94|seine Vergangenheit akzeptieren

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„Lach nicht. Hör auf damit.", knirschte er kaum hörbar und trommelte mit den Händen auf dem Tisch herum,„Seren hör auf. Ich sterbe sonst, aufhören." Das brachte mich nur noch mehr zum Lachen und ich lehnte mich zurück.

~

Es überraschte mich und ließ mich wirklich staunen, als Kenan mir die Autotür aufhielt. Im Restaurant hielt er mir auch noch die Tür auf und schob mir den Stuhl zurück.
Alles fabelhafte Gesten von ihm, die ich zuvor wirklich nie gesehen hatte. Kenan zeigte sich in letzter Zeit wirklich von der besten Seite, mal abgesehen von diesen Zwischenfällen.
Ich dachte diese Trennung hatte wirklich etwas verändert. Sie hatte uns irgendwie näher aneinander gebracht.

„Ich kann nicht glauben, dass wir wie ein normales Paar Essen gehen.", gestand ich und sah über die Karte zu ihm. Er saß gegenüber von mir in einem schwarzen Hemd. Sein dunkler Mantel lehnte über den Stuhl und Kenan war heute im gesamten einfach elegant gekleidet. Das fand ich total schön an ihm und es ließ ihn viel erwachsener und reifer wirken als er sowieso schon war.
Er lächelte und ich fühlte mich als würde ich einen Herzinfarkt kriegen. Dieser Mann konnte so unglaublich schön lächeln! Normalerweise hatte Kenan keine Grübchen, doch gerade wirkte es, als wäre dort eine kleine Grube in seiner rechten Wange.

„Wer hätte gedacht, dass wir mal wie ein normales Paar werden.", grinste er und ich lachte leise. Wie konnte ich diesen Mann nur hassen? War er schon immer so ein liebenswürdiger Mensch? Ich verstand mich selbst nicht.

„Ich nicht.", meinte ich und lächelte,„Na los lass uns jetzt bitte was essen. Ich bin total hungrig und esse gleich diesen Kerzenständer, wenn nichts kommt." Kenan sagte erstmal nichts, doch lachte dann wieder.

„Ich glaube da wars das dann auch mit dem Normal.", lachte er und ich schüttelte grinsend den Kopf. Ich bestellte irgendetwas mit Hähnchen, dessen Name überhaupt nichts mit dem Gericht zutun hatte und Kenan nahm irgendwas mit Meeresfrüchten und Reis.
Ob er schon immer so teures und schickes Essen hatte?

„Hast du überhaupt mal was vom Imbiss gegessen?", platzte es plötzlich aus mir raus und er sah von seinem Glas Wasser auf. Er zog die Augenbrauen zusammen und sah mich amüsiert an. Die ruhige Musik erklang wieder in meinen Ohren. Das Restaurant war wirklich schick und ich mochte es hier mit ihm zu sitzen, aber irgendwie war es.. ungewohnt? gezwungen? Ich wusste auch nicht, aber ich wäre lieber woanders.

„Tatsächlich habe ich mal Pommes aus der Fritteuse gegessen, ja.", antwortete er und ich nickte eifrig und senkte wieder den Blick,„Zwar nicht oft, aber ab und zu haben Emin und Serdar mich mitgeschleppt, wenn wir gerade draußen unterwegs waren." Wenn er schon vom Unterwegs sein sprach konnte ich das Thema Frauen doch sehr gut anschneiden oder?

„Was heißt denn bei euch unterwegs sein?", fragte ich und stützte meinen Kopf an den Fäusten ab. Er atmete tief durch und sah einmal durch das Restaurant, ehe sein Blick wieder zu mir fiel.
Kenan sagte, heute würde er mir alles sagen was ich wissen wollen würde.

„Klubs, kleine Zusammentreffen, Partys, Freunde.", zählte er auf und sah flüchtig weg,„Frauen." Ich nickte gespannt und wartete darauf, dass er weitersprach, doch er tat es nicht und zu seinem Glück kam der Kellner auch schon mit unserem Essen.
Wir fingen an zu essen und wie es schien war das Thema fürs erste abgehakt, doch nachdem ich das halbe Essen verschlungen hatte sammelten sich zu viele Fragen.

„Erzählst du mir bitte von Enisa?", fragte ich direkt heraus ohne Umwege. Er sah von seinem Essen auf und hörte auf daran zu schneiden. Ich tupfte mir den Mund ab um meinen Lippenstift nicht zu verschmieren und sah wieder gespannt zu ihm.
Kenan ließ sein Besteck los und nahm seinen Rotwein zur Hand. Nachdem er davon trank murmelte er:„Es ist nichts allzu wichtiges." Ich antwortete darauf nicht.

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