101|wirklich aus Wut?

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Ich konnte es noch nicht einmal fassen, was Baran sagte, als er wieder ging.
Er wollte uns akzeptieren? Ich glaubte, wenn Baran es nicht akzeptiert hätte wäre ich extrem wütend auf Kenan, aber dadurch, dass er heute bei ihm war, kam Baran zu diesen Entschluss.
Alles wurde immer besser.

~

Kenan

Es war wirklich lange her, dass ich trainierte. Was ein Wunder, dass ich jetzt wieder die Zeit dafür fand.
Ich wusste zwar nicht woher, aber so viel hatte sich in mir gestaut, dass ich seit einer halben Stunde ununterbrochen auf den Boxsack schlug und den Blick auf das schwarze Teil fixiert hatte. Hätte ich die Bänder nicht um meine Knöchel wären sie bestimmt schon aufgerissen und voller Blut.

Eine Schweißperle floss über meine Stirn und meine Haare klebten mir in der Stirn. Ich konzentrierte mich auf meinen Atem und schlug beim Ausatmen immer zu.
Die Musik dröhnte durch den Raum und übertönte das Klirren der Ketten, die zusammenkamen, wenn ich zuschlug.
Irgendwann reichte mir das und ich ging zu den Laufbändern. Verschwitzt strich ich mir etwas vom Scheiß aus dem Gesicht.

Die Musik endete und das nächste Lied startete. Ich wollte gerade anfangen zu laufen, da erklang ein lauter Bass und ich blieb abrupt stehen. Was? Das alles nahm an das doppelte zu und ich schüttelte den Kopf.
Seren hatte nicht ernsthaft einfach die Musik dieser scheußlichen Band auf mein Telefon geladen. Diese Frau war wirklich unberechenbar. Als würde es nicht reichen, dass ich diesen Mist übermorgen den ganzen Abend hören musste sollte ich es nun auch während des Trainings tun?
Ne ne.. Ich ging zur anderen Seite des Raumes und wechselte die Musik.

Sobald wieder etwas vernünftiges lief fing ich an zu laufen, doch lange hielt das auch nicht. Aus dem Augenwinkel sah ich meine Mutter die Treppen runterkommen.

„Wieso ist diese Musik so laut?", rief sie über die Musik, doch klang dabei total leise, dass ich es nur halb verstand. Sie steuerte sofort auf die Musikbox zu und schaltete die Musik ab.
Ich hörte auf zu laufen und lehnte mich gegen das Laufband.

„Was willst du?", fragte ich atemlos. Sie verschränkte ihre Arme voreinander und hob eine ihrer perfekt geformten Augenbrauen. Sie färbte sie nicht, bemalte sie nicht und was man sonst alles machen konnte, doch sie waren unglaublich dunkel und gefüllt.
Meine Mutter war noch immer in ihrer Arbeitskleidung, welche eine schwarze enge Bluse und eine schwarze Chinohose bedeutete. Dazu noch ein paar Absatzschuhe und der hätte es gedacht, ebenfalls in schwarz.

„Meine Ruhe. Ich war den ganzen Tag arbeiten und dann komme ich nachhause und dann machst du diese Musik so laut, dass ich es bis nach oben höre.", meckerte sie und ich lachte innerlich und spöttisch.
Mein Atem regelte sich einigermaßen und ich stieg hinab vom Laufband zur Bank, die neben der Tür zum Indoor-Pool stand, um nach dem sauberen Handtuch zu greifen.

„Entschuldigen Sie Frau Aksoy. Es war nicht meine Absicht Sie nach einem anstrengenden Tag zu belästigen.", sagte ich und klang total ironisch, dabei war es mir egal, ob es sie störte oder nicht. Ich tat es nicht absichtlich, dass es sie störte. Ehrlich gesagt wusste ich nicht einmal, dass sie noch zuhause war.
Sie kniff ihre Augen zu und trat ein Schritt näher.

„Sei doch ein wenig mehr wie dein Bruder! Er lernt in Ruhe in seinem Zimmer.", verglich sie mich mit Koray. Ich sah sie nicht an und versuchte zu ignorieren, dass sie mich jetzt schon wütend machte. Mit dem Rücken zu ihr gedreht strich ich mir all den Schweiß vom Körper.

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