111|ein katastrophales Essen?

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„Du wirst neben mir sitzen. Wir beide werden nebeneinander sitzen, darauf bestehe ich.", forderte er und ich nickte zuversichtlich. Wenigstens etwas. Kenan wäre ein Stück beruhigter und gelassener, das wusste ich. Und ich würde ihm das alles so unbeschwert machen, wie ich nur konnte.

~

Kenan

Ich saß nicht neben Seren.
Verdammte Scheiße!

Ich saß gegenüber von ihrem Vater und ums Eck saß ihre Mutter neben mir. Seren saß einen Stuhl weiter entfernt von mir neben ihrem Vater. Wir beide konnten uns nicht einmal dazu äußern, weil ihre Mutter mich sofort auf diesen Stuhl drückte und ihr Vater sie neben sich zog. In meinem ganzen Leben hatte ich noch nie so viel Angst wie jetzt. Ihr Vater stach in sein Fleisch und sah dabei fest in meine Augen während er es durchschnitt.

Seren hatte die dunklen Augen von ihm und die hellen Haare ihrer Mutter. Auch die weichen Gesichtszüge kamen von ihr. Baran war eine exakte Kopie ihres Vaters, doch Seren eine Mischung der beiden. Ihre leicht gebräunte Haut kam ebenfalls von ihrem Vater während die vollen Lippen von der Mutter stammten. Man erkannte auf jeden Fall, dass die beiden baldigen Mörder ihre Eltern waren.
Ich bezweifelte hier noch lebend rauszukommen und wenn, dann würde ich mich selbst umbringen, denn es würde bestimmt nicht gut laufen.

Allein die Begrüßung war katastrophal. Ich wollte Seren umarmen, als sie die Tür aufmachte und plötzlich landete ich in den Armen ihres Vaters, der mich darauf aufmerksam machte, dass ich nicht sofort die Körpernähe zu ihm suchen sollte. Ihre Mutter grüßte mich nur zur Hälfte und redete sofort davon, dass wir uns setzen sollten.
Ich trug ein weißes Hemd, für den besseren Eindruck und sofort meinte ihr Vater ich wäre eitel und oberflächlich für das Logo der Marke. Daran hatte ich nicht gedacht.
Ihre Mutter fragte ob sie meinen Teller genug gefüllt hatte und ich war total verunsichert von der Frage, vor allem, weil ich sie nur zur Hälfte verstand, während ich mit mir einen inneren Konflikt führte, dieses Hemd sofort zu verbrennen, wenn ich hier raus war. Ich meinte, dass es reichen würde und sie sah mich skeptisch an. Somit hatte ich ihre Kochkünste kritisiert ohne auch nur annähernd diese Worte auszusprechen, denn ihre Eltern plus Seren hatten mehr als ich.
Seren lächelte mich einige Male beruhigend an, was mir teilweise half und mich für wenige Sekunden beruhigte bis ich wieder in die bedrohlichen Augen ihres Vaters sah.

Dieser Abend war eine Katastrophe und wurde immer schlimmer mit jeder Sekunde die verging. Ich schaufelte mir eine kleine Menge an Reis an um sofort ansprechbar zu sein, falls sie mich etwas fragten, was sie erstaunlicherweise noch gar nicht viel getan hatten.

„Hast du Geschwister Kenan?", fragte ihre Mutter. Da hatten wir es. Ich sollte einfach aufhören zu denken. Sofort schluckte ich und nickte.

„Einen jüngeren Bruder, Koray.", antwortete ich und sie nickte,„Aber so jung ist er nicht. Also er ist noch jung. Das sind Seren und ich hier ja auch." Ihre Mutter hob eine Augenbraue und Panik brach in mir aus. „S-Sie natürlich auch Frau Bulut! Sie und ihr Mann sind erstaunlich jung, dafür, dass sie schon zwei erwachsene Kinder haben. Wirklich.. sehr jung." Sie wendete den Blick von mir ab und stach brutal in ihr Salatblatt. Ich zuckte hoch und schluckte. Scheiße.

„Du studierst auch an der Uni oder?", ertönte Herr Buluts Stimme und ich sah sofort zu ihm. Er sah mich prüfend an und ehrlich gesagt wollte ich nicht antworten. Er würde mich hassen egal was ich sagen würde.

„Ich bin jetzt in meinem letzten Semester und wenn die Prüfungen gut ausfallen trete ich mein Erbe an.", antwortete ich ihm sachlich und in seinen Augen funkelte plötzlich etwas. Verdammt nein! Dieser Mann würde mich nun erniedrigen, das spürte ich.

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