#68 Noch eine Nebenwirkung

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Sofort renne ich aus Lias Zimmer zurück in unser Schlafzimmer, dort ist Luna aber gar nicht mehr. "Luna?", rufe ich laut, bis ich dann ein Schluchzen höre. Es kommt aus dem Badezimmer, mit schnellen Schritten gehe ich also dort hin.

"Was ist los? Warum hast du so geschrien?", frage ich Luna, als ich ins Bad komme. Mein Blick fällt auf den Boden, wo ihre Haarbürste liegt, mit ungewöhnlichen vielen Haaren. Da zähle ich eins und eins zusammen: Noch eine Nebenwirkung der Chemotherapie, Luna fallen die Haare aus.


"Hey Schatz, alles wird gut." Langsam gehe ich auf sie zu und nehme sie in den Arm. Beruhigend streiche ich ihren Rücken auf und ab, sie ist völlig aufgelöst, verständlicherweise. Bei ihrem Schrei habe ich schon gedacht, dass sonst was passiert ist...

"Shh, beruhige dich...", murmele ich leise und will eigentlich über ihr Haar streichen, wie ich es so oft mache, um sie zu beruhigen, aber durch das, was jetzt passiert ist, habe ich Angst, dass ihr dadurch noch mehr Haare ausfallen oder ich sie sogar aus versehen raus reißen könnt...

"I-ich hab mir einfach nur meine H-harre gekämmt... Und d-dann war da dieser ganze H-Haarbüschel an meiner Haarbürste...", schluchzt meine Ehefrau, ihre Stimme zittert. "Du weißt doch, das ist ganz normal, während du zu Chemos gehst, leider... Du wirst sehen, sobald du wieder gesund bist, wachsen alle Haare wieder nach." Luna sagt nichts weiter, sie vergräbt ihr Gesicht nur in meinem Shirt. "Willst du erstmal zurück ins Bett und vielleicht noch etwas schlafen?" Kaum merklich nickt sie, ich spüre das nur ganz leicht an meiner Brust. Zusammen gehen wir ins Schlafzimmer und ich lege mich mit ihr zusammen nochmal ins Bett, ihr Kopf auf meiner Brust liegend. Sanft streiche ich über ihren Arm. "Schlaf ruhig noch etwas, das tut dir gut und beruhigt dich etwas.", meine ich leise. "W-was ist, wenn Lia wach wird?", fragt sie, ebenso leise. "Ich wecke sie gleich und nehme sie mit ins Roller, dann kannst du dich ausruhen." Dankend nickt Luna und schließt ihre Augen. 

Kurze Zeit später höre ich ihr leises, süßes Schnarchen und lächle ein ganz kleines bisschen. Vorsichtig schiebe ich ihren Kopf von meiner Brust und packe ihn auf ihr Kissen. Ich decke sie noch zu und drücke einen ganz leichten Kuss auf ihre Stirn, dann gehe ich aus dem Zimmer wieder zu Lia, um sie zu wecken und dann fertig zu machen.



Eine Stunde später sind meine Tochter und ich im Roller, gerade noch rechtzeitig zum Training. Zum Glück haben Nico und Pedro wieder kein Problem damit, auf sie aufzupassen, also kann ich mehr oder weniger beruhigt auf die Bahn gehen und das vorletzte Training vor dem Finale konzentriert hinter mich bringen. Morgen haben wir am frühen Morgen noch die Generalprobe, um zwölf beginnt das Finale.

Soweit verläuft das Training ganz gut, wir gehen die Choreo zig Male durch, sobald jemandem auch nur ein kleiner Fehler unterläuft, üben wir den Schritt, bis er perfekt sitzt. Jazmín kommt auch gut mit und kann die Choreo so ziemlich einwandfrei, eigentlich sind wir ganz zuversichtlich, was morgen angeht. Doch nervös sind wir auch... und wie. Wir sind nur so wenig davon entfernt, Weltmeister zu werden! Dieser Titel würde uns so viele weitere Türen öffnen, wie Teilnahmen an den größten Skate-Events auf der Welt! Ich glaube, ich verspreche für das ganze Team, wenn ich sage, dass am River Live Festival unser Traum ist. Es ist das größte Skate-Festival überhaupt! In fast allen Ländern der Welt wird das Festival im Fernsehen übertragen! Aber... ich sollte jetzt nicht von diesem Traum schwärmen. Denn bis das überhaupt nur ansatzweise möglich wäre, gibt es noch viele Hindernisse zu bewältigen...



Nach dem Training gehe ich zu meiner kleinen Tochter in die Cafeteria. Dort bietet sich mich gleich ein total süßes Bild: Lia sitzt auf Pedros Schoß, am Schlagzeug. Mit Pedros Trommelstäben schlägt sie auf das Schlagzeug. Schmunzelnd mache ich ein Video davon und schicke es Luna. "Hey, Balsano, deine Kleine hat musikalisches Talent!", ruft Pedro mir zu und ich gehe zu den beiden auf die Bühne. "Tja, sie kommt halt nach ihrem Vater.", lache ich. "Aber ihr müsst euren Schlagzeugunterricht wohl auf einen anderen Tag verschieben. Ich will jetzt mit ihr nach Hause, Luna hat sich den ganzen Tag nicht gemeldet." Tatsächlich habe ich die ganzen sechs Stunden, die ich Training hatte, keine einzige Nachricht von ihr bekommen. Und natürlich, man kennt es nicht anders von mir, ich mache mir Sorgen. Große Sorgen.

Nachdem ich mich noch fürs Aufpassen bei Pedro bedankt habe, schnappe ich mir meine Tochter und mache mich mit ihr auf den Heimweg. Schnell sind wir zuhause und ich schließe die Haustür auf.

"Hallo, Schatz? Wir sind zuhause!", rufe ich ins Haus und Luna kommt aus dem Wohnzimmer zu uns. Sie trägt ihren Morgenmantel und sieht völlig verheult aus. "Hey.", sagt sie leise. "Wie war das Training?" "Soweit ganz gut. Warum hast du dich nicht gemeldet? Ich hab mir Sorgen gemacht!" Luna nimmt Lia auf den Arm und streicht durch ihre Löckchen. "Erstens wollte ich dich nicht beim Training stören, zweitens habe ich bis vor etwa zwei Stunden noch geschlafen. Und als ich wieder wach war... Da lagen noch ein paar Haare auf meinem Kopfkissen... Ich brauchte erstmal eine ganze Weile, um mich wieder zu beruhigen, aber nach einer Beruhigungstablette war das dann getan...", erklärt sie und ich nehme sie in den Arm. "Alles wird gut, okay? Alles wird gut..." Ich drücke einen Kuss auf ihre Schläfe.

Ich hoffe so sehr, dass bald endlich wieder alles normal wird...



Iwie bin ich überhaupt nicht zufrieden mit diesem Kapitel :/

Aber, das war endlich das letzte Lückenfühler-Kapitel! Ab Dienstag wird's spannend! Und wenn ich von spannend rede, meine ich natürlich... DRAMA.

Seid ihr ready für eine schöne Ladung Drama in den kommenden Kapiteln? xD


Lutteo - Alles perfekt, oder doch nicht?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt