69|so nah, doch weit entfernt

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Ella kam ins Wohnzimmer und als Kona auf mich sprang und ich kreischte war diese Vorstellung auch schon weg. Panik breitete sich aus und die Hündin leckte mein Gesicht ab, was einfach nur widerlich war.
Ich wollte gar nicht wissen wo die Zunge vorher alles war. Ekel machte sich in mir breit und heute Abend würde ich mein Gesicht schrubben. Dreimal.

~

Es war Donnerstag morgen als Enes sich das erste Mal wieder meldete. Ein Anruf, den er eine Minute lang tätigte, doch aufgab als ich nicht dranging und eine Nachricht, dass er mich vermisse und wir reden sollten.
Darauf antwortete ich ebenfalls nicht.

Heute Abend hatten wir geplant Alinas Junggesellenabschied zu feiern. Es wäre nur ein kleiner Kreis und nur unter uns vieren, ohne ihre Cousinen oder sonst irgendwem. Die Männer würden heute ebenfalls feiern gehen und Alina hatte mich nun beauftragt Baran auszuquetschen wo sie denn hingingen.

Während ich darauf wartete, dass die Waschmaschine meine schwarze Hose ausspuckte saß ich auf dem Boden im Flur und starrte zu Barans Zimmertür. Er kam hinaus und gähnte herzhaft und streckte sich dabei, doch blieb in seiner Bewegung stehen als er mich auf dem Boden entdeckte.

„Warte eine Minute.", sagte er und verschwand wieder im Zimmer. Es dauerte nur wenige Sekunden und er kam zurück und legte eine zwei Euro Münze vor mich. Ich sah zu ihm hoch und er biss sich auf die Unterlippe um mich loszuprusten.

„Ha Ha. Sehr witzig.", kommentierte ich diese überflüssige Geste, doch steckte die Münze ein,„Danke dafür." Er legte die Hand auf sein Herz.

„Eine Ehrensache.", meinte er und stemmte anschließend die Hände in die Hüften,„Wieso sitzt du hier wie eine Obdachlose?" Ich sah zu ihm auf und seufzte.

„Ich warte auf meine Hose.", antwortete ich und grinste breit,„Für heute Abend." Er nickte wissend und sah auf seine linke Hand, die noch keinen Ring am Finger trug.

„Wo geht ihr denn hin?", fragte ich ihn und er runzelte die Stirn, doch ein Grinsen umspielte seine Lippen.

„Verrate ich nicht.", leugnete er und lachte herzhaft,„Richte Alina aus, dass ich viel Spaß haben werde." Er steuerte auf die Treppen zu und ich krabbelte auf allen vieren bis zum Geländer um zu ihm zu sehen.

„Stripperinnen?", rief ich und hörte meine Mutter warnend nach mir rufen,„Ach komm schon!" Mein Bruder schüttelte den Kopf lachend und ging weiter.

[...]

„Er wird viel Spaß haben hat er gesagt.", berichtete ich und Alina knirschte mit den Zähnen. Wir waren wirklich zu viert, was mich sogar teilweise wunderte wegen den gestrigen Geschehnissen bei Ella, doch sie verkraftete es besser als ich dachte, denn jetzt stand sie mit uns gemeinsam in einem überaus lauten Klub.

„Ich hasse Junggesellenabschiede.", murmelte Alina und man hörte sie nur schwer über die laute Musik. Lara lachte und griff nach ihrem Drink. Ich schüttelte belustigt den Kopf und sah umher.
Eigentlich sollten wir total durchdrehen und auf den Tischen tanzen, aber wir saßen an der Bar wie an einem ganz normalen Klubbesuch.

„Also ich war zwar noch nie auf einem Junggesellenabschied, aber ich denke, dass der auch nicht so ablaufen sollte wie es das gerade tat.", warf Ella ein und zeigte um uns. Alina trug eine schicke Krone auf dem Kopf und ein Band, als wäre sie bei der Misswahl gewesen, genau wie wir. Bei uns standen »Brautjungfern« und bei ihr »künftige Braut«.
Außer dem hatten wir keine anderen Merkmale, die uns von den anderen Besuchern unterschied.

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