#35 Rettung in letzter Sekunde

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*Matteos Sicht*


"Luna!"


Gerade noch rechtzeitig renne ich auf die Straße und stoße Luna zur Seite. Wir landen beide auf dem Fußgängerweg zu unserer Rechten. "Luna, geht's dir gut?", frage ich hektisch und besorgt. Luna sagt nichts, sie weint nur. Sie weint und weint, bis ich sie dann hochziehe und in den Arm nehme. "Hey, alles wird gut." Ich streiche ihren Rücken mit meiner Hand auf und ab, das beruhigt sie meistens immer, doch diesmal klappt es nicht. "Entschuldigung, alles in Ordnung bei Ihnen?", ertönt eine Stimme. Ich hebe meinen Kopf und blicke in das Gesicht eines Mannes, vermutlich der Fahrer des Wagens, der Luna gleich umgefahren hätte, wäre ich nicht rechtzeitig gekommen. "Alles in Ordnung, ist nur der Schock.", antworte ich. "Brauch die Senorita einen Arzt?" Ich gucke zu Luna runter. Ihr Gesicht liegt in meiner Halsbeuge, sie zeigt keinerlei Reaktion. "Ich denke, das geht so, danke." Der Fahrer fragt noch einmal, ob es Luna gut geht, und ich versichere ihm, dass ich mich um sie kümmern werde und wenn es nötig ist, mit ihr zum Arzt gehe. Dann geht er und ich streiche Luna über den Kopf. "M-matteo...", schluchzt sie. "Hey, ich bin da." Ich drücke ihr einen Kuss auf die nasse Stirn. "Wir setzen uns jetzt irgendwo hin und du erzählst mir nochmal, was passiert ist, okay?" "I-ich hab sie gesehen...", murmelt sie gegen meine Halsbeuge. "Wen hast du gesehen?" "L-lia... Auf dem Arm einer f-fremden Frau... U-und sie hat nach m-mir gerufen!" Ich schaue mich um. Hier ist weit und breit keine fremde Frau, die unsere Tochter auf dem Arm hat. "Hier ist niemand, Luna." "D-doch, da war sie aber!" "Komm, beruhige dich erstmal." Ich erblicke eine Parkbank in der Nähe und steuere sie an, Lunas Körper bleibt die ganze Zeit dicht an meinem. Als wir sitzen, legt sie ihren warmen Kopf auf meine Schulter, das Fieber scheint wieder anzusteigen. Es überrascht mich gerade selber, dass ich so ruhig bin, während meine Frau sichtlich einen Nervenzusammenbruch hat, weil sie unser Kind verloren hat... Okay, stopp! Luna hat Lia nicht verloren, es ist niemals ihre Schuld gewesen! "M-matteo..." Ich streiche ihr durch die Haare. "Ja?" "W-warum machst du mir keine V-vorwürfe?" "Welche Vorwürfe sollte ich dir denn machen?" "I-ich hab unser Kind v-verloren! I-ich bin so eine grauenvolle M-mutter..." "Du bist keine grauenvolle Mutter. Beruhige dich jetzt erstmal ein wenig und dann suchen wir Lia nochmal, okay?" "E-es wird nichts bringen... Ich habe den P-park schon gefühlt tausend Mal abgesucht... A-außerdem ist diese F-frau mit L-lia weggegangen!" "Luna, da war weit und breit keine Frau." "H-hältst du mich für v-verrückt oder was? D-da war diese F-frau mit i-ihr auf dem Arm! U-und s-sie hat nach m-mir gerufen! D-das bilde ich mir doch n-nicht ein..." Den letzten Teil murmelt sie nur ganz leise. "Okay, ganz ruhig. Dann rufen wir jetzt die Polizei und melden Lia als vermisst, ja?" Luna nickt nur schwach und ich krame mein Handy aus meiner Hosentasche, wähle den Notruf, und als am anderen Ende jemand rangeht, schildere ich der Dame kurz die Situation. Sie verspricht, so schnell wie möglich jemanden zu uns zu schicken.

Zehn Minuten später treffen zwei Polizisten ein. "Senor Balsano?" Ich nicke. "Das bin ich." Wir schütteln uns kurz die Hände. "Und das ist dann ihre Ehefrau?" Der eine Polizist deutet auf Luna, deren Kopf immer noch auf meiner Schulter ruht. "Ja, genau." "Senora Balsano?" Luna guckt kurz auf. "Wir sind von der Polizei, Martínez mein Name, das ist mein Kollege Fernandez. Können Sie uns nochmal kurz schildern, was passiert ist?" Luna nickt zögerlich und ich drücke ihre Hand. Ich habe ehrlich gesagt Angst, dass sie hier jeden Moment umkippt. Es ist zu viel für sie, viel zu viel.

Langsam, und mit vielen Schluchzern und Heulattacken dazwischen, erzählt Luna nochmal alles, was passiert ist, von dem Taschendieb bis zum jetzigen Zeitpunkt. Während der eine Polizist, Senor Martínez, aufmerksam zuhört, schreibt der andere, Senor Fernandez, alles mit. "Und wie sah diese Frau aus, die Sie mit Ihrer Tochter auf dem Arm gesehen haben?", fragt Senor Martínez. "I-ich weiß es nicht... I-ich sehe nur v-verschwommen... I-ich glaube, sie hatte lange, b-braune Haare..." "Also glauben Sie, dass Ihre Tochter entführt wurde?" Luna nickt zögerlich. "Warum sollte sie denn einfach wegrennen? Sie muss entführt worden sein!", sage ich. "Ganz ruhig, Senor Balsano. Hätten Sie denn einen Verdacht, wer diese Frau gewesen sein könnte?" Ich denke angestrengt nach. "Gerade nicht. Es gibt niemanden, der Grund dazu hätte." "Gut, aber bitte denken Sie nochmal in Ruhe nach, vielleicht fällt Ihnen ja noch jemand ein. Sie auch, Senora Balsano." Luna nickt kaum merklich. "Mach ich.", sage ich. "Gut, dann sind wir hier erstmal fertig. Wir schicken jetzt ein paar Streifenwagen, die nach ihrer Tochter hier in den Umgebung und in ganz Buenos Aires suchen werden. Sobald es Neuigkeiten gibt, melden wir uns bei Ihnen." Die Polizisten verabschieden sich von uns. "Und geben Sie Ihrer Frau etwas zur Beruhigung, das brauch sie dringend.", raunt Senor Martínez noch zu. Ich nicke und dann gehen sie auch schon.

Lutteo - Alles perfekt, oder doch nicht?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt