ALL I NEED

91|ein kurzer Besuch

„Wir sehen uns.", sprach ich kühl und ging auf Erkan zu,„Bitte komm." Erkan nickte und sah nochmal hinter mich zu Kenan, ehe er mit mir ging.
Dieses Mal durfte ich ihm nicht verfallen. Dieses Mal konnte Kenan nicht mit meinen Gedanken spielen.

~

Kenan

Ich klopfte ein zweites Mal an der Tür. Verdammt die Adresse stimmte doch, wieso machte niemand auf?
Ich biss meine Zähne zusammen und sah auf meine Armbanduhr. Ich hatte wirklich keine Zeit jetzt hier zu warten.

Gerade als ich die Faust hob und erneut gegen die Holztür hämmern wollte wurde sie aufgezogen. Dafina stand vor mir.
Im Handtuch und zwar nur im Handtuch. Ich runzelte die Stirn und sie sah mich verblüfft an.

„Perfektes Timing würde ich sagen.", grinste sie und ich wäre fast entsetzt, aber dann fiel mir ein, aus welcher Familie sie kam.
Dafina sah überhaupt nicht aus wie Enisa. Ich wäre auch gar nicht auf die Idee gekommen, dass die Schwestern waren, wenn Koray es nicht heute vor mir erwähnt hätte.

„Hör auf dich wie eine billige Schlampe aufzuführen du Kind.", sagte ich im klaren Ton und sie sah mich bestürzt an,„Ist deine Schwester da?" Ich wollte in die Wohnung sehen, doch sie zog die Tür weit genug zu, dass nur sie im Spalt stand. Genervt verdrehte ich die Augen.

„Wieso?", fragte sie und musterte mich misstrauisch. Ihr musste ich gar nichts erklären. Zum Glück wurde die Tür weiter geöffnet und Enisa stand da. Sie sah zu mir und ihr Mund öffnete sich ein Stück.

„Kenan?", brachte sie erstaunt heraus,„Was tust du hier?" Dafina sah zwischen ihrer Schwester und mir her.
Ich wusste ehrlich gesagt auch nicht was ich hier tat. Wieso stand ich hier vor Enisas Haustür anstatt Seren zu bitten nicht sauer auf mich zu werden? Das war sie sowieso schon. Verständlich war es aber auch.

„Könnten wir kurz reden?", fragte ich und sie sah Dafina an, die auch kurzerhand wegging. Enisa trat an die Seite und widerwillig trat ich in ihre Wohnung. Neben der Haustür war ein Stapel von leeren Kartons, der wohl bald weggebracht werden musste.

„Worüber denn?", fragte sie und schloss die Tür. Ich sah von den Kartons zu ihr.

„Über Seren. Was anderes gibt es zwischen uns auch nicht zu bereden.", stellte ich klar. Sie biss sich auf die Unterlippe, doch nickte anschließend und ging vor durch einen Türbogen, dass wir in einem kleinen Wohnzimmer standen, welches in Pastellfarben eingerichtet war.

„Möchtest du irgendwas trinken?", fragte sie, doch ich schüttelte den Kopf.

„Nein danke. Ich bleibe auch nicht lange.", meinte ich und sie deutete mir hin mich zu setzen. Das tat ich auch und Enisa setzte sich ein gutes Stück von mir weg.
Ich sah auf das rote Armband und stellte mir gar nicht erst vor wie wütend Seren sein würde, wenn sie wüsste, dass ich hier in Enisas Wohnzimmer saß.

„Von wo kennt ihr euch?", fragte ich direkt hinaus. Enisa saß angespannt auf der anderen Seite und beäugte mich.
Es konnte kein Zufall gewesen sein, dass ausgerechnet Enisa und Seren sich begegneten. Das wäre unrealistisch. Überhaupt das Enisa wieder hier war, war unglaublich.

„Es war Zufall. Wir sind uns an der Bahnstation bei der Uni begegnet.", rechtfertigte sie sich und ich hörte aufmerksam zu,„Ist sie deine Freundin?" Ich nickte, was auch sie tat.

„Wieso bist du wieder hier?", fragte ich sie weiter aus und sah durch das Wohnzimmer. Enisa seufzte und strich sich über den Arm.

„Unsere Eltern wollen nach Albanien ziehen und Dafina und ich wollten nicht mit. Wir wollten wieder zurück hierher.", berichtete sie mir und ich nickte wissend,„Es war wirklich Zufall. Ich wusste nicht, dass sie deine Freundin ist geschweige dass sie dich überhaupt kennt." Mein Blick fiel wieder auf sie. Darauf erwiderte ich nichts, denn ich glaubte ihr nicht dabei, dass es bloß Zufall war.

„Es ist ja nicht so als würdest du hier schöne Erinnerungen haben.", warf ich noch ein und diese Aussage beschämte sie wohl, da sie den Blick senkte,„Hast du eigentlich noch Kontakt zu dem?" Sie schüttelte den Kopf.
Ich sah wieder vor mich. Was tat ich hier? Ich sollte weg von hier. Das war nicht richtig.

„Wieso bist du jetzt hier?", fragte Enisa leise,„Also.. Was soll das bezwecken?" Ich sah wieder zu ihr und Enisa sah mich nun standhaft an. Als würde ich nicht wissen wie unangenehm und peinlich ihr alles war.
Ich verübelte es ihr auch nur zur Hälfte.

„Ich.. wollte dir sagen, dass du dich von Seren fernhalten sollst.", erwähnte ich,„Ich möchte nicht, dass ihr Freundinnen werdet und erst recht nicht, dass du ein Teil ihres Lebens wirst." Enisa öffnete den Mund und schloss ihn wieder ohne ein Wort fallen zu lassen.
Ich wollte nicht, dass Seren mit meiner Vergangenheit konfrontiert wurde. Sie war meinen Gegenwart und Zukunft. Meine Vergangenheit hatte also nichts zwischen uns zu suchen. Ich hatte mit allem abgeschlossen und hatte nicht vor noch irgendwas wieder aufleben zu lassen.

„Wieso sollte ich das tun?", fragte sie entsetzt und schüttelte den Kopf,„Ich werde keine Freundin aufgeben, nur weil du es so willst Kenan." Ich kniff meine Augen zusammen und sie schluckte.

„Du weißt ganz genau, weshalb sie keinen Kontakt zu dir haben soll.", knurrte ich und stand auf,„Das war alles was ich sagen wollte. Komm gar nicht erst in unser Leben." Sie sah zu mir auf und ich ging an ihr vorbei, steuerte auf die Haustür zu.
Ich griff nach der Türklinke und zog die Haustür auf.

„Kenan?", ertönte Enisas Stimme noch hinter mir und ich drehte mich zu ihr um,„Wirst du es Seren sagen?" Ich sah sie verständnislos an.

„Natürlich werde ich das. Ich werde ihr nichts verheimlichen.", antwortete ich und sie senkte nickend den Kopf,„Sie kann dann ja selbst entscheiden was sie tun wird." Enisa widersprach mir nicht. Das konnte sie sich gar nicht.

„Tschüss.", verabschiedete sie mich was ich ihr gleichtat und ging.
Ich würde es Seren wirklich sagen. Ich würde Seren wirklich sagen woher ich Enisa kannte, nur musste ich es selbst erstmal verarbeiten, dass sie wieder hier war und sich mit meinem Mädchen anfreundete.

Kenans und Enisas Vergangenheit.. dudumm
Diese Sache wird schnell abgehakt sein also keine Sorge hehe
Die Familien von ihnen wissen ja auch noch nichts von ihrem Glück (außer Koray) 🌚😎