#120 Erster Kitatag

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*zwei Wochen später*

Vor diesem Tag hatte ich immer Angst.

Okay, nicht Angst. Aber wie soll ich es anders beschreiben?

Bammel. Bammel trifft es vielleicht eher.

Übertreibe ich? Nein, jede Mutter wird mich verstehen.

Matteo lacht nur. Aber Väter sind da anders.

Aber immer geht mein Baby ab heute in die Kita!


Ja, Lia hat heute wirklich ihren ersten Kitatag. Also den ersten richtigen, probeweise war sie die letzten Wochen schon mal dort. Aber nur so für eine Stunde und meist war auch Matteo dabei.

Aber heute ist sie von morgens bis nachmittags ganz alleine in der Kita. Gut, ein paar Kinder hat sie jetzt schon kennengelernt und außerdem ist Mika seit ein paar Wochen in der selben Kita.

Aber sie ist alleine, ohne Matteo oder mich.

Und genau das bereitet mir diesen Bammel.

Was ist, wenn sie plötzlich anfängt, zu weinen? Oder Heimweh bekommt? Vielleicht versteht sie sich nicht mit den anderen Kindern? Auch kleine Kinder können bestimmt boshaft sein.

Vielleicht tut sie sich auch beim Spielen weh?

Oh Gott nein, das will ich mir alles gar nicht ausmalen.



Gut gelaunt und völlig begeistert davon, dass sie heute in die Kita geht, steht Lia an der Haustür und wartet auf Matteo und mich, damit wir sie in die Kita bringen. Ihr Rucksack auf den Schultern, ihr Lieblingskleid angezogen. Ihre Locken sind zu einem kleinen Pferdeschwanz gebunden und sie grinst wirklich die ganze Zeit vor sich hin.

Irgendwie ist es wirklich süß, dass sie sich so sehr auf die Kita freut. Von Ámbar weiß ich, dass das bei Mika genauso war. Freuen sich die Kleinen dann genauso auf die Schule in ein paar Jahren?

Nein, daran will ich jetzt nicht denken, bis dahin ist noch viel Zeit! Mir reicht es schon, dass mein kleines Baby heute in die Kita kommt.


"Mamá, Papá, los!", ruft sie dann hibbelig und Matteo schmunzelt, während er sich den Autoschlüssel schnappt.

"Wir kommen ja schon, Mäuschen.", sagt er und Lia sieht ihn abwartend an, er wiederum blickt mich an.

"Kommst du?", fragt er mich und ich nicke, nehme mir meine Handtasche.


Ich war erst richtig erstaunt, als Matteo mich gestern Abend gefragt hat, ob wir Lia heute zusammen in die Kita bringen. Aber unser Streit letztens scheint wohl etwas bewirkt zu haben, Matteo scheint seinen Aufpassermodus echt heruntergefahren zu haben. Und dafür bin ich ihm echt dankbar, denn noch länger hätte ich es nicht ausgehalten, mit einem Mann zu leben, der mehr Aufpasser als Ehemann ist.

Draußen rennt Lia schon zum Auto und wartet darauf, dass Matteo es aufschließt. Langsam kann ich ein Schmunzeln auch nicht mehr zurückhalten, auch wenn ich später bestimmt Tränchen in den Augen haben werde.

Als Matteo das Auto aufgeschlossen hat, setze ich Lia in ihren Kindersitz, denn um selber einzusteigen, ist sie noch ein bisschen zu klein. Sie ist wirklich ganz aufgeregt und zappelt die ganze Zeit herum, so dass ich sie kaum angeschnallt bekomme.

Dann setze ich mich zu Matteo nach vorne auf den Beifahrersitz und er startet den Motor, ehe er dann losfährt in Richtung Kita.


Lias Kita liegt nicht allzu weit weg von unserem Haus, also sind wir nach ein paar Minuten auch schon da. Matteo parkt dort in der Nähe und die letzten Meter laufen wir, Lia jeweils an der Hand von Matteo und mir.

In der Kita angekommen, will die Kleine sich schon sofort von uns losreißen, weil sie Mika erblickt hat. Die Freundschaft der beiden ist einfach zu goldig.

