75|ein Wunder

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„Alinacim genießt die Zeit alleine. Seren bleibt hier, die muss noch für ihr Studium paar Dinge erledigen.", redete sie mit ihr und fing selbst an sich zu unterhalten. Ich war aus der Nummer raus und sie setzte sich in die Küche um mit ihrer Schwiegertochter zu sprechen.
(Alinachen)

~

Mit gesenktem Blick auf den gepflasterten Boden ging ich umher. Schon vor einer halben Stunde stellte ich das Joggen ein, für eine Verschnaufpause und mittlerweile könnte ich wieder weiterlaufen, doch ich hatte meine Musik abgestellt und trappte den Weg weiter. Ich war bestimmt schon Meilen von Zuhause entfernt, doch meine Gedanken kreisten sich immer und immer wieder nur um mein Studium.

Vielleicht sollte ich es wirklich einfach abbrechen. Kenan wäre somit nicht gezwungen, nach Spanien auszuwandern oder die ständigen Diskussionen mit seiner Mutter zu führen oder die Kraft, die er damit verschwendete sie von der Idee abzubringen. Meine Taten in der Vergangenheit zerstörten meine Zukunft. Verdammter Mist! Scheiße! Es war so frustrierend und ich verfluchte mich dafür, dass ich damals nachgab und den Joint von Lucas annahm. Ihm ging es zwischen den Verbindungsschwestern bestimmt ausgezeichnet.

Seufzend schüttelte ich den Kopf und steckte meine Kopfhörer wieder ein. Meine Playlist reichte wirklich von Klassisch bis hin zu Pop rüber zu angehauchtem Heavy Metall.
Es war erstaunlich wie mir jede Musikrichtung gefallen konnte. Das entdeckte ich mit Enes gemeinsam, als er mir House zeigte und ich es erstmal nicht leiden konnte, doch all die Bars in die er mich schleppte ließen ausschließlich diese Richtung laufen, weshalb ich es akzeptieren konnte und die ein oder andere Musik davon heruntergeladen hatte.

Ich begann wieder zu laufen und blieb im Takt mit meiner Musik.

Enes... Er hatte mich gestern Abend noch einmal angerufen, doch ich ging wieder nicht ran, ließ es jedoch klingeln.
Er wäre ein sehr schlechter Lebensgefährte, das war mir bewusst, aber er war ein toller Freund, das musste ich ihm lassen. Enes war immer so geduldig mit mir und passte sehr auf mich auf. Es gab viele gute Seiten an ihm und nur weil er eine schlechte zum Vorschein brachte konnte ich ihm doch nicht den Rücken zukehren.
Vor allem, da ich nichts für ihn empfand. Konnte ich da wütend werden, obwohl ich ebenfalls einen anderen Mann geküsst hatte und diese Verlobung auflösen wollte? Wenn ich keine Gefühle für ihn hatte? Ich war ratlos und hatte keine Ahnung wie das mit Enes weitergehen sollte.

Mein Telefon piepte auf und ich kam langsam zum Stehen. Die Uhrzeit sprang mir ins Gesicht, welche ich eben kaum wahrnahm. Es war schon neunzehn Uhr. Das Haus hatte ich um siebzehn Uhr dreißig verlassen.
Mir war auch kaum kalt in der dünnen Leggings und den Sportschuhen. Ganz blöd war ich nicht, also trug ich eine dicke Jacke, durch die ich keineswegs schwitzte.
Wer kam auch auf die Idee im Dezember zu Joggen? Ich. Ich kam auf die Idee.
Kopfschüttelnd entsperrte ich mein Telefon und sah mir die Nachricht an, die meinem Herzen einen kleinen Hüpfer verpasste.

»Wie geht's dir? -Kenan«

Ich starrte diese kurze Frage an, als wäre sie ein Roman und überlegte viel zu sehr nach was ich antworten sollte.
Nachdem wir auf der Klippe die Sterne beobachteten schlief ich irgendwann ein und wachte in meinem Bett wieder auf. Ich hatte keine Ahnung wie ich nachhause kam, doch meine Mutter berichtete mir am Morgen, dass Erkan mich brachte.
Erkan wusste also, dass ich mit Kenan unterwegs war.

»Bin ein bisschen aufgewühlt und bei du so? -Seren«

Seine Nachricht kam in Sekundeneile.

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