62|eine kaputte Familie

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„Fick dich.", knurrte ich und sprang vom Fundament, erkannte von links die Männer vor den Frauen dorthin rennen. Sofort eilte ich zu Emin, sagte ihm, dass wir gehen müssten und zog ihn hinaus.
Es würde Seren das Herz brechen so einem Heuchler vertraut zu haben.

~

Seren

Es wäre vielleicht nicht meine Aufgabe, aber als ich ihn sah musste ich einfach zu ihm.
Ich konnte es doch nicht ignorieren, dass ich wusste was er getan hatte.
Es war falsch und vielleicht würde es etwas bringen, wenn ich mit ihm darüber reden würde.

„Hey.", begrüßte ich ihn und er nahm seinen Cappuccino in die Hand, drehte sich dabei zu mir um. Ich erschrak und wich zurück als ich Korays Auge sah. Es war zwar grün und schien ein Stück weit verheilt, dennoch war es dick angeschwollen.
Kenan hatte mir schon gesagt, dass er Koray geschlagen hatte, aber das nur einmal und er erwähnte auch nicht, dass es in sein Gesicht war.
Der grüne Fleck wanderte bis zu seinem Wangenknochen. Was hatte Kenan denn für einen festen Schlag, wenn das das Wert von einem einzigen Schlag war?

„Hi.", grüßte er zurück und bemühte sich nicht einmal zu einem Lächeln. Ich fasste mich wieder und sah in sein Auge anstatt darum.

„Wie geht es dir?", fragte ich und er lachte kühl auf.

„Bestens. Sieht man ja.", gab er sarkastisch von sich und seufzte,„So gut es nun mal möglich ist. Bei dir so?" Ich zuckte mit den Schultern.
Es gab Momente, da war ich wirklich unglaublich glücklich, zum Beispiel gestern als wir uns schon Ideen zur Hochzeit machten und ich mit Baran für eine Wohnung suchte, doch es gab schlimme Momente, wenn ich daran dachte wie traurig ich Enes machen würde.

„Wollen wir kurz reden?", fragte ich leise und sah ihn an. Koray war ein ganzes Stück größer als damals, als ich ihm das erste Mal auf dem Flur begegnete. Damals nannte er mich noch ein Fick-Date. Irgendwie brachte mich das zum Grinsen, als ich daran dachte wie er Kenan anflehte mich zu lieben.
Er nickte und schon gingen wir gemeinsam zu den Aufzügen um auf das Dach zu gelangen. So vieles war schon geschehen und so vieles hatte sich geändert. Koray mochte mich, dann wollte er mich nicht an der Seite seines Bruders und momentan waren wir einfach zwei alte Bekannte. Weder Freunde noch Feinde.

Auf dem Dach setzten wir uns auf eine der dunklen Bänke und sahen hinaus auf die Stadt. Es war Mittag und alles war im vollen Gange.
Koray zupfte an der Haut seines Fingernagels und ich legte meine Tasche neben mich auf die Bank.

„Ich weiß wieso du dieses grüne Auge hast.", kam ich sofort auf das Thema zu sprechen, weshalb er überrascht zu mir aufsah,„Also.. Ich habe Kenan erwischt und dachte er würde das tun, aber er hat mir erzählt, dass du es bist. Er ist verzweifelt Koray. Kenan macht sich wirklich Sorgen um dich." Er nickte beeindruckt als würde er nichts davon ernst nehmen.

„Wieso hast du das getan Koray?", fragte ich und er seufzte, sah von mir ab und auf die Stadt. Seine Hände steckte er in die Taschen der Chinohose. Ich sah ihn gespannt an und würde nicht locker lassen ehe er es mir erzählte, doch er zuckte mit den Schultern und ich versucht Augenkontakt aufzustellen.

„Paar Freunde von mir hatten etwas Marihuana mit zu einer Party genommen.", erzählte er mir doch und ein Stein fiel mir von Herzen, weil er sich mir öffnete,„Ich habe nichts genommen, die auch nicht. Sie haben es an ein paar Gäste verkauft und mir eingeredet, dass ich es auch tun sollte, weil man viel Kohle, und ja ich weiß ich brauche dieses Geld nicht, machen würde und es aufregend wäre. Ich habe mir eben nichts dabei gedacht und mir so fünfhundert Gramm gekauft, es dann mit einem Freund gemischt Blabla und an paar Typen weiterverkauft. Es hat mir wirklich viel Geld eingebracht, aber das hat Kenan mir alles weggenommen und keine Ahnung wo das jetzt ist. Bestimmt im Abfluss oder so. Ich wollte einfach mal schauen ob das eben so aufregend ist, mehr nicht." Ich glaubte ihm, dass er es zum Spaß machte, doch wenn ich eine Sache über Koray gelernt hatte, dann war es, dass er ein Nesthäkchen war und unbedingt die Aufmerksamkeit seiner Familie bekommen wollte, die er nicht bekam.

„Kenan liebt dich, das weißt du oder?", sprach ich und legte die Hand auf seinen Arm. Er runzelte die Stirn und schüttelte belustigt den Kopf. Kenan war wirklich ein Vollidiot.
Wieso zeigte er denn nicht, wie er zu den Menschen stand? Was fiel ihn so schwer daran seine Gefühle zu zeigen?

„Koray wirklich.", redete ich ihm ein und sah wehleidig zu ihm, doch er sah mich immer an mir vorbei,„Wieso sollte Kenan sonst das Risiko eingehen und die restlichen Drogen verkaufen, wenn du ihm egal wärst? Oder wieso sollte er dich überhaupt daran hindern einen Drogendealer zu spielen? Du bist sein kleiner Bruder und.. Kenan kann dir vielleicht nicht die Gefühle zeigen, die er für dich empfindet, doch er würde alles für dich zu , das musst wissen." Er sah nun endlich zu mir und ich erkannte das Schimmern von Tränen in seinen Augen.

„Was ist so falsch daran, dass ich eine Familie will?", fragte er mit brüchiger Stimme,„Die sind alle so verkorkst und es kotzt mich einfach an, dass sie mich nie sehen." Ich sah ihn für eine Weile bloß an, doch legte auch meine Arme um ihn und er senkte seinen Kopf auf meine Schulter. Er weinte nicht, er hielt es zurück, doch er zitterte am ganzen Körper.

„Für deine Eltern habe ich keine Entschuldigung, aber bei Kenan weiß ich, dass er dich sehr wohl sieht nur weiß er eben nicht, wie er damit umzugehen hat. Ich bin mir sicher, dass er sein falsches Verhalten einsieht, wenn du mit ihm redest. Ihr seid Brüder und euer Band sollte stärker sein als alles andere. Glaub mir Koray du bist nicht unsichtbar.", versicherte ich ihm und strich über seine Schulter,„Und wenn es nicht klappt, dann hast du mich. Ich werde dich sehen." Er hob seinen Kopf an und sah mich nun wehleidig an, als wäre ich diejenige, die getröstet werden müsste.

„Wir sind kaputt Seren. Als Familie einfach allesamt kaputt. Und du wirst auch daran kaputt gehen, wenn du weiterhin irgendwie in Kontakt zu dieser Familie bleibst.", machte er mir klar und zwang sich ein Lächeln auf,„Du bist zu gut. Hör auf damit, denn die Guten, sind die, die leiden werden." Er stand auf und ich sah zu ihm hoch während er seinen Rucksack schulterte und mir noch zuwinkte ehe er wegging und mich alleine auf dem Dach ließ.
Verwirrt sah ich herum und wurde durch das Vibrieren in meiner Jackentasche unterbrochen. Sofort zog ich es hinaus und las die Nachricht.

»Lust auf den Chinesen? -Enes«

Koray will gesehen werden
Enes meldet sich und was glaubt ihr bedeutet das? Ich wollte es noch in dieses Kapitel schreiben, aber ich muss noch eine Präsentation planen deswegen ciaöö

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