbiren, den ich wohl nie wieder aus meinem Kopf bekommen würde.
Nachdem ich es geschafft hatte, mir noch halbwegs die Zähne zu putzen, mir die Jeans noch auszuziehen, viel ich geschafft ins Bett. Ich wollte nichts anderes als nur noch schlafen, das sah mein Gehirn allerdings vollkommen anders. Es ratterte auf Hochtouren. Zum einen froh darüber, das er nicht völlig untergetaucht war, bis hin zum Absoluten Zorn über die Frechheit einfach so in mein Haus zu kommen, war alles an Gefühlen in mir vertreten, die es so gab. Was bildete sich Patrick überhaupt ein, jetzt plötzlich einfach reden zu wollen, einen Tag vor Weihnachten, einfach aus dem nichts aufzutauchen und... plötzlich wurde meine Decke etwas zur Seite geschoben, meine Matratze senkte sich und ich spürte eine Hand die kaum merklich über meinen Rücken strich. „Patrick... geh..." „Schick mich nicht weg Lilly..." „Doch, das tue ich!", nun schaltete ich mein Nachtlicht an, richtete mich auf und drehte mich zu ihm. Schlafen konnte ich eh nicht, mal wieder nicht... „It's Christmas..." „Es ist mir egal, ob heut Weihnachten, Ostern oder Siebenschläfer ist..." „Because of the proposal?" „Ja, auch...." „Lilly, listen..." „Ich hab gesagt, ich will heut nicht reden." „Aber ich, jetzt hör mir doch bitte endlich zu! Der Antrag... ja das war unpersönlich und meine Reaktion... nein, ich hab nie an deinen Gefühlen gezweifelt... doch kurz... schon... weil du mich nicht willst... als deinen Mann... irgendwie... aber..." „Du gibst nicht auf, was?!" „No... I was hurt, offended by your reaction, to be honest, I was expecting, you would marry me someday...", Tränen bildeten sich in seinen Augen, welche er versuchte wegzublinzeln und sich wegdrehte. „Wo warst du?" „Wie wo war ich?" „Ja... nachdem du abgehauen bist, warst du in Deutschland... und dann? Ich wollte nach meinem Meeting zu dir, mit dir reden... keiner wusste wo du steckst! Weder Mark, noch Pino, noch deine Schwester! Sie hatte allerdings nur eine Vermutung! Also wo warst du?" „Monastery... in Österreich... Tirol... ja ich hab gesehen, das du angerufen und mir geschrieben hast... und noch ein Paar andere... aber ich konnte nicht..." „Weißt du was gereicht hätte? Eine kurze Nachricht wo du bist, ob und wann du wieder kommst!" „I know, but... weißt du wie ich mich gefühlt habe? Du hast mich abgelehnt!", wurde er lauter. „Nein! Das habe ich nicht Patrick, aber du wolltest ja nicht mit mir vernünftig und sachlich reden!" „Factual... about feelings...", lachte er höhnisch. „Ja... sachlich! Patrick... ich wollte nicht mehr heiraten, nachdem das mit uns damals... und dann trittst du aus dem nichts wieder in mein Leben... stellst zu meinen eh schon bestehenden Chaos alles auf den Kopf und... man... wenn ich mich doch schon auf uns einlasse... mir sogar Romantik von dir wünsche, obwohl ich da eigentlich nicht drauf stehe auf dieses Ganze Kitsch gedöns... dann sollte ein Heiratsantrag doch nicht so kühl und zwischen Tür und Angel sein... er sollte besonders sein... weil man sich liebt und verbunden sein will mit dieser Person... deine Aussage war zudem sachlich... mit der offiziellen Sicherheit... Patrick, selbst eine Ehe ist keine Garantie dafür, das es klappt, und auf ewig zusammen ist... die Sicherheit... die kannst nur du mir allein geben, da brauch ich keinen Trauschein für!" „Und wie soll ich das tun?" „Menschenskinder ne... bist du so begriffsstutzig? Abhauen, nicht miteinander zu reden, sich Wochenlang nicht melden... das gibt mir und Rose bestimmt keine Sicherheit..." „I know..." „Und warum tust du das dann? Warum lässt du uns hier alleine? Warum meldest du dich überhaupt nicht?"
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Kenmare... wo sich Zukunft mit Vergangenheit verbindet
FanfictionLilian ist Single, glücklicher Single und arbeitet in einer renommierten Spedition als Human Ressource Managerin. Ab und an verirrt sich mal ein Mann in ihr Leben, aber seit 18 Jahren hat sie nie wieder jemanden so nah an sich rangelassen wie ihn...