27|Klatsch und Tratsch

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Sie lächelte und legte ihre Hand auf meinen Arm. Ich sah darauf und dann wieder auf ihr geschminktes Gesicht. Sie kam mir ein Stück näher und ich seufzte deprimiert.
Fuck ich wollte bloß zu Seren.

~

Seren

Gedankenverloren schlenderte ich durch den Hof und zog meine Kopfhörer aus den Ohren. Ich konnte vergangene Nacht kaum schlafen, weil ich immer wieder Kenan vor meinen Augen sah.
Wie er mich ansah.
Wie er vor mir stand.
Verdammt ich könnte mich selbst dafür ohrfeigen, weil ich nach einem Gegenüber wieder so rückfällig wurde. Rückfällig.. Als wäre er eine Droge.

Plötzlich hörte ich Sirenen und sah umher. Alle Studenten, auf dem Vorderhof gingen an die Seite und ein Krankenwagen fuhr ein.
Was zur Hölle?
Ich sah verwirrt umher als die beiden Sanitäter ausstiegen und hineingingen. Seelenruhig sogar.

Ich näherte mich dem Gebäude und schon kamen sie wieder zurück, mit Alissa angelehnt an dem Mann, der sie stützte. Schon fing das Getuschel an und Lara kam gemeinsam mit Serdar hinaus.
Sofort ging ich auf sie zu. Lara erkannte mich und kam mir entgegen.

„Hey. Was ist los?", fragte ich und mittlerweile stellte Serdar sich hinter sie. Lara sah mit verzogenem Gesicht von ihr zu mir.

„Sie hat eine Panikattacke bekommen als Kenan vor ihr stand.", erzählte sie und ich erhob eine Augenbraue,„Kein Kommentar Süße." Sie sah wieder zum Krankenwagen und klopfte Serdar auf die Brust, als Zeichen, dass sie zu ihr gehen sollten.
Eine Panikattacke? Ich wusste nicht, ob ich es übertrieben finden sollte oder nicht. Schließlich war sie ja besessen von ihm und es war klar, dass sie eine Art Rückschlag einstecken müsste, wenn er vor ihr blieb.

Ich ging in die Universität hinein, als hätte ich all das nie bemerkt und sah auf mein Telefon. Noch drei Minuten bis zu meiner Vorlesung. Wie zu erwarten waren nun mal Lewis und Ella krank, ich somit alleine.
Verzweifelt sah ich umher. Mit wem sollte ich denn jetzt meine Pausen verbringen?

„Schau mal was er anrichtet.", hörte ich einige Studenten hinter mir flüstern und drehte mich zu ihnen um,„Sie kippt sogar um, wenn sie ihn sieht." Die Frauen kicherten.
Sie bemerkten meinen Blick gar nicht und tuschelten glücklich weiter.

„Der Mann kennt echt keine Grenzen.", sprach die Größere der beiden und sie gingen an mir vorbei. Hatten sie denn wirklich nichts besseres zutun? Sobald Kenan wieder da war drehten sich alle Gespräche bloß um ihn.
Mittlerweile war auch gar nicht mehr zu unterscheiden wer ihn anhimmelte und verabscheute.

„Sieh mal! Da ist er.", ertönte eine andere Stimme von der anderen Seite und ich folgte ihrem Blick. Kenan kam durch den Gang und alle (wirklich alle) Blicke lagen auf ihm. Er schnaubte genervt und schulterte seinen Rucksack.
Auch ich beobachtete ihn stumm. Das Geflüster nahm zu und von jeder Ecke nahm ich Gesprächsfetzen auf.

„Alter habt ihr nichts besseres zutun?", brüllte Kenan plötzlich und jeder stellte sich erschrocken gerade hin. Sie senkten ihre Blicke und er sah grimmig umher.

„Ihr habt wohl vergessen wer ich bin! In letzter Zeit habt ihr alle eine ganz schön große Fresse bekommen.", erniedrigte er jeden von ihnen und sah herablassend auf sie,„Widmet euch eurem eigenen Scheiß anstatt euch mit mir zu beschäftigen! Jetzt haut ab in eure Säle!" Wie auf Kommando fingen alle an herumzuhetzen und wollten schnellstmöglich in ihre jeweiligen Räume.

Ich verschränkte meine Arme vor der Brust.
Das konnte nicht wahr sein. Dieser Mann dort vorne war genau der, den ich so verabscheute. Der Mann, der alle wie seine Puppen behandelte und sich als ihr König sah.
Sein zorniger Blick fiel zu mir und sofort nahm er weiche Züge an.

Er wollte auf mich zukommen, doch es klingelte und schon drehte ich um. Ich musste zu meiner Vorlesung.

Nach der zwei stündigen Vorlesung streckte ich mich und ging ganz langsam umher.
Sollte ich vielleicht Lewis anrufen? Alina arbeitete, die konnte ich nicht anrufen. Lara wäre bestimmt mit Serdar, auf den ich gar keine Lust hatte. Seit wann hatte ich denn keinen Freund mehr an meiner Seite?
Vielleicht war es aber auch besser, wenn ich gerade alleine war. Ruhe, alleine mit meinen Gedanken. Es könnte auch genau das sein, was ich brauche.

Somit setzte ich mich auch auf eine Bank am Fenster und warf mein Bein über. Ich nahm mir einen Apfel, den meine Mutter mir heute aufzwang, und sah aus dem Fenster, auf eine Gruppe Studenten, die auf der Wiese saßen und lernten.
Ich biss in meinen Apfel und plötzlich setzte sich jemand neben mich. Sofort sah ich zu ihm und erkannte Erkan.

„Na?", fing er ein Gespräch an und ich lächelte kurz während ich schnell kaute um es herunterzuschlucken.
Er legte seine Tasche ab und lehnte sich gegen das Fenster. Schwer schluckte ich und streckte ihm meinen Apfel hin, falls er abbeißen wollte, was er auch tat.

„Hast du deine Haare geschnitten?", fragte ich und strich über die vorderen Strähnen. Er nickte und schluckte.

„Am Dienstag schon.", antwortete er und sah verlegen umher,„Äh.. Hast du vielleicht Lara irgendwo gesehen?" Ich hob sofort eine Augenbraue und grinste breit.
Das musste ja was heißen! Er schluckte und kratzte sich am Nacken.

„Nicht so! Man Seren..", meckerte er und ich nickte ungläubig,„Emin hat mir gestern was gegeben, was ich Lara geben muss." Ich nickte immer noch ungläubig und lachte.

„Um deine Frage zu beantworten, Nein ich habe sie nicht gesehen.", fing ich an und er nickte, mit einem Blick, der aussah, als hätte er bereut gefragt zu haben,„Erkan wieso willst du sie nicht? Lara ist doch so ein süßes Mädchen. Bisschen aufgedreht und mit wenig Empathie, aber trotzdem lieb und vor allem: Sie vergöttert dich regelrecht!" Er seufzte und schüttelte den Kopf.

„Ich mag Lara sehr.", erklärte er und zuckte mit den Achseln,„Aber es geht nicht. Denkst du ich habe nicht versucht irgendwie Gefühle zu haben? Sie ist eine wirklich tolle Frau und ich will sie nicht verletzen, aber da sind nun mal keine Gefühle. Erzwingen kann ich diese auch nicht und wenn ich es tue, wäre das nur schlimm. Sie verdient eine aufrichtige Liebe von einem Mann, der alles für sie hergeben würde. Dieser Mann bin nicht ich." Andere Männer würde man als herzlos bezeichnen oder sonst was, wenn er davon sprechen würde, dass er keine Gefühle für die Freundin hätte, aber bei Erkan fühlte ich mich schon verpflichtet ihn in die Arme zu nehmen.

„Wieso kann nicht jeder Mann wie du sein?", schmollte ich und er lächelte kurz, ein strahlend weißes Lächeln.
Ich würde alles dafür hergeben, wenn sie wie er wären.

[...]

Es war schon viel zu dunkel. Wäre ich doch für die letzte Vorlesung einfach nicht gekommen. Dieser Tag war der anstrengendste überhaupt. Um zwei ging ich nachhause, weil ich noch eine letzte Vorlesung um halb fünf hatte.
Diese dauerte ganze drei Stunde und jetzt saß ich mutterseelenallein an der Bahnstation vor der Universität.

Immerhin war es angenehm kühl und ich konnte es mit meiner kurzen Hose und der Strickjacke aushalten. Die Kopfhörer spielten ein langsames Lied ab, welches mich wirklich runterzog.
Wieso hatte ich das noch drauf? Ich wollte nicht runtergezogen werden.

Bedrückt seufzte ich und sah vor mich auf die leere Gleise. Meine Musik spielte ab und in diesem Moment setzte sich jemand neben mich. Ich sah flüchtig nach rechts und zog meinen Atem tief ein, hielt ihn.
Kenan saß neben mir, den Blick nach vorne gestreckt, als wüsste er nicht, dass er sich neben mich setzte.

Alissa kriegt Panikattacken 😅
Kenan wird wieder der König der Menschheit und Seren fängt wieder an Abends die Bahn zu fahren, was wem nochmal nicht gefiel? ☝🏻😴
Eine Zeitreise in die Vergangenheit, in die Anfangszeit haha
Streiten sie, reden sie oder haut Seren einfach ab?

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