#106 Rückfall?

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*Matteos Sicht*

"Luna!"

Schnell renne ich zu ihr und knie mich neben sie. An der Stirn blutet sie, sie ist volle Kanne mit dem Kopf gegen die Bank geknallt. Diesen lege ich vorsichtig auf meinen Schoss und zwei Finger an ihren Hals. Zum Glück, sie hat noch Puls.

"Matteo!", höre ich jemanden hinter mir rufen, ich glaube, es ist Ana. "Was ist passiert?" Sie kniet sich neben mich. "K-keine Ahnung... S-sie ist ohnmächtig geworden...", stottere ich un habe gerade einen Deja-vu Moment: Damals, als sie im Roller in der Umkleide nach der Siegerehrung ohnmächtig geworden ist... Oh Gott, hat sie doch wieder einen Rückfall? Ging es ihr vielleicht den ganzen Tag schon schlecht und sie hat mir nichts gesagt?

"Ich rufe einen Krankenwagen.", sagt unsere Anwältin und ich nicke, eher geistesabwesend als in meinem Verstand.

In meinen Augen sammeln sich Tränen, ich habe Angst um Luna. Ich dachte, dass es ihr endlich wieder gut geht, dass die Krankheit langsam wirklich vorbei geht... Hat sie sich vielleicht doch mit irgendetwas angesteckt und jetzt reagiert ihr Körper entsprechend darauf? Es ist meine Schuld, ich habe nicht genug darauf aufgepasst, was sie macht, wie es ihr geht... Wenn jetzt wirklich etwas mit ihr passiert, werde ich mir das nie verzeihen...


"Der Krankenwagen ist in ein paar Minuten da.", teilt mir Ana mit. Ich nicke und streiche vorsichtig über ihren Kopf, mir fällt auf, dass die Platzwunde an ihrer Stirn immer noch blutet. Ich ziehe mein Jacket aus und presse es auf ihre Wunde, es saugt das Blut auf, der Fleck juckt mich gerade herzlich wenig.

Bald kommen zwei Notärzte rein und kümmern sich um Luna. Als sie mich nach Vorerkrankungen fragen und ich die Leukämie nenne, habe ich das Gefühl, dass sie sich noch mehr beeilen, Luna an irgendwelche Geräte anzuschließen...

Nach ein paar Minuten, Luna an ein Überwachungsgerät und eine Infusion angeschlossen, Sauerstoffmaske im Gesicht, wird sie auf die Trage gelegt und in den Krankenwagen gebracht. Bevor ich schnell hinterher gehe, gebe ich Ana meinen Autoschüssel und sage ihr, dass sie ihn Benicio geben soll und er nach Hause fahren soll. Sie nickt und danach steige ich mit in den Krankenwagen ein, der dann vom Parkplatz hier in Richtung Krankenhaus fährt.


Dort wird Luna in der Notaufnahme sofort in ein Behandlungszimmer gebracht, ich muss draußen warten. Im Wartebereich verzweifle ich schon fast, weil ich mir solche Sorgen um Luna mache. Als ich dann auch noch sehe, wie Dr. Munoz den Flur entlang geht und in das Zimmer geht, wo sie reingeschoben wurde, liegen meine Nerven komplett blank. Es kann doch nicht sein, dass sie einen Rückfall hat! Wurde bei den Nachuntersuchungen etwas übersehen? Nein, das kann doch nicht sein!

Nach etwa einer halben Stunde kommt Lunas Arzt wieder aus dem Behandlungszimmer und direkt auf mich zu. "Senor Balsano, ich hätte nicht gedacht, Sie nochmal unter solchen Umständen wiederzusehen.", sagt er, als er mir die Hand gibt. "I-ich auch nicht... Was ist jetzt mit ihr?" "Zuerst dachten wir, dass sie einen Rückfall hat, aber das ist es nicht. Jedoch... Sagen Sie, hat Ihre Frau psychische Probleme?" Mir gefriert das Blut in den Adern, als er das fragt. "Bitte? Natürlich nicht!", antworte ich, beinahe schon entsetzt. "Aber... Wir hatten heute eine Gerichtsverhandlung und sie hatte ziemliche Angst davor. Was hat das ganze jetzt aber damit zu tun, dass sie ohnmächtig geworden ist?" "Also, es sieht so aus... Ihre Frau hat eine Überdosis genommen, vermutlich Beruhigungstabletten. Dann kommen die Tabletten, die ich ihr verschrieben habe, noch dazu... Und durch diese Verhandlung war es wohl auch noch eine Art Stressreaktion.", erklärt er mir und ich falle wie aus allen Wolken. "Sie hat eine Überdosis genommen?!" Ich bin absolut schockiert, das habe ich Luna niemals zutrauen können...

"Das ganze hätte auch schlimmer ausgehen können, sie hat es aber ganz gut überstanden. Wir behalten sie für eine Nacht hier und sehen dann weiter. Erstmal kriegt sie jetzt Medikamente, die quasi ihr Blut reinigen. Bei Bewusstsein ist sie auch wieder, also im Endeffekt ist es halb so schlimm. Trotzdem sollten Sie mal mit Ihrer Frau reden, man nimmt ja nicht einfach mal so eine Überdosis." Ich nicke, immer noch völlig schockiert. "Na kommen Sie, ich bringe Sie zu ihr."


Der Arzt bringt mich zu Lunas Zimmer und geht dann wieder, ich klopfe leise an und trete ein.

Luna liegt im Bett und sieht völlig fertig aus, sie ist total blass und hat ein riesiges Pflaster auf ihrer Platzwunde an der Stirn.

"Luna... Was machst du bloß?" Ich hole mir einen Stuhl an ihr Bett und setze mich hin, nehme ihre Hand. "Eine Überdosis, wirklich? Was hast du dir dabei gedacht?" In ihren Augen glitzern Tränen, ein paar fließen bereits ihre Wange herunter, ich wische sie sanft weg.

"D-das wollte ich doch alles gar nicht... I-ich war einfach so unruhig wegen der Verhandlung und dachte, dass ich durch die Beruhigungstabletten ruhiger werden würde... War aber nicht so...", stottert sie und ich streiche vorsichtig über ihr Haar. "Wie viele hast du genommen?", will ich wissen. "D-drei am Morgen, mit meinen eigentlichen Tabletten... U-und drei vor der Verhandlung, als ich auf Toilette war..." Geschockt sehe ich sie an. "Oh Gott... So viele? Mensch Luna..." Immer mehr Tränen laufen ihre Wange herunter, die ich alle wegwische und mich dann neben sie lege. Ich ziehe sie näher an mich heran und drücke einen leichten Kuss auf ihre Wange. "Shh... Jetzt ist alles gut, die Verhandlung ist vorbei und das hier überstehst du auch.", flüstere ich und kraule vorsichtig ihren Kopf. "D-du bist nicht sauer? I-immerhin war das verdammt unverantwortlich von mir...", fragt sie. "Nein, ich bin nur froh, dass es dir gut geht. Ich hatte solche Angst um dich... Aber jetzt wird alles gut und ich werde schon aufpassen, dass du in Zukunft nicht mehr so viele Tabletten auf einmal nimmst." Luna kuschelt sich an mich, wenn nicht etwas zögerlich und unsicher. "Schatz, was hast du? Du musst doch keine Angst davor haben, dich an mich zu kuscheln. Wir sind doch verheiratet." Luna beißt sich auf die Unterlippe. "Kommt es für dich nicht so rüber, dass ich... D-dass ich mich umbringen wollte?" "Nein, oh bei Gottes Willen, sowas würde ich niemals denken! Außerdem weiß ich doch, dass du sowas niemals machen würdest." Luna nickt langsam und ich drücke sie fest an mich.

"Danke Matteo...", murmelt sie. "Wofür?" "Dass du mich verstehst und mir keine Vorwürfe machst, obwohl diese echt berechtigt wären... Jeder andere Mann würde seine Frau jetzt sofort zum Psychologen schicken, aber du nicht..." "Hey, dafür musst du dich nicht bedanken, weil es selbstverständlich ist, ja?" Luna nickt kaum merklich und legt ihren Kopf auf meine Brust. "Ich liebe dich...", murmelt sie. "Ich liebe dich auch, so sehr.", hauche ich.

Auch wenn die Verhandlung jetzt vorbei ist und Luna eigentlich keinen Grund mehr dazu hat, weiter irgendetwas zur Beruhigung zu nehmen, werde ich jetzt noch ein bisschen mehr auf sie aufpassen... Nochmal wird sowas nicht passieren.



Kein Rückfall also, zum Glück... Aber eine Überdosis, war ja auch klar, dass es nicht gut geht, wenn sie so viele Tabletten auf einmal nimmt...

Lutteo - Alles perfekt, oder doch nicht?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt