105|Nehmen wir mal an

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Kenan zog das Tor auf und knallte es hinter sich zu, dass es einrastete und das gesamte Tor wackelte. Es war sowieso nicht das stabilste. Er stieg in sein Auto und bevor er losfuhr sah er mich nochmal an.
Mehr als ein kurzer Blick wurde es nicht, da er losfuhr und ich ganz alleine, mit Socken und einem Shirt, in dem kalten Wetter stand.

~

Erneut wählte ich seine Nummer und wartete bis er abhob. Was er, zum wiederholten Mal, nicht tat.
Ich konnte es einfach nicht fassen!

Ich hatte um diese Uhrzeit besseres zutun als ihn ununterbrochen anzurufen. Schlafen zum Beispiel! Morgen musste ich früh raus und es war schon elf Uhr Abends.
Er machte sich nicht einmal die Mühe eines der Anrufe entgegenzunehmen.
Seitdem er gegangen war tat ich nichts anderes als zu versuchen ihn zu erreichen, aber der liebe Herr sah es nicht ein auch mal abzuheben.

Frustriert warf ich mein Telefon auf meine Decke und raufte mir durch die Haare, die ich dann anschließend zu einem Zopf band.
Was sollte ich noch tun? Ich hatte versucht ihn anzurufen, mehr konnte ich nicht tun.
Jetzt lag es an ihm.

Ich atmete tief durch, aber das ließ meine Wut auf diesen Idioten nicht verblassen. Sofort zog ich mein Kissen hinter mir hervor und presste es gegen mein Gesicht während ich hinein schrie. Trottel!

Wieso hob er meine Anrufe nicht ab? Ich hatte sogar den ersten Schritt getan und jetzt sah er es nicht einmal ein, zu kooperieren. Ich sprach ja schon so als wären wir Geschäftspartner und kein Paar.
Mit ihm Geschäfte machen wäre bestimmt anstrengender. Zum Glück wären wir nicht im gleichen Beruf tätig, sodass ich niemals diese Erfahrung machen müsste.

„Alles gut?", ertönte plötzlich die Stimme meiner Mutter. Ich sah von meinem Kissen auf und sie stand in ihrem Pyjama im Türrahmen mit verschlafenem Ausdruck sah mich an.
Einige kurze Haarsträhnen hingen mir in mein Gesicht, die ich wegpustete.
Sie seufzte und setzte sich an meinem Bettkante. Ich richtete mich vernünftig auf und strich all die Haare zurück, während mein Zopf sich nur immer mehr löste.
Nicht einmal das kriegte ich noch hin.

„Ich brauche deinen Rat.", fing ich an und sie rieb sich müde übers Gesicht.

„Schieß los.", murmelte sie und sah mich wieder an, diesmal nicht so verschlafen. Ich nickte und kaute auf meiner Unterlippe herum.

„Nehmen wir mal an, da gibt es irgendeine Frau.", fing ich an und sah sie wieder mit lässigem Blick an, welches wohl sehr gezwungen aussah,„Und irgendein Mann." Sie nickte skeptisch und sah mich mit Argusaugen an.

„Nehmen wir auch mal an, dass die beiden ein Paar sind und äh.. dann streiten sie.", übersprang ich all die kleinen Details und sie nickte erneut,„Dann gehen die beiden auseinander ohne es geklärt zu haben. Diese gewisse Frau will versuchen dem Mann ihr Verhalten zu erklären, aber dieser Tr-.. gewisse Mann hebt ihre Anrufe nicht ab, dass sie es nicht tun kann."

„Komm zum Punkt. Wie soll ich da jetzt weiterhelfen?", fragte sie und kratzte sich hinterm Ohr. Ich leckte mir über die Lippen, da sie ganz schön trocken waren und strich erneut über meine Haare.

„Was würdest du an der Stelle der Frau machen? Ich frage nur so.", winkte ich ab und sie nickte gewiss,„Nur aus Neugier." Sie seufzte und stützte sich nach rechts ab. 
Nachdenklich sah sie aus dem Fenster.

„Ich würde vor seiner Tür auftauchen, ihm so richtig meine Meinung geigen und dann gehen, damit er mir hinterherrennen warf.", erläuterte sie. Ich nickte interessiert. Das wäre einen Option. Aber da gab es noch diesen Punkt mit seiner Mutter, der ich nicht wirklich über den Weg laufen wollte.

„Und wenn die Frau.. aus irgendwelchen Gründen nicht vor seiner Tür aufkreuzen kann?", fragte ich. Meine Mutter verdrehte die Augen und schnaubte.

„Dann muss die Frau sich wohl verabschieden, wenn der Mann ihre Anrufe ignoriert und sie nicht vor seiner Tür aufkreuzen kann.", meinte meine Mutter und ich schüttelte energisch den Kopf.

„Das geht auch nicht."

„Strapazier meine Nerven nicht."

„Tu ich nicht."

„Tust du."

„Hilf mir."

„Oh Gott Seren..", schnaubte sie und kniff sich in die Nasenwurzel,„Okay dann.. musst du ihm wohl irgendwo anders über den Weg laufen." Ich nickte und zog meine Beine an meinen Körper. Die Universität. Natürlich. Kenan könnte mir nicht aus dem Weg gehen.

„Soll ich ihn dann fertig machen oder ruhig bleiben?", fragte ich und sah sie hochkonzentriert an während sie nachdenklich von mir zum Fenster sah und wieder zurück.

„Bleib erst ruhig, dann kannst du ihn fertig machen, wenn er dich aufregt.", schlug sie vor und ich nickte. Dann würde ich erst ruhig bleiben. Anschließend wütend werden.

„Aber, wenn er mich-.. die gewisse Frau nicht aufregt?", fragte ich und sie zuckte mit den Schultern. Es war doch schon zu spät um so zu tun, als wäre ich nicht diese gewisse Frau.

„Dann ist doch alles gut. Dann brauchst du, ach Schuldige.. die gewisse Frau nicht wütend werden und kann zufrieden mit dem gewissen Mann bleiben.", sagte sie und gähnte,„Alles gut jetzt oder wirst du weiterhin in dein Kissen schreien?" Ich schüttelte den Kopf und tätschelte mein Kopfkissen.

„Alles gut, Dankeschön.", bedankte ich mich für ihre Hilfe und lächelte,„Du darfst gerne wieder gehen, gute Nacht." Sie hob eine Augenbraue und schlug mir spielerisch auf den Kopf, doch stand auf und richtete ihr Oberteil.

„Der gewissen Frau auch.", sagte sie und drehte um, doch blieb neben der Tür wieder stehen und sah mich an,„Ach Seren wer ist denn der gewisse Mann?" Mein Lächeln verblasste augenblicklich und ich spielte mit meiner Bettdecke.
Meine Mutter sah wartend zu mir und ich zuckte mit den Schultern.

„Ein Mann, der die Anrufe seiner Freundin nicht abhebt.", umging ich die Frage nach seinem Namen und setzte das schuldigste Lächeln überhaupt auf. Meine Mutter legte den Kopf schief und ich wusste, dass ich aus dieser Nummer nicht mehr herauskam.
Ich hatte jetzt auch Baran hinter mir. Meine Eltern würden es irgendwann sowieso wieder herausfinden und es wäre doch besser, wenn sie es von mir hören würden, als von anderen.

„K-Kenan.", flüsterte ich. Sie gab keine Regung von sich und ich schluckte, denn keine Regung war ebenfalls etwas.
Sie atmete tief ein und behielt die Luft in sich.

„Ich.. liebe ihn Mama. Ich kann einfach nicht ohne ihn, napim? Wir haben alles geklärt und du würdest Papa doch auch nicht einfach verlassen, weil deine Eltern es so wollen.", sprach ich einfühlsam. Sie ließ die Luft raus und es schien als hätte irgendwas an dem was ich sagte sie getroffen.
(was soll ich tun?)

„Gute Nacht Seren.", ignorierte sie dennoch was ich sagte und verließ mein Zimmer. Ich blieb eine Weile lag sitzen und starrte zur Tür bis meine Augen wieder zum Telefon wanderten. Hoffnungsvoll drückte ich den Knopf und ein leerer Bildschirm begrüßte mich. Nichts.

Ich schnaubte und warf mich zurück und mein Kopfkissen auf mein Gesicht, doch dieses Mal schrie ich nicht hinein.
Kenan war ein Trottel. Der größte Trottel, dem ich je begegnet war.

Jetzt hat Seren es auch ihren Eltern erzählt.. Uhuhhhh
Haben wir Hoffnung in Kenans Zurückweisungen?
Ich habe das Update gemacht, aber mein Wattpad sieht genauso aus wie davor. Ich bin verwirrt hahaha 🧐

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