ALL I NEED

31|was wir brauchen

„Nicht.", flüsterte ich und hob meine Hände an,„Seitdem du wieder da bist geht es mir beschissen. Mir ging es auch davor beschissen, keine Frage, aber ich habe keine Lust oder Kraft für diese Spielchen. Jetzt bitte, lass mich gehen." Er sagte nichts und ich ging an ihm vorbei..
zu spät für meine Bahn.

~

Ich starrte mein Toast an und die kühle Luft schlug gegen meine nackten Beine. Bedrückt seufzte ich und fing an, an meinem Toast zu zupfen. Enes neben mir aß seines und sah durch den Park.
Es wurde schon dunkler. Der Himmel war lilafarben und die Familien im Park verschwanden langsam nacheinander.
Bloß wir beide blieben auf der Bank sitzen.

„Wie könnte ich eine andere Frau anfassen? Ich will niemand anderen als dich."

Sofort schüttelte ich den Kopf und atmete tief durch. Seine Worte sollten aufhören in meinem Kopf herumzuschwirren! Ich saß mit Enes hier, den ich zwang hierher zu kommen, aber war selbst in Gedanken bei Kenan. Was war ich nur für eine grauenhafte Freundin.

„Und deswegen werde ich mir Brustimplantate machen lassen.", riss Enes mich aus Gedanken. Perplex sah ich ihn an. Brustimplantate?

„Na endlich ist Frau Bulut wieder zurückgekehrt.", scherzte er weiter und biss von seinem Toast,„Ich habe dir vom Menschenhandel bis hin zu einer Geschlechtsoperation alles erzählt und du bist gedanklich ganz woanders." Ich seufzte und sah wieder auf meinen Toast, von dem ich nichts aß, wie ich erst jetzt merkte.

„Entschuldige.. Ich habe gerade nur.. ach egal.", winkte ich ab und strich über meinen Rock. Er drehte sich mit dem Oberkörper zu mir und ich ließ meinen Kopf zurückfallen.

„..an Kenan gedacht.", beendete er meinen Satz und ich sah ihn entschuldigend an. Er seufzte und lehnte sich vor. Seine Ellbogen stützte er an den Knien ab. Ich lehnte mich ebenfalls vor und versuchte ihm ins Gesicht zu sehen.

„Enes tut mir leid, aber irgendwie.. ich bin so durcheinander. Ich sollte ihn hassen und ihm aus dem Weg gehen, aber ich.. ich kann einfach nicht. Ich bin enttäuscht, verletzt und ja auch wütend, aber ich.. wenn ich ihn sehe..", ich holte tief Luft und sah mit glasigen Augen wieder hoch,„Mein Herz klopft so schnell, all meine Wut verfliegt, natürlich bis er was dämliches sagt, dann ist sie sofort anwesend, aber ich vergesse alles. Wenn er-.."

„Wie kannst du all das ausblenden?", unterbrach er mich und sah über meine Schulter,„Wie kannst du die Momente vergessen, als du dich übergabst, weil du Tagelang nichts gegessen hattest und ich deine Haare zurückhielt? Wie kannst du all die Alpträume vergessen, als du mich mitten in der Nacht angerufen hast, um wieder einzuschlafen oder auch bei Baran gepennt hast deswegen? Wie kannst du überhaupt diesen Moment vergessen, als er dir den Rücken zukehrte und ging? Wie oft muss er dich denn noch verletzen, damit du einsiehst, dass er all dieses Leiden nicht wert ist? Wieso verstehst du das nicht? Wieso liebst du ihn so sehr, wo er dich doch nur mit Füßen tritt?" Mein Mund öffnete sich ein Stück, doch ich sagte nichts.

„Ich will dich nicht verlieren wegen ihm.", stellte er klar und sah mich nun ganz an,„Und das werde ich, wenn du ihn wieder in dein Leben lässt." Ich schüttelte den Kopf und senkte den Blick. Enes legte seine Hand um meine Wange, dass ich wieder zu ihm aufsah.

„Und ich weiß auch nicht ob ich diese Freundschaft weiterführen will, wenn er wieder bei dir ist.", fügte er noch hinzu. Ich sah ihn stumm an. Stellte er mich gerade indirekt vor die Wahl? Entweder Kenan oder er?
Ich legte meine Hand um seinen und führte sie von meiner Wange auf meinen Schoß.