54|dumme Angewohnheiten

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Denn Seren war eine Schönheit, die ganz allein Kenan gehörte und dieses Wissen machte ihn zum glücklichsten Mann der Welt.
Niemals würde er eine andere Frau so ansehen oder lieben können wie die Frau, die dort über verschiedene Sockenarten sprach während er über ihr lag.
Sie war was besonderes, auf was er sehr gut Acht geben musste.

~

Gegenwart
Seren

Langsam machte ich die Schachtel auf und es verschlug mir die Sprache, als ich zwei Konzertkarten sah.
Sofort sah ich zu Kenan, der das signierte Trikot rausholte und es ansah.

„Wie bist du daran gekommen?", fragten wir beide begeistert und mussten kurz kichern.

„Du zuerst.", ließ er mich und ich lächelte über beide Ohren hinweg. Ich strich behutsam über die Konzerttickets.

„Ich wusste nicht einmal, dass sie ein Konzert haben.", gestand ich leise und sah wieder zu ihm auf. Er lächelte breit. Seine karamellbraunen Augen funkelten, das konnte ich trotz der Dunkelheit im Zimmer genau deuten. Wieso schalteten wir das Licht eigentlich nicht ein? Der Mondschein war das Einzige, was etwas Licht bot.
Es rührte mich wirklich, dass Kenan das nicht vergaß. Es war zwei Jahre her, dass ich diese Band erwähnte und das war auch das letzte Mal. Nie wieder sprach ich darüber, doch er wusste es immer noch.
Sanft lächelte ich über den Gedanken.

„Wie hast du eine Unterschrift bekommen?", fragte er und staunte noch immer. Ich sah erneut zu ihm auf, da ich verträumt auf die Karten sah. Ach keine Sorge es hatte mir nur gebogene Umstände in den letzten zwei Wochen gemacht, wollte ich beinahe sagen, doch dieses sorglose Lächeln war alle Mühe wert. Das hätte ich noch Monate, vielleicht sogar Jahre durchgezogen, wenn es ihm immer ein Lächeln herzauberte. Scheiße!
Ich musste aufhören so zu denken und aufzugeben. Aber wieso? Weshalb sollte ich meine eigenen Gefühle verdrängen? Plötzlich kam mir diese gesamte Situation dämlich vor.

„Ich bin durch halb Deutschland gefahren um ihn ausfindig zu machen.", fasste ich mich wieder und erinnerte mich an die schäbigen Nächte in billigen Motels, doch zum Glück hatte ich einen wunderbaren Lewis, der trotz seiner nicht weggehenden Krankheit mit mir kam, was dazu führte, dass seine Grippe erneut zuschlug. Vielleicht würde er auf Ewig eine Grippe tragen, so hartnäckig wie diese war, konnte Lewis nicht mit einer frühen Genesung rechnen.

„Und als du ihn gesehen hast, hat der einfach unterschrieben?", hakte er nach und ich schüttelte kichernd den Kopf. An einen Profisportler ranzukommen war schwerer als ich dachte.
Wirklich viel schwerer.

„Ich musste einige Male herum heulen, Lügen auftischen, durch Gänge schleichen und Lewis dazu bringen mir eine zu verpassen, damit die Security auf ihn aufmerksam wurde und mich in Ruhe ließ, dass ich zu ihm gelangen konnte. Wieso musste der Kerl auch noch immer in Stadien abhängen?", erzählte ich und verdrehte meine Augen über die Tatsache, dass er ehemaliger Profispieler war, dennoch so oft in Eishallen war wie ein ganz normaler Eishockeyspieler.
Aber er war ein netter Mann. Sehr nett und bodenständig.

„Lewis hat dir eine reingehauen?", fragte er entsetzt und ich schmunzelte, weil er bloß auf das einging, bei allem was ich sagte.
Ich schüttelte belustigt den Kopf und fühlte mich ein Stück erlöster, weil wir so offen sprachen und ruhig und problemlos und vernünftig und lieb und.. einfach gut. Nein besser als gut sogar.

„Nein. Er hat es erst vorgetäuscht, aber einer der Männer war skeptisch, dass er mir auf den Arm schlug. Keine Kinnhaken, Backpfeifen oder sonstiges keine Sorge.", beruhigte ich ihn. Er nickte und sein Blick fiel wieder in die Schachtel. Er runzelte die Stirn und griff wieder hinein. Mein Herz klopfte unglaublich schnell und ich drückte fest um die Schachtel in meiner Hand.
Ich wollte Kenan auch damals schon etwas schenken, was ihm keiner schenken konnte und ich war sehr überzeugt, dass das in seiner Hand niemals für ihn tun könnte.

„Was ist das?", fragte er und drehte den USB-Stick in seiner Hand,„Also ich meine.. Was ist da drauf?" Mein Mundwinkel zuckte ein Stück hoch, doch ich antwortete nicht bis er mich verwirrt ansah. Daraufhin folgte, dass er einen Umschlag ebenfalls in die Hand nahm.

„Das.. sind noch kleine Dinge, die du behalten solltest.", sagte ich und trat von einem Bein auf das andere, als mir mulmig wurde bei dem Gedanken, was es nun war,„Aber schau sie dir nicht jetzt an. Auch nicht morgen oder übermorgen. Irgendwann.. später. Ganz später, wenn du sie durch Zufall wiederfindet, weil sie ganz hinten in deiner Kommode lagen oder so." Ich lächelte kurz und er behielt die gerunzelter Stirn als er darauf sah.
Ich hoffte inständig, dass er es wirklich tun würde. Wenn er es in wenigen Tagen sehen würde.. Wäre es auch ziemlich okay, aber eigentlich brauchte ich noch mehr Zeit als ich wirklich dachte.

„Okay.", flüsterte er schließlich und sah mich wieder an,„Ich werde es mir später irgendwann ansehen." Trotz seinen Worten sah ich noch die Neugier und kaum Geduld. Er sollte es später ansehen.

Er sah mich wieder an und lächelte sanft, was ich erwiderte. Kenan hatte zu große Auswirkungen auf mich, das war schon brutal. Ich konnte es nicht kontrollieren und wenn, dann machte ich es nur schlimmer.
Während ich über meine Gänsehaut, die schwitzenden Hände, das Salto-springende Herz und die schwere Atmung nachdachte merkte ich kaum, dass er mir näher kam.
Viel näher sogar.
Ich zuckte hoch, als seine Hand meine streifte. Sie war so warm. Langsam fuhr er meinen Arm hoch und immer weniger Luft gelang in meine Lungen.

Seine Augen blitzten auf und sahen von seiner Hand zu mir. Mein Mund war ein Stück weit auf, was er wohl als Einladung empfand, denn er näherte sich mir. Ganz langsam und qualvoll. Mein Gehirn war abgestellt und ich sah bloß auf die rosafarbenen Lippen, die er mit der Zunge befeuchtete.
Erneut schnappte ich nach Luft. Nur noch Millimeter entfernten uns voneinander. Der Duft war frisch und so maskulin. Es faszinierte mich, wie sinnlich es doch war.
Selbst seinen Duft hatte ich unglaublich vermisst.

Behutsam legte Kenan seine raue Hand auf meine Wange, was eine Hitzewelle in mir auslöste. Er sah mir wieder in die Augen, die dunkler wurden, Verlangen. Mein Herz setzte aus sowie alles andere. Ich hatte zu viel Angst davor? Nein keine Angst. Aufregung? Ich hatte keine Ahnung was, aber es war furchterregend.
Seine Lippen streiften meine und das war alles was ich brauchte um diesen Kuss mehr zu wollen als sonst etwas.
Ich legte meine zitternden Hände auf seine Brust, die bebte. Auch er war nervös, das wusste ich nun.

Die Tür wurde aufgerissen. Augenblicklich schupste ich Kenan von mir und trat selbst noch zurück um immer mehr Abstand auszumachen.
Zwei grinsende Männer kamen Arm in Arn hinein und hoben eine Whiskeyflasche.

„Kenan wo bleibst du es ist dein-..", rief Koray und sofort stoppte er und sah mich mit großen Augen an. Neben ihm war Serdar, der eine rote Girlande um den Hals hängen hatte.

„Äh Seren?", brachte Koray nun heraus und machte einen ahnungsvollen Blick, den er schlug Serdar auf die Brust, der zurückzuckte,„Los Lauf! Lauf alter wir haben alles ruiniert." Serdar sah uns beide schweigend an und ich schluckte. Mein Gehirn schaltete sich wieder ein und ich strich meine Haare zurück.
Ich hatte versucht Kenan zu küssen? Seine Lippen berührten schon meine! Alarmglocken schrillten in mir auf.

„Lan du-..", knurrte Kenan und ich sah mich um, hob meine Tasche auf, die ich wohl neben das Bett stellte, die Schachtel auf das Bett legte. Dabei wollte ich doch eigentlich gehen.
(Junge)

„I-Ich sollte gehen.", lenkte ich ein und schulterte meine Tasche. Kenan sah mich sofort ab und senkte die Schultern.

„Bleib doch.. noch.", murmelte er, doch ich schüttelte mit einem erzwungenen Lächeln den Kopf.

„Ich sollte wirklich nachhause. Wir.. sehen uns noch.", lehnte ich dennoch ab und steuerte auf die Tür zu, in der die beiden Männer standen. Koray sah mich alarmiert an, schon fast panisch, doch ich zuckte unauffällig mit den Schultern. Er seufzte und deutete Serdar wegzulaufen.
Ich drehte mich wieder zu Kenan um, der mich wehleidig ansah.

„Happy Birthday Kenan.", sprach ich ganz leise und er seufzte. Dennoch eilte ich aus dem Haus und rief mir ein Taxi. Im Taxi sah ich noch einmal hinter mich und setzte mich wieder aufrecht hin.

Das leichte Lächeln auf meinen Lippen bekam ich einfach nicht runter. Amüsiert drückte ich mit meinen Fingern an meine Unterlippe. Eine dumme Angewohnheit.
Vielleicht hätte ich viel zu viele dumme Angewohnheiten.

So hier ist ein Kapitel und ich bin immer noch woanders mit den Gedanken haha
Ein erneuter beinahe-Kuss!!
Aber keine Sorge.. 😉

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