104|nur ein Reflex

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Erleichtert atmete ich aus. Aber das hieß nicht, dass er nicht mehr wütend war. Es bedeutete, dass er eine Erklärung verlangte. Die würde ich ihm natürlich geben. Ich würde ihm erzählen weshalb Enes bei mir war und wie es verlaufen war.
Oh man.. Toller Mist, in den ich mich selbst ritt.

~

Meine Eltern waren bei meinem Bruder, weil sie erst heute erfuhren, dass sie Großeltern wurden. Das hieß also, dass ich bis spät Abends alleine wäre. Eigentlich perfekt, denn Kenan würde hierherkommen.
Ich hatte solche Angst und meine Hände zitterten, egal was ich tat.
Meine Angst war eigentlich total überflüssig! Ich hatte schließlich nichts verbotenes getan. Kenan würde mich verstehen und alles wäre gut. Er wäre nicht mehr wütend.
Wieso hatte ich also solche Angst und ging durch das ganze Haus?

Gerade als ich in der Küche ankam klingelte es. Ich sah sofort zur Uhr. Sechzehn Uhr. Kenan war da. Sofort eilte ich zur Haustür und zog sie ohne zu überlegen auf. Er stand auf der Stufe und noch immer dieser kühle Blick in seinen Augen. Ich trat an die Seite und er kam hinein, ging direkt ins Wohnzimmer. Tief atmete ich durch und folgte ihm.

Kenan stand neben der Couch und sah langsam zu mir. Ich deutete ihm hin, dass er sich setzen sollte, doch das tat er nicht.
Stattdessen setzte ich mich und presste meine Lippen aufeinander während er mich schweigend ansah.

„Was habt ihr gemacht?", fing Kenan sofort an mich in ein Verhör zu ziehen. Meine Augen weiteten sich.
Mir war bewusst, dass Kenan nicht wirklich begeistert davon war, dass ich Enes hierher eingeladen hatte, aber.. aber was war das für eine Frage?

„Geredet. Was.. Was denkst du bitte?", fragte ich entsetzt und starrte ihn an. Kenan steckte die Hände in die Hosentaschen und ging einige Schritte vor dem Couchtisch herum.

„Was soll ich denn denken?", fauchte er und blieb aufgebaut auf der anderen Seite stehen,„Während wir uns küssen fängst du plötzlich an von ihm zu sprechen und dann entschuldigst du dich dafür, dass er hier war! Als ob es nicht reicht, sagst du noch, dass er dich eine Hure genannt hat! Weshalb wohl?" Meine Kinnlade fiel mir runter. War das sein Ernst? Kenan dachte ernsthaft ich hätte ihn betrogen?

„Reiß dich mal zusammen!", keifte ich und lehnte mich ein Stück vor,„Ich war betrunken, da habe ich wohl keinen richtigen Satz rausbekommen! Ja er war hier und ja er hat mich auch eine Hure genannt, aber nur, weil ich wieder mit dir bin!" Kenan nickte ungläubig.

„Ich kann einfach nicht glauben, dass du ihn hinter meinem Rücken triffst und es mir nicht einmal sagen wolltest!", wurde er lauter und warf seine Arme in die Luft,„Ich kann diesen Bastard nicht ab und das weißt du! Wie kannst du dich dann heimlich mit dem treffen?" Ich stand nun auf und ging um den Couchtisch herum, um vor ihm stehen zu bleiben.

„Ich wollte es dir sagen! Bevor das Konzert begonnen hatte, habe ich dir doch gesagt, dass ich mit dir über etwas sprechen will. Habe ich es gesagt oder nicht? Ich habe es gesagt! Davor die Tage.. Da wollte ich nicht, weil ich dich nicht vom Lernen abhalten wollte. Du warst so unter Stress und dann hättest du das nicht auch noch gebrauchen können.", rechtfertigte ich mich und er schüttelte empört den Kopf.

„Du hättest den gar nicht erst treffen sollen verdammt!", schrie er mich plötzlich an und ich machte einen Schritt zurück, doch seine Stimme senkte sich wieder,„Während ich denke ich kann nur dir vertrauen und du würdest mir nie schaden wollen kommst du plötzlich mit diesem.. diesem-.."

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