#84 Anfall

331 14 3
                                    

Später am Abend, als Maria und Francisco auch schon ein paar Stunden da sind, ist es an der Zeit, zu gehen. Luna sah von Minute zu Minute müder und erschöpft aus, die Medikamente scheinen wohl langsam nachzulassen und ihre nächste Dosis kriegt sie erst zum Abendessen.

Also verabschieden wir uns von Luna. Aber Lia veranstaltet ein halbes Theater, weil sie nicht von ihrer Mamá weg will. Sie kann wirklich genauso stur sein, wie sie...

"Nein, Lia bei Mamá!", weint sie, als ich sie von Lunas Schoß hebe. "Mamá!" "Hey Maus, das geht nicht. Aber wir kommen doch bald wieder.", probiere ich, sie zu beruhigen, und drücke ihr einen Kuss aufs Haar. So hat sie sich noch nie aufgeführt...

"Mäuschen, Papá hat Recht. Du kannst nicht bei mir bleiben, aber ihr kommt doch bald wieder. Und jetzt hör bitte auf zu weinen, ja?", sagt Luna und streicht Lia durch ihre Locken. "Nein! Lia bei Mamá!" Ich seufze, Luna seufzt. "Was ist heute bloß mit ihr los...", murmelt sie. "Lia, pass auf, wenn du und Papá zu Hause sind, siehst du mich wieder, okay?" Luna zwinkert mir zu und ich nicke. "Verpochen?", wimmert sie. "Ja, versprochen Maus.", sage ich. "Also dann, sag Mamá Tschüss und bis später." Lia winkt Luna zu. "Üss Mamá!" "Tschüss, Süße. Snob, wir telefonieren, ja?" Ich nicke. "Machen wir, mein Engel. Bis dann." Ich werfe ihr eine Kusshand zu und nachdem auch Maria und Francisco sich von ihr verabschiedet haben, verlassen wir ihr Krankenzimmer und gehen zu unseren Autos.



Nach dem Abendessen mache ich Lia bettfertig und singe ihr noch etwas zum Einschlafen vor, danach hole ich mir eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank und setze mich in den Garten. Ich brauch das jetzt einfach mal kurz zum Abschalten. Natürlich werde ich es nicht wieder so übertreiben, wie damals am Strand, als Lia entführt wurde. Nein, soweit wird es nie wieder kommen. Aber das eine Bier jetzt geht schon mal klar.

Weil wir schon Mitte Frühling haben, ist es von der Temperatur her draußen eigentlich ganz angenehm. Ein kühler Wind weht, aber dadurch, dass ich ein langärmliges Hemd an habe, ist mir nicht kalt.

Ich trinke einen Schluck vom Bier und blicke zu den Sternen. Ich liebe den Anblick des klaren Sternenhimmels. Es strahlt irgendwo etwas aus, was mich beruhigt. Ich blicke einfach zu den Sternen und bin völlig ruhig.

Luna blickt auch gerne zu den Sternen. Ich weiß, dass es ihr hilft, wenn sie nicht einschlafen kann. Ach Luna... Ob sie jetzt schon schläft? Wir haben vorhin noch kurz telefoniert, bevor ich Lia ins Bett gebracht habe. Wie sehr ich sie hier zu Hause vermisse... Aber nur noch ein paar Wochen, dann ist sie wieder zu Hause...


Nach etwa einer halben Stunde gehe ich wieder rein. Die, mittlerweile leere, Bierflasche stelle ich in die Küche, dann gehe ich hoch. Ich dusche, putze Zähne und lege mich dann, nur in einer Jogginghose, ins Bett. Wenn's langsam wärmer wird, ist mir es zu warm, mit einem Oberteil zu schlafen. Manchmal, im Hochsommer, schlafe ich auch nur in Boxern. Aber... Ab und zu kommt es dann dazu, dass Luna und ich nicht schlafen, sondern... Naja, ihr wisst schon...

Also, um sicherzugehen, dass ich genügend Schlaf bekomme, sollte ich wirklich davon absehen, beim Schlafen nur Boxershorts zu tragen...

Ich schalte das Licht aus und packe mein Handy auf meinen Nachttisch, welches ich bis eben noch in der Hand hatte. Wie jede Nacht, die ich ohne Luna verbringe, fühlt sich das Bett so leer an... Viel zu leer. Ich vermisse es, mit ihr zu kuscheln, ich vermisse diese Zweisamkeit. Ich brauche das einfach, es fühlt sich so an, als würde man mir die Luft zum Atmen nehmen, wenn sie nicht bei mir ist...



Mitten in der Nacht weckt mich das Klingeln meines Handys. Wie vor den Kopf geschlagen setze ich mich auf und greife danach. Eine unbekannte Nummer ruft mich an, seltsam. Was will den jemand mitten in der Nacht von mir? Jeder normale Mensch in Buenos Aires schläft gerade. Erst will ich den Anruf ganz ignorieren, bestimmt ist am Ende nur irgendein besoffener Typ dran, der  irgendeine Nummer gewählt hat. Aber etwas in mir sagt mir, dass ich den Anruf besser nicht ignorieren sollte...

Lutteo - Alles perfekt, oder doch nicht?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt