19|Kummer

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Koray sah mich genauso peinlich berührt an, hob kurz seine Hand und zwang sich ein Lächeln auf unter den roten Wangen. Ich zwang auch mir ein Lächeln auf und wir gingen verschiedene Richtungen ein.
Er war seit diesem Semester an der Universität, doch bis jetzt hatte ich kein einziges Wort mit ihm gewechselt.

~

Enes schnappte sich eine Frühlingsrolle von mir und ich sah ihn empört an. Er grinste bloß und tunkte sie in die süß-sauer-Soße. Ich lachte und drehte die Nudeln um meine Gabel, was Enes überhaupt nicht akzeptieren konnte.

„Es reicht. Jedes Mal wenn wir hier sind isst du mit der Gabel. Benutz endlich die Stäbchen!", regte er sich spielerisch auf, doch ich hielt meine Gabel fest.

„Niemals!", sprach ich verschwörerisch, dass er eine Augenbraue hob und aufstand. Ich sah meinen Sitzpartner an, doch er stand auf und setzte sich auf die Bank neben mich.
Er nahm die Stäbchen brach sie auseinander und legte sie in meine Hand.

„Das wird jetzt getan!", zwang er mich und legte sie vernünftig um meine Finger,„Probier es." Ich seufzte und versuchte meine Frühlingsrolle mit den Stäbchen vom Teller zu heben, doch sie fiel wieder hin.
Sofort gab ich auf und legte die Stäbchen hin.

„Das wird nichts.", lachte ich und er stimmte mit ein, doch nahm die Stäbchen wieder.

„Seit wann gibst du so schnell auf? Nein nochmal.", zwang er mich und rückte ein Stück näher,„Ich helfe dir." Er legte die Stäbchen wieder in meine Hand und hielt meine Hand mit seiner. Ich sah über die Schulter zu ihm, während er konzentriert auf meinen Teller sah.

Meine Hand ließ ich von ihm führen und er legte seine Finger um meine.
Seine Hand war warm und fest um meine winzige gelegt. Mit einem leichten Lächeln bewegte er unsere Hände und hob sie hoch. Er führte unsere Hände an seinen Mund und aß die Frühlingsrolle.

„Geschafft!", rief er und ich zuckte von meinem Starren hoch, als er zu mir sah und kaute. Ich zog meine Hand zurück und sah auf meinen Teller. Er schluckte und stand auf ohne noch etwas zu sagen.
Ich wühlte mit den Stäbchen in meinen Nudeln rum während er sich wieder gegenüber von mir an den kleinen Tisch setzte.

„Seren?", murrte er und ich sah auf. Enes blickte mich nervös an und ich sah mich im kleinen Restaurant um.
Seit zwei Monaten gehen Enes und ich immer wieder hierher zum Chinesen und essen uns durch die Speisekarte. Es waren nicht viele anwesend, aber genug, dass man von überall Gesprächsfetzen mitbekam.

„Du weißt was ich für dich fühle oder?", fragte er und wir beide wussten die Antwort. Mit gesenktem Kopf auf mein Essen nickte ich.
Mir war klar, dass Enes mehr in uns beiden sah als einfache Freunde. Das Problem war einfach, das ich es nicht tat und auch keinen Abstand halten konnte, weil er mir dennoch wichtig war.

„Und ich weiß was du fühlst.", fügte er hinzu, das ich noch vertiefter auf die gelben Nudeln sah. Das war unangenehm! Unglaublich unangenehm. Ich wollte weglaufen.

„Aber es ist okay.", redete er weiter und überrascht sah ich zu ihm auf. Es war doch nicht okay. Wer würde es okay finden, wenn die Gefühle nicht erwidert wurden? Eine einseitige Liebe war nie okay.

„Enes ich mag dich wirklich sehr. Sehr sehr sogar, aber mehr ist da nicht. Ich weiß auch nicht ob ich wieder so schnell lieben kann, aber-..", wollte ich es erklären, dass ich nun mal keine Gefühle für ihn hatte, doch er brachte mich mit einem Kopfschütteln zum Schweigen.

„Ich mag dich auch sehr sehr Seren. Ich erwarte von dir auch nicht, dass du mich liebst, weil ich es tue. Es reicht mir bei dir zu sein. Auch als Freund. Solange du dich nicht von mir abwendest, weil du denkst ich kann das nicht verkraften, passt mir das.", stellte er klar und ich sah ihn erstaunt an.
Er sagte er liebte mich. Er liebte mich.
Aber erwartete nicht, dass ich das selbe fühlte. Wieso war er so? Das ließ mich nur schlechter fühlen. Ich war so es ein schrecklicher Mensch. Obwohl ich immer wusste was er fühlte ließ ich diese Freundschaft dennoch zu und jetzt gestand er mir indirekt seine Liebe wozu ich nichts sagen konnte.

„Lass uns essen. Sonst schmeißt uns der kleine Kassierer gleich raus, weil wir den Tisch besetzen.", wechselte er das Thema und widmete sich mit einem zufriedenen Lächeln dem Essen zu.
Ich sah ihn betrübt an, doch senkte sich meinen Blick und aß auf.

Nach dem Essen wollte ich selbstständig zu Alina fahren, doch Enes wollte mich nicht gehen lassen, weshalb er mich dann doch fuhr.
Er behandelte mich wie dafür: fürsorglich. Während ich Schuldgefühle hatte, die mich selbst niedermachten.
Er hielt vor ihrem Haus an und sah aus dem Fenster.

„Hm.. Dann viel Spaß euch.", verabschiedete er sich und sah mich dann an,„Und hör endlich auf so ruhig und zurückhaltend zu sein! Das ist meine Bedingung verstanden? Du bleibst wie davor auch." Ich nickte langsam und löste meine nackten Oberschenkel von den Ledersitzen.
Eines der Dinge, die ich am Sommer hasste.

„Wir sehen uns.", verabschiedete ich mich und schnallte mich ab. Er kniff mir in die Wange weshalb ich lächeln musste und ausstieg.
Enes fuhr sofort weg als ich aus dem Auto stieg und wartete nicht bis er sah, dass ich im Haus war. Das tat aber früher immer.. Nein. Niemand tat das.

Ich ging auf das Haus zu und klingelte.
Alina hatte sich seit vorgestern nicht gemeldet und ich brauchte ihren Rat. Sie selbst brauchte bestimmt auch meinen Rat. Schließlich hatte sie Schluss gemacht und noch kein Mal darüber gesprochen.

Die Tür ging auf nach dem dritten Klingeln auf und Alina trat nervös neben der Tür hervor, die sie bloß einen Spalt breit öffnete.
Alina hatte rote Augen und ich konnte wetten, dass sie bis gerade eben noch geweint hatte.

„Gut du lebst. Widmen wir uns erst deinem oder meinem Problem?", fragte ich und stürmte an ihr vorbei ins Haus. Sie schloss die Tür und ich steuerte schon auf die Treppen zu.

„Seren..", murmelte sie, doch ich ging weiter die Treppen hoch in ihr Zimmer. Sobald ich da war warf ich mich auf das Bett und sah abwartend zur Tür bis sie hineinkam.
Alina kam ganz langsam hinein und blieb an der Tür stehen.
Sie wollte nicht, dass ich hier war, aber ich konnte meine beste Freundin doch nicht in so einem Zustand alleine lassen!

„Schatzi.. Seit wann reden wir nicht über unseren Kummer? Wir beide sprechen doch über alles.", redete ich sanft und stützte meine Hände nach hinten, dabei streifte ich gegen etwas hartes.
Sie schluckte und ich sah über meine Schulter. Sofort sprang ich vom Bett und nahm es in die Hand.

„A-Alina?", rief ich hysterisch und sah sie mit großen Augen an,„Bist du schwanger?"

Enes hat es offiziell inoffiziell bestätigt, dass er sie liebt.
Alina ist schwanger? Huihui
Wie findet ihr das?
Nächstes Kapitel wird kritisch für Balina und Seren mittendrin haha

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