"Halt, Maus! Verabschiedest du dich nicht von Mamá und Papá?", lacht Matteo und Lia dreht sich wieder zu uns um.

"Türlich!", ruft sie lächelnd und springt dann mir in die Arme. "Üss Mamá!"

Ich lächele und spüre, wie mir wirklich bereits ein paar Tränchen in die Augen steigen.

"Tschüss, meine Kleine. Viel Spaß in der Kita. Papá und ich holen dich auch später wieder ab.", sage ich und drücke sie fest. Von selber drückt sie einen Kuss auf meine Wange und jetzt muss ich es wirklich realisieren: Meine Kleine wird nun groß. Gut, sie ist immer noch erst ein Jahr und neun Monate alt, aber immerhin bedeutet das, dass sie in knapp drei Monaten zwei wird. Zwei Jahre! Das ist für eine Mutter wirklich unglaublich viel.

Ich lasse sie dann langsam los und Matteo umarmt sie dann auch. "Sei schön brav, ja?", meint er zu ihr und sie nickt. "Lia immer rav!" Ich schmunzele, Matteo schmunzelt.

"Weiß ich doch, mein Wirbelwind. Also, hab schön viel Spaß. Und wenn dich jemand ärgert... Ärger ihn zurück."

"Matteo! Was bringst du der Kleinen nur bei?", meine ich empört, mein Mann lacht nur.

"Nur ein kleiner Witz. Wenn dich jemand ärgert, kriegt er es mit Papá zu tun, verstanden?" Lia nickt grinsend und drückt einen Kuss auf Matteos Wange, ehe sie dann endgültig zu Mika rennt.

Matteo und ich sehen noch eine Weile zu Lia, wie sie sofort mit Mika und ein paar anderen Kindern spielt, ehe wir uns dann aber langsam auf den Weg machen.


Als wir zum Auto laufen, spüre ich, wie mir die Tränen aus meinen Augenwinkeln nun wirklich über die Wangen laufen. Aber ehe ich sie mir selber wegwischen kann, spüre ich, wie Matteo das macht.

"Hey, warum meinst du jetzt?", will er wissen und lächelt dabei sanft.

"Lia ist schon so groß...", schniefe ich. "Mein Baby geht einfach schon in den Kindertagen... Kannst du das fassen?"

Matteo schmunzelt. "Nimmt dich das wirklich so sehr mit? Luna, sie ist noch nicht mal zwei und noch lange nicht groß."

Ich verdrehe die Augen. Wie vorhergesagt, Väter verstehen sowas nicht. Für ihn ist das gerade absolut nichts großes, aber für mich ist das ein riesiger Schritt in Lias Entwicklung.

"Pff, für mich ist sie schon riesig. Gefühlt gestern noch hatte ich sie in meinem Bauch.", brumme ich und Matteo legt einen Arm um ich, zieht mich näher zu sich heran.

"Okay, du hast Recht, die Zeit vergeht schnell. Aber Lia ist nur für ein paar Stunden täglich jetzt nicht da. Sie war doch sowieso so oft bei Maria und Francisco, ist die Kita jetzt nicht eine gute Sache? So ist sie unter anderen Kindern und wir haben gleichzeitig etwas Zeit für uns.", meint er und ich seufze kurz auf.

"Ich weiß... Aber ehe man sich versieht, geht sie dann schon in die Schule und macht irgendwann ihren Abschluss."

Ich höre ihn neben mir kurz auflachen.

"Das dauert doch noch ewig, mein Schatz. Jetzt beruhige dich mal wieder und wir genießen unsere Zweisamkeit, okay?"

Ich nicke und lehne meinen Kopf an seine Schulter.

Er hat Recht, wie so oft. Ich sollte mal ein bisschen lockerer werden und die Zeit nur mit meinem Snob genießen.



Ich wollte unbedingt noch ein bisschen was zu Lias Entwicklung einbauen, weil sie sonst immer nur mal kurz beiläufig erwähnt wird :) Gefällt es euch? 

Lutteo - Alles perfekt, oder doch nicht?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt