112|ein wandelndes Nervenbündel

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Während der Autofahrt ließ ich das gesamte Essen Revue passieren und kam zu dem Entschluss, dass ich gar kein Entschluss hatte. Ich hatte wirklich keine Ahnung, ob ihre Eltern mich noch hassten oder mir eine Chance gaben. Würden wir im Laufe der Tage noch merken.

~

„Sei nicht so wählerisch!", ermahnte ich Seren, die einen Schmollmund zog und ihr Laptop zuklappte. Ich seufzte und sah sie kopfschüttelnd an. Wie konnte sie so wählerisch bei der Suche für meine Unterkunft sein? Mir war klar, dass sie irgendwie mit einziehen würde, aber schon direkt so skeptisch an die Sache zu gehen brachte niemanden hier weiter!

„Mach den Laptop wieder auf, Baby.", sagte ich, doch sie schüttelte den Kopf und legte ihre Arme darüber, dass ich es nicht aufziehen konnte. Ich seufzte und sah sie wartend an während sie zornig vor sich sah. Dabei sah sie alles andere als wütend aus. Eher süß. Wie aus Zuckerwatte.
Wie zur Hölle sollte ich sie auch ernst nehmen können mit ihrer Größe, riesigen Augen und einem Schmollmund? Da halfen die zusammengezogenen Augenbrauen auch nichts.

„Komm schon. Oder soll ich einfach irgendetwas greifen, was mir zwischen die Finger gerät?", fragte ich und sie drehte ihren Kopf in meine Richtung. Ich wusste einfach zu gut wie ich mit ihr umzugehen hatte. Diese Tatsache gefiel mir. Sehr sogar.
Ich zog sie noch näher an mich, dass sich ihre Beine über meine legten.

„Aber das tust du doch schon!", meckerte sie und deutete auf ihren Laptop, welcher vor uns lag,„Egal was dort erscheint du sagst das ist doch gut. Du kannst nicht zu einem riesigen Haus sagen es ist toll und dann eine Wohnung mit zwanzig Quadratmetern sehen und sie genauso toll finden." Während sie meine Stimme nachäffte nahm sie einen lächerlichen, tiefen Ton an und ich musste mich ganz schön zusammenreißen um nicht laut zu lachen.

„Aber-.."

„Kein Aber!", ermahnte sie mich und wendete sich ihrem Laptop wieder zu,„Du wirst alleine wohnen und vielleicht auch nur fürs Schlafen dorthin gehen. Eine Wohnung. Du brauchst kein Haus sondern eine schicke Wohnung mit einem Schlafzimmer und einer schnuckeligen Küche." Widerrede wurde nicht geduldet, also nickte ich nur und sie klappte ihren silbernen Laptop wieder auf und wir waren wieder auf der Seite mit Immobilien.

Seren verschärfte die Suche und ich kraulte ihr währenddessen den Rücken. Sie vertippte sich drei Mal bis sie mich aufforderte die Hände bei mir zu behalten, was ich grinsend tat nur um sie wenig später auf ihren Oberschenkel abzulegen und sie seufzend die Hände vom Laptop nahm.

„Das klappt nicht. Du kannst mich nicht anfassen und erwarten, dass ich das richtig ausfülle!", meckerte sie schon wieder und raufte sich gestresst durch die Haare. Ich zog eine Augenbraue hoch und sie schüttelte kurz den Kopf bis sie sich wieder an die Suche machte. „Alles okay? Du bist so.. zickig." Ich sprach das Wort ganz leise aus, denn falls sie weiterhin zickig war, würde es sie nur aufregen, dass ich sie zickig nennen würde.
Seren sah mich aus dem Augenwinkel an, doch wendete ihren Blick schnell wieder auf die Wohnungen, die nacheinander auftauchten.

„Ich bin nicht zickig sondern genervt.", verbesserte sie mich und räusperte sich. Ich tappte noch immer im Dunklen.

„Okay und wieso?", hakte ich weiter nach. Sie schnaubte und streckte sich ein Stück weit vor, als wollte sie in hineinspringen.
Sanft rieb ich über ihre Hüften und sie zuckte zusammen, als hätte ich ihr wehgetan. Mal im Ernst...

„Hör auf mich zu betätscheln! Ich will mich konzentrieren.", ermahnte sie mich erneut und so langsam schien ihr Geduldsfaden zu reißen, was ich nicht wirklich mitbekam. „Betätscheln.." Ich kicherte in mich hinein und sie drehte sich augenblicklich zu mir.

„Alter weißt du was? Such deine scheiß Wohnung doch selbst, dann kannst du deine scheiß Art dort in den scheiß vier Wänden scheiß Leuten zeigen, die sich für diese Scheiße interessieren, die du von dir gibst!", fauchte sie und wurde plötzlich trotzig,„Ich habe keine Lust mehr. Ich gehe laufen und dann in mein Seminar."

Wow.

Sie griff nach ihrer Tasche, die ich ihr sofort wegnahm und hinter mich legte. Gequält sah sie mich an und ich strich ihr besorgt über die Wange. Seren legte ihren Kopf auf meiner Brust ab und schüttelte den Kopf.

„Wenn ich früher meine Tage hatte, hatte ich nie Unterleibschmerzen, nicht mal, wenn ich Sport hatte. Da war es immer eine Ausrede, aber jetzt.. Das tut so weh.", jammerte sie in meinen Pullover hinein, dass ihre Stimme gedämpft herauskam. Ich strich ihr über den Rücken während ich ihre Worte verarbeitete. Es ratterte ein bisschen bis es Klick machte.

„Also hast du deine Tage?", fragte ich und nahm das vage Nicken wahr,„Oh mein armes Mädchen leider unter den Gesetzen der Natur? Kann ich etwas für dich tun?" Das klang ganz schön ironisch, aber ich meinte mein Angebot ernst. Sie seufzte.

„Umarm mich.", schmollte sie und legte schon die Arme um meinen Bauch. Ich biss mir auf die Unterlippe um nicht zu lachen und drückte sie näher an mich. Seren vergrub ihr Gesicht tiefer in meinen Pullover, was mir nichts ausmachte, da sie heute keine Schminke trug. Übrigens wurde ich auch schon dafür niedergemacht, weil ich nicht erkannt hatte, dass sie nicht geschminkt war.
Ich hatte doch gar keine Ahnung von dem Ganzen!

„Denkst du, ich schaffe es noch in fünf Minuten bei Meghan zu sein?", fragte ich mit dem Ziel Seren von mir zu bekommen, wie sehr ich das hier auch fortführen wollen würde.
Ich war bloß in der Universität, weil ich mit Meghan sprechen musste, da ich mich um die gesamte Universität kümmern würde, sobald ich arbeiten würde. Jedes öffentliche Gebäude würde in meinen Fittichen liegen. Ich hatte keine Ahnung wieso meine Eltern mir all das aufhetzten.

Seren löste sich von mir und war nun wieder vollkommen abweisend. Ich sah sie entsetzt an, doch sie packte bloß ihre Tasche zusammen.

„Geh du ruhig zu Rektorin Bach. Ich halte dich nur unnötig auf.", flüsterte sie gekränkt. Ich legte den Kopf schief und konnte nicht fassen, dass sie so schnell von anhänglich zu abweisend wechselte.
Das war mit einer der Gründe wieso ich sie niemals schwängern würde! Wenn Seren während ihrer Periode schon ein wandelndes Nervenbündel war, dann wollte ich gar nicht erst wissen wie das in so einem Zustand werden würde.
Aber dieses Argument nannte ich ihr nicht. Nicht jetzt. Sie würde anfangen zu weinen oder mich einen Kopf kürzer und ein Freundchen weniger machen.

„Wir sehen uns doch noch.", versuchte ich es noch zu retten, doch sie zuckte mit den Schultern und stand auf. Ich saß noch und Seren bückte sich zu mir runter um mir einen warmen Kuss auf die Wange zu drücken. „Tschüss." Ich sah sie wehleidig an und sah zu, wie sie kraftlos zu den Aufzügen trappte.

Es tat mir ganz schön weh sie so zu sehen. Seren hatte Schmerzen und ich konnte ihr nicht helfen. Sie hatte einen vollen Terminplan und falls wir uns heute noch sehen würden, wäre es höchstens Abend.
Ich seufzte und stand selbst auf, da ich wirklich zu Meghan musste.

Eigentlich sollte hier noch ein kurzer Besuch vonstatten sein, aber kommt wohl nächstes Kapitel. Erst, wenn ich das hier hinschreibe merke ich schon wie ich es jedes Mal nicht hinkriege. Das ganze Kapitel über habe ich gar nicht so gedacht! 😂😂
Gute Nachtchen. Ich lese mein Buch jetzt zum dritten Mal nochmal von neu 😂🤪❤️

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